13.
Licinius, dem Galerius als seinem Waffenbruder den Namen eines Augustus übertragen und die Verwaltung der illyrischen Provinzen zugetheilt hatte, war zu roh und jenem zu blind ergeben, als daß das Blut der Heiligen nicht auch in seinen Landen floß. Doch findet sich nicht die geringste Spur, daß Licinius Verordnungen wider die Gläubigen erlassen oder sonst die Verfolgung stark betrieben habe. Da es selbst unter Maximin, der so entschieden sich für einen Feind der Christen erklärte, stets neuer Edikte bedurfte, um des Sturmes Ende zu hindern, so ist nicht wahrscheinlich, daß in den illyrischen Provinzen die Verfolgung heftig getobt habe. Unterdessen setzte auch Galerius sein Wüthen fort, bis ihn des ewigen Rächers Hand traf. Er ward im Jahre 310 an den geheimsten Theilen des Leibes von einer höchst seltenen, furchtbaren Krankheit befallen; Würmer wuchsen in seinen Eingeweiden. Vergebens trieb man die berühmtesten Aerzte aus allen Gegenden seines Reiches zusammen; vergebens befragte man Aeskulap und Apollo. Das von letzterem angeordnete Oelbad kostete dem Kranken beinahe das Leben. So hatte der unselige Augustus ein volles Jahr hilflos in den entsetzlichsten Schmerzen gerungen; da erwachte in seiner verzweifelnden Seele die Ahndung, daß der Gott, dessen Bekenner er vergeblich zu vertilgen gestrebt, doch mehr als ein Hirngespinnst sey, und daß die durch Nichts zu lindernde Pein allerdings eine Strafe dieses Gottes und die Vergeltung der Martern, welche er über so viele Christen verhängt hatte, seyn möchte. Er beschloß also zu versuchen, ob er den Christengott nicht versöhnen, durch seine Hilfe die Linderung, welche kein Götze ihm zu verschaffen im Stande gewesen, finden könnte, und erließ daher im Jahr 311 am letzten April in seinem, Konstantin’s und Licinius Namen ein Gesetz, durch welches er den Christen gestattete, ungestört ihren Glauben zu bekennen und die zerstörten Kirchen wieder aufzubauen, vorgebend, er habe die Befehle zu ihrer Verfolgung nur erlassen, weil er die Gesetze des alten Roms in allen Dingen habe erhalten wollen, und er nähme dieselben jetzt zurück, weil er sähe, die Christen seyen von ihrer einmal gefaßten Meinung durchaus nicht abzubringen, und einlenkend, sie müßten nun aber deßgleichen dieser Gnade gedenkend zu ihrem Gott für des Kaisers und Staates Wohl bethen (Stollberg IX. 424 flg.). Diese Verordnung ward auch dem Maximin überschickt, der nicht wagte, Gehorsam zu verweigern, aber eben so wenig sich entschließen konnte, in seinem Namen etwas zu Gunsten der Christen ergehen zu lassen. Er befahl also seinem Prätoriumspräfekten Sabinus mündlich, der Verfolgung Einhalt zu thun, und dieser theilte den Statthaltern die neue Anordnung in Briefen mit (Stollberg IX. 430 flg.). So genossen denn die Gläubigen im ganzen Umfange des Morgenlandes unerwartet des Friedens. Aller Orten kehrten sie heim aus den Kerkern und Erzgruben nach ihrer Heimath, erneuerten die gottesdienstlichen Versammlungen und begannen der zerstörten Kirchen Bau. Voll Staunen aber sahen die Heiden, daß die vereinten Anstrengungen durch acht Jahre her ganz vergeblich gewesen; daß das Christenthum siegreich, wie neugeboren aus den Stürmen dieser unerhört blutigen Verfolgung herhorgehe; und bewunderten die Macht des Christengottes.
14.
Inner Maximin’s Gebiet war diese Veränderung indessen von kurzer Dauer: denn nicht lange nach Erlaß jenes Gesetzes starb Galerius (Mai 311) und Maximin bemächtigte sich ganz Asien’s, während Licinius die europäischen Provinzen des Verstorbenen besetzte. Nach wenigen Monaten ließ er die Christen die ihm zu Theil gewordene völlige Unabbängigkeit empfinden (Stollberg IX. 434 flg.). Zwar schämte er sich dennoch ohne alle Vorbereitung das Schwert wider die kaum freigesprochenen Gläubigen zu zücken; doch ließ er die, die neue Verfolgung einleitenden Verschärfungen voll ungeduldiger Hast sich folgen, bis der Gläubigen Blut auf’s Neue strömte. Zuerst wurden die gottesdienstlichen Versammlungen untersagt; dann wurden Gesandtschaften der Städte veranlaßt, die baten, man möchte die Christen an der Wiederherstellung der Kirchen inner ihren Mauern hindern. Unter diesem Vorwande ward verboten, mit dem Kirchenbau fortzufahren. Ueberhaupt wurden Alle, welche dem Wink folgsam, wider die Christen Klagen erboben, so reichlich belohnt, daß sie zahlreiche Nachahmer fanden. Der Kurator von Antiochien, Theoteknos hatte seine Mitbürger vermocht, um Vertreibung der Christen zu bitten, und mit abscheulichen Gebräuchen und magischen Künsten eine Bildsäule des Zeus Philios errichtet, mittels deren der Gaukler einen Orakelspruch ergehen ließ, welcher Vertilgung der Christen gebot. Dafür erhielt er die Stadthalterschaft von Syrien. (Euseb. hist. eccl. IX. 2 flg. 11.) Nach solchen Vorbereitungen erfolgte der Befehl, die, welche sich des Götzen-Opfers weigerten, zu verstümmeln. Anfangs hatte das Volk die Christen oft wider der Herrscher Willen verfolgt; zuletzt die Herrscher dieselben wider den Willen selbst des heidnischen Volkes. Doch kam es nicht in allen Provinzen bis zur Hinrichtung der Christen. Von Palästina bezeugt Eusebios, daß dort nach dem Jahre 310 kein Gläubiger mehr den Tod erlitt. Der Christen Schicksal hieng dort von des Statthalters Denkart und vorzüglich von Maximin’s Nähe ab, dessen Wuth sich sogar über des römischen Reiches Gränzen hinaus erstreckte: denn er verlangte, der christliche Fürst der Armenier, sein Bundesgenosse, solle den Götzen fröhnen (Euseb. hist. eccl. IX. 8).
15.
Während über Asien und Aegypten noch so finstere Wolken hiengen, glänzten die westlichen Lande bereits in hoffnungsreichem Morgenrothe. Konstantin hatte sich mit Licinius vereinigt, und diese politische Maaßregel sogleich genützt, um seine Sorgfalt