Jago.
Wie, Mann? Die heutige Nacht ist dazu bestimmt, daß man sich lustig mache, und die jungen Herren würden sich durch unsre Weigerung beleidigt finden.
Cassio.
Wo sind sie?
Jago.
Hier, vor der Thür; ich bitte euch, ruft sie herein.
(Cassio geht ab.)
Jago (allein.)
Wenn ich ihm, über das was er schon getrunken hat, nur noch einen Becher voll beybringen kan, so wird er so händelsüchtig seyn, und sich so unnüz machen wie meiner jungen Fräulein Hund Nun hat mein ehrlicher Rodrigo, dem die Liebe nun vollends die unrechte Seite herausgekehrt hat, diese Nacht auch manchen Stuzer auf Desdemonens Gesundheit ausgeleert, und izt wird er mit auf die Wache ziehen. Drey junge Cyprier, frische rüstige Bursche, die Herz und Ehre haben, hab ich gleichfalls mit vollen Bechern zugedekt, und sie sind auch von der Wache. Unter dieser Schaar von Betrunknen kan es mir also nicht schwer fallen, unsern Cassio zu einem Exceß zu bringen, wodurch er diese Insulaner vor die Köpfe stößt Aber da kommen sie ja schon. Wenn der Erfolg meinem Entwurf antwortet, so segelt mein Boot mit Wind und Fluth davon.
Englisch
ZEHNTE SCENE
Cassio, Montano, und drey junge Cyprier.
Cassio.
Beym Himmel, sie haben mir schon einen Tips angehängt.
Montano.
Einen sehr kleinen, in der That: ihr habt nicht über eine Maaß getrunken, so wahr ich ein Soldat bin.
Jago.
Wein her, Wein her! (er fängt an zu singen) he! Wein her, ihr Jungens!
Cassio.
Beym Himmel, das war ein hübsches Lied.
Jago.
Das lernt ich in England, wo sie, in der That, mächtige Zecher sind. Euer Dähne, euer Deutscher, euer schmerbauchichter Holländer he! zu trinken! sind nichts gegen meinen Engländer.
Cassio.
So ist euer Engländer ein so grosser Trinker?
Jago.
Ob er's ist? Ich sag euch, er trinkt euch eure Dänen zu Boden, ohne daß ihr's ihm anseht. Er braucht nicht zu schwizen, um über euern Deutschen Meister zu werden; und euern Holländer bringt er zum Speyen, eh die nächste Flasche gefüllt werden kan.
Cassio.
Auf die Gesundheit unsers Generals!
Montano.
Da bin ich auch dabey, Lieutenant, ich will euch Bescheid thun.
Jago.
O das liebe England!
König Stephan war ein braver Pair etc. (Er singt.)
Mehr Wein her, he!
Cassio.
Ha, das Lied ist noch schöner als das vorige.
Jago.
Wollt ihr's noch einmal hören?
Cassio.
Nein, wahrhaftig, und hielte den für einen Mann der seines Plazes nicht würdig wäre, der solche Dinge thun wollte Gut Der Himmel ist über uns alle; und es ist nun schon einmal so, daß die einen selig werden, und die andern nicht selig werden.
Jago.
Das ist wahr, Herr Lieutenant.
Cassio.
Was mich betrift, (ohne unserm General, oder sonst einem Mann von Stande zu nah zu treten,) so hoff' ich, selig zu werden.
Jago.
Und ich auch, Lieutenant.
Cassio.
Schon gut, aber, mit eurer Erlaubniß, nicht vor mir. Der Lieutenant muß vor dem Fähndrich selig werden. Sagt mir nichts mehr hievon! Wir wollen von unsern Geschäften reden Vergieb uns unsre Schulden! Meine Herren, wir wollen zu unsern Geschäften sehen. Bildet euch nicht ein, ihr Herren, daß ich betrunken sey: Das ist mein Fähndrich; das ist meine rechte Hand, und das ist meine linke. Ich bin noch nicht betrunken, ich kan noch ziemlich aufrecht stehen, und ich rede noch gut genug.
Alle. Vortreflich gut.
Cassio.
Nun, recht gut also; so müßt ihr also nicht denken, daß ich betrunken sey.
(Er geht ab.)
Englisch
EILFTE SCENE
Montano.
Auf die Platte-Forme, meine Herren; kommt, wir wollen die Wache besezen.
Jago.
Ihr seht diesen Burschen, der voraus gegangen ist; er ist ein guter Soldat, werth zunächst an Cäsarn zu stehen, und unter ihm Befehle zu geben. Aber ihr seht auch sein Laster; es ist schade für ihn er hat Stunden, wo dieses einzige Gebrechen alle seine Tugenden unbrauchbar macht ich fürchte nur, das Vertrauen, das Othello in den Mann sezt, mag in irgend einem solchen unglüklichen Augenblik das Verderben dieser Insel seyn.
Montano.
Ist er denn oft so?
Jago.
Es ist jedesmal der Prologus zu seinem Schlaf. Er würde euch zweymal vier und zwanzig Stunden an einem Weg wachen, wenn Bacchus seine Wiege nicht rüttelte.
Montano.
Es wäre gut, wenn dem General eine Vorstellung hierüber gemacht würde; vielleicht weiß er's nicht; oder sein gutes Gemüth ist von den Verdiensten, die an Cassio in die Augen leuchten, so eingenommen, daß er ihm seine Untugenden übersieht; ist's nicht so?
Rodrigo zu den Vorigen.
Jago.
Was macht ihr hier, Rodrigo? Ich bitte euch, seht wo der Lieutenant ist, geht.
(Rodrigo geht ab.)
Montano.
Und es ist in der That recht zu bedauren, daß der Mohr einen so wichtigen Plaz, die Vertretung seiner eignen Person, einem Mann anvertrauen soll, der mit einem so eingewurzelten Gebrechen behaftet ist; es wäre die That eines ehrlichen Mannes, wenn man dem Mohren das sagen würde.
Jago.
Der möcht' ich nicht seyn, und wenn ich diese ganze Insel damit zu gewinnen wüßte; ich liebe den Cassio, und wollte alles in der Welt thun, ihn von diesem Uebel zu heilen. Horcht, was für ein Lerm ist das?
(Man schreyt hinter der Scene: Helft, helft!)
Cassio verfolgt den Rodrigo auf den Schau-Plaz.
Cassio.
Du Raker! du Lumpenhund!
Montano.
Was habt ihr, Lieutenant?
Cassio.
Ein Schurke soll mich meine Schuldigkeit lehren! Ich will den Schurken in eine Kürbis-Flasche hineinprügeln.
Rodrigo.
Mich prügeln
Cassio.