Jago.
Die, bey niemals welker Schönheit frey von Stolz und Eigensinn,
Meisterin von ihrer Zunge, und doch keine Schreyerin,
Immer Geld im Beutel hat, und sich nie dadurch entehrte,
Die gelassen meiden kan, was ihr Herz sich gern gewährte;
Die, wenn sie der Mann beleidigt, doch der Rache gern entsagt,
Welche sanften Weiber-Herzen, wie man glaubt, so sehr behagt:
Die so treu der Weisheit ist, daß sie nie in ihrem Leben,
Um den Schwanz des besten Salms, eines Schel-Fischs Kopf gegeben;
Die zwar denkt, doch was sie denkt, niemand als sich selbst vertraut,
Noch, wenn ihr Verehrer folgen, aus Zerstreuung um sich schaut;
Diese, wenn sie jemals war, konnte wol vortrefflich taugen
Desdemona.
Und wozu dann?
Jago.
Ein Schmahl-Bier-Protocoll zu führen, und Narren auszusaugen.
Desdemona.
O, was für ein krüppelhafter, armseliger Schluß! Lerne ja nichts von ihm, Aemilia, ob er gleich dein Mann ist. Was sagt ihr, Cassio, würd' er nicht einen feinen Rath abgeben?
Cassio.
Es ist besser gemeynt als gesagt, Madam; Euer Gnaden werden den Soldaten grösser in ihm finden, als den Gelehrten.
Jago (bey Seite.)
Er nimmt sie bey der Hand; gut, wol gegeben flüstert einander ins Ohr Ich brauche kein stärkeres Gewebe als diß, um eine so grosse Fliege wie Cassio zu verstriken. Ey ja doch, lächle sie an, thu's in deiner eignen Höflichkeit sollst du gefangen werden Ihr habt recht, es ist so, in der That Wenn solche arme kleine Freyheiten euch um eure Lieutenants-Stelle bringen sollten, so wär' es besser, ihr hättet eure drey Finger nicht so oft geküßt Ovortrefflich! wol geküßt! vortreffliche Galanterie! es ist so, in der That Noch einmal eure Finger an eure Lippen? Ich wollt' es wären Clystier-Sprizen, so lieb seyd ihr mir. (Trompeten.) Ha, der Mohr kommt; ich kenne seine Trompete.
Cassio.
Es ist würklich so.
Desdemona.
Wir wollen ihm entgegen gehen
Cassio.
Seht, hier ist er schon.
Englisch
SECHSTE SCENE
Othello und Gefolge zu den Vorigen.
Othello.
O meine schöne Heldin!
Desdemona.
Mein theurer Othello!
Othello.
Meine Verwundrung euch vor mir hier zu sehen, ist so groß als mein Vergnügen. OWonne meines Herzens! Wenn auf jeden Sturm eine so süsse Stille folgte, so möchten die Winde blasen, bis sie den Tod aufgewekt hätten: So möchte die arbeitende Barke an Hügeln von Wasser bis an den Olymp hinauf klettern, dann wieder so tief sich tauchen, als die Hölle vom Himmel ist! Wenn ich izt sterben müßte, so wär's in dem Augenblik, da meine Glükseligkeit ihren höchsten Punkt erreicht hat; ich besorge sehr, diese Wonne meiner Seele ist zu groß, als daß noch eine solche in der unbekannten Zukunft für mich ligen kan.
Desdemona.
Das verhüte der Himmel, daß unsre Liebe und unser Vergnügen nicht in gleichem Maasse zunehmen sollte, wie unsre Tage wachsen!
Othello.
Amen, zu diesem holden Wunsch! Ich kan nicht genug von dieser Freude sagen, mein Herz ist so voll (er küßt sie) und diß, und diß, möge die grösseste Dissonanz seyn, die jemals unsre Herzen machen werden!
Jago (bei Seite.)
O, izt seyd ihr noch wolgestimmt; aber ich will den Wirbel legen, der diese Musik macht, so wahr ich ehrlich bin!
Othello.
Kommt, wir wollen in's Schloß. Nun, meine Freunde, der Krieg ist geendigt, eh er angefangen hat; die Türken sind ertrunken. Wie leben unsre alten Bekannten auf dieser Insel? Mein liebstes Herz, ihr werdet in Cypern sehr geliebt werden; ich habe viele Freundschaft hier empfangen Omeine Liebe, ich merke daß ich mich vergesse; das Uebermaaß meiner Freude macht mich schwärmen. Ich bitte dich, guter Jago, geh an die Rhede und laß meine Kisten auspaken; und den Schiffs-Patron bring' in die Citadelle zu mir; er ist ein geschikter Mann, dessen Verdiensten eine vorzügliche Achtung gebührt. Kommt, Desdemona, noch einmal willkommen in Cypern!
(Othello und Desdemona gehen ab.)
Englisch
SIEBENDE SCENE
Jago und Rodrigo bleiben.
Jago (zu einigen Bedienten.)
Geht ihr dem Hafen zu, ich werde in einem Augenblik folgen (zu Rodrigo.) Komm näher, wenn du ein tapfrer Mann bist; (und man sagt doch, daß die Liebe auch den feigesten Seelen eine gewisse Stärke und Erhabenheit gebe, die ihnen sonst nicht natürlich ist) Horch mir zu; der Lieutenant commandirt diese Nacht auf der Hauptwache. Zuerst muß ich dir sagen, daß diese Desdemona geradezu in ihn verliebt ist.
Rodrigo.
In ihn? Wie, das ist nicht möglich.
Jago.
Leg deine Finger auf den Mund und laß dir sagen, was du zu wissen brauchst. Bedenk einmal mit was für einer Heftigkeit sie anfangs den Mohren liebte, bloß weil er aufschnitt, und ihr romanhafte Lügen vorsagte. Meynst du, sein Pralen werde machen, daß sie ihn immer liebe? Sey nicht so einfältig, und bilde dir solche Dinge ein. Ihr Auge muß doch auch eine Nahrung haben. Und was ein Vergnügen kan sie davon haben, wenn sie den Teufel ansieht? Wenn die Entzükungen des Liebes-Spiels das Blut ermattet haben, so braucht es Reizungen, Schönheiten, Sympathie im Alter, zärtliche Empfindungen, was weiß ich's, kurz lauter Eigenschaften, die der Mohr nicht hat, um es wieder anzuflammen. Nun aber kan's nicht fehlen, der Abgang dieser Erfordernisse und Uebereinstimmungen wird ihre jugendliche Zärtlichkeit gar bald empören; sie wird finden, daß sie sich betrogen hat; sie wird des Mohren erst satt, dann überdrüssig werden, dann einen Ekel vor ihm bekommen, und ihn endlich gar verabscheuen, die Natur selbst wird sie das lehren und sie zu einer andern Wahl nöthigen. Nun, Herr, dieses vorausgesezt, (wie es dann eine ausgemachte Sonnenklare Sache ist,) wer darf sich dieses Glük mit beßrer Hoffnung versprechen als Cassio? Der geschmeidigste Schurke von der Welt; der nicht mehr Gewissen oder Tugend hat, als der Wohlstand und die Klugheit erfordern, um unterm Schuz der äusserlichen Form eines bescheidnen und wohlgesitteten Betragens seine geheimen Ausschweiffungen und Leichtfertigkeiten desto sichrer auszuüben; ein glatter, abgeteilter Schurke, ein Gelegenheits-Hascher, ein Gleißner, der sich das Ansehen von Tugenden geben kan, die er nie gehabt hat; ein verteufelter Schurke! Und dann kommt noch in Betrachtung, daß der Schurke hübsch, jung, und mit allen den Erfordernissen begabt ist, worauf Thorheit und unreiffe Jugend am meisten sehen. Ein schwernöthischer ausgemachter Schurke! Und das Weibsbild kennt ihn schon besser, als du dir einbildest.
Rodrigo.
Das kan ich unmöglich von ihr glauben; sie ist von einer so tugendhaften Gemüthsart
Jago.
Tugendhafter