7.
Andere Statthalter begnügten sich, den Christen nur einen Schein des Opfers abgezwungen zu haben. Oft hält man ihnen die mit Weihrauch angefüllte Rechte über des Opferherdes lodernde Flamme fest, und verschütteten sie dann vom Schmerze zuckend einigen Weihrauch, so rechnete man sie unter die, welche dem Befehl des Kaisers genug gethan hätten. Doch fanden sich nicht Wenige, welche von Gottes Kraft gestärkt, die Hand ohne Bewegung den Flammen bis sie verzehrt war, darboten. Uebrigens war diese unüberwindliche Glaubenskraft nicht allgemein. In dem Genusse der Ruhe, worin die Christen während vierzig Jahren seit Valerian’s Verfolgung gelebt, hatten sie sich wie vor Decius Verfolgung verwöhnt. Darum kam ihnen diese Verfolgung unerwartet und fand Viele unvorbereitet. So wurden schon die beiden ersten Edikte, bevor sie noch mit blutigen Maaßregeln begleitet waren, gar Manchen zum Anlaß des Falles und Aergernisses für Andere. An vielen Orten geschah es, daß manche Christen nicht nur die Verfolgung durch bescheidene Entweichung mieden, sondern auch sich voll übermäßiger, kleinmüthiger Besorglichkeit in dunkle, unanständige Schlupfwinkel bargen, aus denen sie unter der Heiden Gelächter hervorgezogen wurden. Andere, vorzüglich solche, welche von stolzem Selbstvertrauen verführt, sich selbst den Verfolgern ausgeliefert hatten, wichen den Peinen und befleckten sich mit Opfern. Aber verglichen mit dem Ruhme der glorreichen Sieger waren diese Unglückseligen den an dem Kreise der irdischen Sonne haftenden Flecken gleich. (Stollberg IX. 340 flg.)
8.
Alle Mittel und Kunstgriffe, welche unversöhnlicher Haß den Heiden eingab, setzte man zur Zerstörung der christlichen Religion in Bewegung. Während dem Flammen der Scheiterhaufen schrieben zwei Philosophen gegen die Verfolgten. Der Eine, welcher seine Anpreisungen der Armuth durch seine Habsucht Lügen strafte, gab eine Schrift heraus, in welcher er zuvörderst der Fürsten Weisheit und Frömmigkeit, solch einen thörichten Gottlosen Aberglauben zu unterdrücken, mit hohen Lobsprüchen feierte. Zur Widerlegung des Christenthums aber übergehend, zeigte er in dem, was er anfeindete, die gröbste Unwissenheit. Der Andere, eine obrigkeitliche Person von der Zahl derer, welche die Verfolgung angerathen, wahrscheinlich Hierokles: denn er verwaltete mehrere Staatsämter, darunter auch die Statthalterschaft Bithyniens (Epiphan. haeres. 68,1. Lactant. de mort. persec. 16), verfaßte wider die Lehre des Heiles zwei Bücher unter der trügerischen Aufschrift: Philalethes (Freund der Wahrheit), welche er, die Rolle des Unpartheiischen fortzuspielen, an die Christen selbst richtete, um ihnen zu beweisen, die heilige Schrift sey voll Widersprüche. Er legte dabei eine genaue Bekanntschaft mit den Büchern der Offenbarung an den Tag, scheute sich aber nicht zu behaupten, Jesus Christus habe von den Juden vertrieben, neunhundert Mann versammelt und an ihrer Spitze das Land geplündert. Auch Hierokles läugnete des Heilandes Wunder nicht; er suchte sie nur durch Vergleichung mit Appolonius von Tyana vorgeblichen Werken herabzuwürdigen. Eusebios, der eine Gegenschrift verfaßte, fand es nicht der Mühe werth auf derselben Inhalt, welcher dem Celsus entnommen und längst von Origenes widerlegt war, sich einzulassen; nur die Vergleichung zwischen Christus und Apollonius widerlegte er. (Stollberg IX. 347 flg.) Man verfertigte ferner angebliche Berichte des Pilatus über Jesus, die schändlichsten Lästerungen gegen des Erlösers Person enthaltend. Sie wurden auf Befehl des Cäsars Maximin überall verbreitet; in den Städten öffentlich angeschlagen, damit Jedermann sie lese, und die Lehrer erhielten die Anweisung, sie der Jugend in den Schulen in die Hände zu geben und auswendig lernen zu lassen. Zu Damaskus ließ ein Befehlshaber des Heeres etliche berüchtigte Weiber aufgreifen und zwang dieselben durch Androhung der Folter schriftlich auszusagen, vordem Christinnen gewesen, hätten sie von den Gottlosigkeiten der Christen Kenntniß, wie daß diese selbst in ihren Kirchen Unzucht trieben und anderes Aehnliches. Diese dem Kaiser mitgetheilten Aussagen wurden ebenfalls auf dessen Befehl in allen Städten bekannt gemacht. (Euseb. hist. eccl. IX. 5. 7.) Diese armseligen Behelfe zeigen [zeugen], wie von dem Hasse, so auch von der Verlegenheit der Glaubensfeinde. Sie waren erfolglos.
9.
Keinem Zweifel unterliegt, daß die Verfolgung in den illyrischen Provinzen nicht minder blutig tobte als in denen des Morgenlandes. denn sie standen unmittelbar unter der Herrschaft des Urhebers dieses verheerenden Ungewitters. Von den Blutzeugen jedoch, die Galerius schlachtete, sind nur spärliche Berichte erhalten. Schon von Diokletian’s erster Verordnung nahm dieser Wüthende Anlaß, wenigstens wider christliche Soldaten förmliche Todesurtheile fällen zu lassen. (Stollberg IX. 332 flg.) Am heftigsten tobte die Verfolgung an seinem Hoflager, und der geistlose Wütherich wurde sogar erfindsam zum Verderben der Christen. Die neue Gattung der Qualen war des Urbebers würdig. Man band nämlich die Bekenner, deren Standhaftigkeit die Folterpeinen besiegt hatte, an einen Pfahl und schürte Gluth unter ihre Füße. Der übrige Leib wurde mit glimmenden Fackeln berührt, das Antlitz aber mit kaltem Wasser erfrischt, damit die Pein um so länger währen möchte. (Lactant. de morte persec. c. 21.) Während die Lande des Aufganges nun von dem Blute der Christen strömten, ward im Abendlande, da Diokletian dem Maximian und Konstantius nur seine ersten Verordnungen übersandt hatte, Nichts gegen sie unternommen, als daß einige Kirchen geschlossen oder auch niedergerissen, und der heiligen Schriften Abschriften eingefordert wurden. Auch hiebei scheint man mit keiner allzugroßen Strenge zu Werke gegangen zu seyn. Die Anordnungen hinsichtlich der Entziehung aller Bürgerrechte wurden in Konstantius Gebiete gewiß gänzlich hintangesetzt. denn dieser blieb immer noch an seinem Hofe selbst von Christen umringt. (Stollberg IX. 339.) Es findet sich aber auch keine Spur, daß dieselben unter Maximian in Ausführung gebracht worden seyen. Wohl gab die Steigerung, die Weigerung, die Heilige Schrift auszuliefern, einigen Kirchenvorstehern in Maximian’s Provinzen schon in diesem Jahre Gelegenheit, die Palme zu erlangen, doch beweiset das Verfahren, daß im Abendlande noch von keiner heftigen Verfolgung die Rede war. Bald aber flammte die Verfolgung auf dem ganzen römischen Erdkreise in wilder Lohe auf. Diokletian begab sich nämlich in den letzten Monaten des Jahres 303 nach Rom, dort die Feier seines zwanzigsten Regierungsjahres zu begehen. (Stollberg IX. 317 flg.) Vielleicht eben weil er bei dieser Gelegenheit wahrnahm, in den Westländern habe der Christen Ruhe noch wenig Störung erlitten, erließ er, wahrscheinlich aus Ravenna, wo er des Sommers größten Theil zubrachte (Lactant. de morte pers. c. 17), einen allgemeinen, an die Obrigkeiten des ganzen Reiches gerichteten Befehl, daß alle Sterblichen in der Götter Tempel opfern sollten. Von neuen Bestimmungen über die Strafe der standhaften Bekenner fügt Eusebios (de mart. Palaest. c.3.) Nichts hinzu; doch erhellt aus dem Verfolge seiner Erzählung, daß der Tod das Geringste war, was von nun an Laien wie Geistliche in allen Provinzen des Römerreiches zu fürchten hatten. (Stollberg IX. 356 flg.)
10.
Maximian, der Diokletian’s leitendes Ansehen immer anerkannt und durch bereitwillige Folgeleistung geehrt hatte, hingerissen durch sein Beispiel, selbst blutdürstiger Gemüthsart, säumte