Kärnlund zeigte mit der flachen Hand auf den Kollegen und redete weiter, ehe jemand seine Bekanntschaft mit Enquist aus Hallstahammar bestätigen konnte.
»Enquist, erzähl, was bis jetzt bekannt ist.«
»Das ist noch nicht viel«, sagte Enquist und rollte einen Stift zwischen den Handflächen. »Das Gebäude ist total zerstört, und die Leute von der Brandtechnik sind sicher, dass es sich um Brandstiftung handelt. Ein Fenster ist an der Stelle eingeschlagen, wo das Feuer ausgebrochen zu sein scheint. Im Haus wurde eine tote Person gefunden. Stark verbrannt. Glaubt mir, das war kein schöner Anblick.«
»Also Brandstiftung und ein Toter«, sagte Kärnlund. »Und kein Tatverdächtiger, oder, Enquist? Normalerweise wäre dies natürlich ein Fall für das Dezernat in Hallsta, aber es ist kein normaler Fall. Er ist zu groß, und Larsson ist der Meinung, wir sollten eine Spezialgruppe zusammenstellen. Für den Anfang müssen wir die Kerntruppe bilden, obwohl wir genug mit unserem eigenen Kram zu tun haben.«
Larsson, das war Kriminaldirektor Per-Göran Larsson, zugleich Chef der Kriminalabteilung des Verwaltungsbezirks. Nach unzähligen Umorganisationen des Polizeiwesens hatte man sich für ein Modell entschieden, in dem er als Abteilungschef übergreifend die Verantwortung für drei Dezernate des Bezirks hatte: Rauschgift, Wirtschaftsvergehen und Fahndung, und für fünf Kriminaldezernate: Köping, Sala, Fagersta, Hallstahammar und Västerås.
Verbrechen in Surahammar wurden normalerweise vom Dezernat der Nachbarkommune Hallstahammar ermittelt. Handelte es sich jedoch um komplizierte und umfangreiche Ermittlungen, konnte man Spezialgruppen mit Leuten aus mehreren Dezernaten bilden. In der Praxis bedeutete es fast immer, dass das Dezernat in Västerås und sein Chef Oskar Kärnlund die Verantwortung übernahmen.
»Wissen wir etwas über den Toten?«, fragte Kärnlund.
»Nein, nichts«, antwortete Enquist. »Wenn es kein Obdachloser ist, der in dem Haus übernachtet hat, müsste sich eigentlich bald ein Angehöriger melden. Weil von dem Armen nicht viel übrig geblieben ist, wird die Identifizierung Zeit brauchen. Wir wissen ja nicht, mit welchen Zähnen wir vergleichen sollen.«
»Könnte es der Tote gewesen sein, der die Scheibe eingeschlagen und das Haus angesteckt hat, zum Beispiel im Rausch?«, fragte Elina Wiik, die ganz hinten im Zimmer saß. »Wie hoch über dem Boden befand sich das Fenster, und gab es etwas, was darauf hindeutete, dass jemand hineingeklettert ist?«, konkretisierte sie ihre Frage.
Alle wandten sich Enquist zu.
»Ich hab keine Zeit gehabt, mir die Außenwand anzuschauen«, sagte er. »Aber das Fenster lag ziemlich hoch.«
»Wie sieht es mit Zeugen aus?«, fragte Kärnlund.
»Bis jetzt keine«, sagte Enquist. »Aber es muss mindestens einen geben. Der, der die Feuerwehr benachrichtigt hat. Die vom Notruf haben uns die Kopie des Gesprächs gemailt. Ich hab sie hier auf dem Overhead.«
Er stand auf und ging zum Projektor, schaltete ihn an, legte das Bild ein und stellte die Schärfe nach.
Das Telefongespräch war kurz gewesen.
03.36.10: Hallo, ich wollte nur sagen, dass es im Bürgerhaus ziemlich schlimm brennt.
03.36.15: Aha. Um welches Bürgerhaus geht es? Wo?
03.36.21: In Surahammar.
03.36.23: Es brennt also im Bürgerhaus in Surahammar. Hab ich das richtig verstanden?
03.36.29: Ja. Auf der Rückseite qualmt es gewaltig.
03.36.34: Warten Sie am Telefon, bitte.
Enquist zeigte mit dem Stift auf das Wort »bitte«.
»Hier unterbricht die Rettungsassistentin das Gespräch, um die Rettungsdienste zu alarmieren«, sagte er.
03.38.11: Da bin ich wieder. Können Sie mir bitte Ihren Namen nennen und sagen, von wo Sie anrufen? Hallo? Hallo!
03.38.32: (Das Telefongespräch wird abgebrochen.)
»Nach Angaben der Notrufzentrale hat die Person von einer Telefonzelle in der Fußgängerzone in Surahammar angerufen«, sagte Enquist. »Das Bürgerhaus liegt in der Fußgängerzone; wir können also feststellen, dass er vor Ort war. Dann könnte er natürlich mehr gesehen haben, als er gesagt hat. Ich habe mit der Dienst habenden Rettungsassistentin gesprochen.«
Er blätterte in seinen Notizen.
»Sie heißt Siv Skarp. Sie sagt, es muss eine Männerstimme gewesen sein, obwohl sie nicht ganz sicher ist, nachdem sie das Band noch einmal abgehört hat. Sie weiß nicht, warum das Gespräch abgebrochen wurde.«
»Das müssen wir alles herausbekommen«, sagte Kärnlund und wandte sich an Egon Jönsson, der links von ihm saß.
»Jönsson, du leitest die Gruppe. Enquist soll dazugehören, ich hab mit Hallstahammar gesprochen. Und du, Niklasson, bist auch dabei. Ihr drei bildet bis auf weiteres die Spezialgruppe. Anfangs wird Wiik euch helfen, sie nimmt die Hinweise entgegen und kann im Revier Surahammar sitzen, solange es nötig ist.«
Er sah Elina Wiik an. Dann glitt sein Blick weiter zu den anderen.
»Wer keine akuten Aufgaben hat, meldet sich bei Jönsson, um bei einer Türklopfaktion nach Zeugen suchen zu helfen. Dieser Fall hat im Augenblick Priorität.«
Eine Weile war es still im Raum. Egon Jönsson lehnte sich mit zufriedener Miene zurück. Jan Niklasson, der einige Jahre älter war als Elina und schon ein wenig länger zum Dezernat gehörte, saß mit aufgestützten Ellenbogen am Tisch, das Kinn auf die gefalteten Hände gestützt.
Elina war enttäuscht, dass sie nicht zur Gruppe gehören sollte. Nur die Hinweise aufzunehmen bedeutete, dass die anderen die interessantere Arbeit hatten. Die Analyse des Materials. Genau das, was sie tun wollte.
»Wenn ich es richtig verstanden habe, stand das Gebäude schon in Flammen, als die Feuerwehr kam?«, fragte Niklasson, als ob er etwas sagen müsste, um seinen auserwählten Platz in der Gruppe zu rechtfertigen. »Das scheint mir darauf hinzudeuten, dass an mehreren Stellen Feuer gelegt wurde. Es ist ja ein großes Gebäude. Wie sonst konnte sich das Feuer so rasch ausbreiten?«
»Wir wissen ja nicht, wie lange es schon gebrannt hat, bevor der Alarm einging«, sagte Enquist. »Aber ich erinnere mich an eine Fernsehsendung nach dem Diskothekenbrand in Göteborg vor einigen Jahren. Man hat ein ähnliches Unglück in Irland rekonstruiert. Es ging unheimlich schnell, nachdem das Feuer erst einmal ausgebrochen war. Hatte etwas mit dem Erhitzungseffekt unter der Decke zu tun.«
Kärnlund stemmte die Handflächen auf den Tisch zum Zeichen, dass er sich erheben wollte.
»Wenn niemand mehr Fragen hat, wollen wir mal anfangen. Im Augenblick sind die Identifikation des Toten und Zeugenaussagen am wichtigsten. Eure Rapporte erwarte ich spätestens um drei, ich werde mich persönlich drum kümmern. Alle Medien wollten bereits Auskunft haben. Verweist die Leute an mich, falls ihr draußen angesprochen werdet. Wir müssen die Kontrolle darüber behalten, welche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.«
Drei der anderen Kriminalbeamten meldeten sich für die Befragungsaktion. Die Gruppe, sechs Männer und eine Frau, versammelte sich in der Garage des Präsidiums. Sie verteilten sich auf vier Polizeiwagen. Zehn Minuten vor neun bogen sie auf den Parkplatz südlich von der Fußgängerzone ein, weniger als hundert Meter vom Bürgerhaus entfernt. Eine große Menschenansammlung stand vor der Absperrung und betrachtete die Verwüstung. Elina Wiik sah einen alten Mann weinen.
»Es ist beschämend, beschämend«, hörte sie ihn vor sich hin murmeln, als sie an ihm vorbeiging.
Sie hoben die Absperrbänder und betraten die Fußgängerzone. Ein uniformierter Polizist kam heran und salutierte kurz.
»Jönsson, Kriminalpolizei«, sagte Egon Jönsson, als ob das Vertrauen, eine Spezialgruppe leiten zu dürfen, schon