»Ja, ik … mag paarden.«
»Wir haben hier welche, Bondadosso, den nenn’ ich nur Bondi, Blacky und Mabelle … Wenn du da hinten bei dem Haus um die Ecke biegst, dann kannst du sie nicht verfehlen. Und wenn du auf die Stallgasse kommst, ist links die Futterkammer, da findest du Möhren und Äpfel, kannst dir was wegnehmen. Die Pferde werden wahrscheinlich auf der Koppel sein. Aber das siehst du dann schon.«
Anneke blickte ihre Eltern an, redete schnell auf sie ein, was Bettina natürlich nicht verstand. Aber sie hatte auf jeden Fall Erfolg, denn sie stand auf und lief in die angegebene Richtung.
»Sie ist verrückt nach paarden«, sagte Greetje, die sich ansonsten ziemlich zurückhielt, zumindest, was das Gespräch anbelangte. Kuchen und Keksen sprach sie ungeniert zu, und Bettina vernahm hier und da ein entzücktes »lecker« oder »was herrlijk«.
Schade, dass Leni das nicht hörte, sie war bereits gegangen. Leni hätte an der Begeisterung ihre helle Freude gehabt.
Während Toni und Ruud übers Geschäft redeten, Bart sich aus Langeweile das dritte Glas Cola einschüttete, versuchte Bettina sich mit Greetje Schaapendonk zu unterhalten, was nicht so einfach war. Sie kannte die Frau nicht, wusste nichts über deren Interessen. Bei Anneke hatte sie einen Knaller gelandet mit den Pferden, doch das war nicht schwer gewesen, weil sich in diesem Alter fast alle jungen Dinger für Pferde interessierten, gar nicht genug davon bekommen konnten.
Später dann, wenn die erste ernsthafte Verliebtheit kam, änderte sich das.
»Es ist so schön hier«, sagte Greetje in ihre Gedanken hinein. »Ruud hat mir erzählt, dass deze bezit seit Generationen den Fahrenbachs gehört.«
Bettina dankte dem Himmel!
Ein Gesprächsthema war gefunden, das über das Wetter hinausging. Greetje schien interessiert zu sein, sonst hätte sie davon nicht angefangen, und Bettina liebte Fahrenbach, den Hof, einfach alles, so sehr, dass sie stundenlang darüber reden konnte.
Das wäre in dem Fall ein wenig übertrieben gewesen, und dazu kam es auch nicht, weil Ruud Schaapendonk unbedingt nach oben in die Destille wollte, Bart mit musste und Greetje, was Bettina erstaunte, mit wollte.
»Da Toni sich da oben besser auskennt als ich, schlage ich vor, dass ich mal nach Anneke sehe. Wenn sie mag, dann komme ich mit ihr auch nach oben.«
Greetje lachte und zeigte dabei schöne weiße Zähne.
»Das wird sie nicht wollen«, sagte sie, »ich kenn mijn dochter, die wird bei den paarden blijven.«
»Dann bleib ich auch dort und leiste ihr Gesellschaft«, sagte Bettina rasch.
Damit waren alle einverstanden und gingen in verschiedene Richtungen davon.
Bettina sprang noch rasch bei Leni vorbei, damit die den Tisch abräumen und vor allem den Kuchen ins Haus bringen konnte, von dem allerdings nicht mehr viel übrig geblieben war, denn auch Ruud Schaapendonk hatte ganz ordentlich zugeschlagen.
Die Reste der Torte hatte Bettina vorsichtshalber schon mitgenommen, denn die begann sich allmählich in ihre Bestandteile aufzulösen.
»Sie sind weg?«, erkundigte Leni sich.
»Nein, die Kleine ist bei den Pferden, die anderen haben sich gerade in Richtung Destille in Bewegung gesetzt.«
»Likörfabrik«, korrigierte Leni, wie konnte es auch anders sein. Sie hasste es, wenn Bettina etwas anderes als Likörfabrik sagte und würde sich daran niemals gewöhnen.
Natürlich hätte Bettina es abstellen können, aber es machte ihr Spaß, Leni ein wenig zu necken.
»Sind nette Leute, ich mein’ die Frau und die Kinder. Ihn kannte ich ja bereits. Er kann heilfroh sein, dass sie ihr gleichen.«
»Leni, so was sagt man nicht.«
»Aber stimmt doch, ein Ausbund an Schönheit ist er wahrhaftig nicht.«
»Ach, und das sagst ausgerechnet du? Du, die immer predigt, dass es auf Äußerlichkeiten nicht ankommt, dass die inneren Werte zählen.«
Leni fühlte sich ertappt, aber sie lachte dabei.
»Er könnte von überall herkommen, aber sie und die Kinder sehen so schön holländisch aus. Ich finde, die Maxima, die Kronprinzessin, könnte auch glatt als Holländerin durchgehen, wenn man es nicht wüsste, dass sie aus Südamerika kommt … Die ist auch immer so gut gelaunt, lacht und strahlt.«
»Wenn die Fotografen in der Nähe sind«, wurde sie von Bettina unterbrochen, »es gibt keinen Menschen auf der ganzen Welt, der immer nur gut drauf ist, aber ich gebe dir recht. Maxima entspricht dem Bild, das man sich von den Niederländern macht.«
»Warum sagst du nicht einfach Holländer?«, wollte Leni wissen.
»Weil Holland nur eine der niederländischen Provinzen ist und man fälschlicherweise das ganze Land oftmals so bezeichnet. Das ist falsch.«
Leni winkte ab.
»Ach, die Holländer sind ein tolerantes Volk, die können damit leben.«
»Auch wieder so ein Vorurteil«, bemerkte Bettina. »Doch ich will jetzt unbedingt mal nach dem meisje sehen.« Sie umarmte Leni ganz spontan. »Du bist die Allerbeste, in jeder Hinsicht, und dein Kuchen und deine Kekse sind der Super-Knaller. Du hättest mal sehen sollen, wie Greetje und Ruud Schaapendonk zugeschlagen haben. Die haben von allem was in sich hineingeschaufelt.«
»Und die Kinder nicht?«
»Doch, entspann dich, Leni. Bart hat von allem probiert, die Kleine nur von den Keksen. Aber das bedeutet nichts, du weißt doch, in dem Alter fängt man an, auf seine Linie zu achten und hungert lieber als sich dem Genuss hinzugeben.«
»Töricht, die Eltern sind beide schlank, sieht man mal von seinem Bäuchlein ab. Aber das hat er bestimmt nur, weil er immerfort von seinem Eierlikör und seinen anderen Produkten probieren muss. Die haben Kalorien, das haut ordentlich rein. Das muss die Kleine jedoch nicht, ist ja auch viel zu jung dazu. Also wird sie schlank bleiben ohne hungern zu müssen. Das sollte man ihr mal sagen.«
»Nun, vielleicht hat sie aber die Gene von einer üppigen Großmutter geerbt«, lachte Bettina, ehe sie sich eilig auf den Weg machte, um nach Anneke zu sehen.
*
Nach der Besichtigung der Likörfabrik, der Produktionsstätte des Kräutergoldes und des einzigen freien Appartements im ehemaligen Gesindehaus waren die Schaapendonks wieder abgefahren. Ihr Zwischenstop hatte ihnen gefallen, und als Bonbon sozusagen war auch noch ein dicker Auftrag eines Konzerns hereingekommen mit einem ganz gehörigen Anteil an Eierlikör!
Das hatte sie so sehr beflügelt, dass sie überlegt hatten, auf der Rückreise nochmals vorbeizukommen. Die Kinder hatten allerdings protestiert, und Bettina wünschte sich insgeheim, dass Bart und Anneke sich durchsetzen würden.
Wenn nicht …
Dann sollte es ihr auch egal sein. Sie würde dann ohnehin nicht da sein, sondern mit ihrem Tom irgendwo flittern, an einem Ort, den er ihr nicht verraten wollte. Sie wusste nur eines, dass sie Badesachen und luftige Kleidung brauchen würde, da war es nicht schwer, sich da etwas zusammenzureimen. Und so träumte Bettina schon jetzt von einem Sternenhimmel, wie man ihn nur im Süden fand.
Sie und Tom …
Ihre erste Reise als Ehepaar …
Sie glaubte, vor lauter Glück zu zerspringen und war so sehr in Gedanken, dass sie nicht auf den Weg achtete und hingeschlagen wäre, wenn kräftige Arme sie nicht aufgehalten hätten.
»Von was träumst du, mein Herz?«, erkundigte er sich. »Es muss ja etwas Schönes sein, wenn du dabei alles um dich herum vergisst.«
Sie lehnte sich an ihn.
Verrückt!
Sie hatte intensiv an Thomas gedacht, und nun war er es gewesen, der sie vor einem Sturz