Vom Geist Europas. Gerd-Klaus Kaltenbrunner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerd-Klaus Kaltenbrunner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783990810569
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rel="nofollow" href="#u3acb6173-9152-5840-8662-d1d909b5f03a"> Friedrich W. J. Schelling

       Klassiker romantischer Philosophie

       Clemens Brentano

       Drei Begegnungen

       Justinus Kerner

       Geisterseher, Melancholiker und Humorist aus Schwaben

       Carl Gustav Carus

       Seelenforscher und Ökologe in der Nachfolge Goethes

       Jean-Henri Fabre

       Der Homer der Insekten

       Eduard von Hartmann

       Der Philosoph des Unbewußten

       Alfred North Whitehead

       Mathematiker, Homo religiosus und Entzifferer des Weltprozesses

       Miguel de Unamuno

       Baskischer Denker der Hispanität im Zeichen Don Quijotes

       Pavel Florenskij

       Ein russischer Leonardo da Vinci und Troubadour der Göttlichen Weisheit

       René Guénon

       Vermittler der Urtradition

       Lucian Blaga

       Seele Rumäniens und Vision des All-Lebens

       Lettland als Raum der Poesie

       „Was ewig ist, kann schweigen …“

       Pythagoras

      Himmelsmusik und Harmonie der Seelen Idee und Wirkung eines Ordens

      Wetteifer aller Ichs, den Gedanken zu finden, der über der Menschheit stehen bleibt als ihr Stern.

       Nietzsche

      Am Ursprung der griechischen — und damit der europäischen — Philosophie stehen keine Universitäten, Kongresse und Seminare, sondern Tempelweistümer, Theophanien und mystische Bruderschaften. Thales, dem die Ansicht zugeschrieben wird, daß der Urgrund der Dinge im Wasser bestehe, hat auch gesagt, „daß alles von Göttern voll” sei. Heraklit war der Sohn eines Hohenpriesters, dem das Vorrecht zustand, sich mit königlichem Purpur kleiden zu dürfen. Seine Schrift über das Wesen der Welt hinterlegte Heraklit im Tempel der Göttin Diana zu Ephesos. Empedokles wirkte als von den orphischen Mysterien beeinflußter Sühnepriester und Seelenwanderungsprophet. Parmenides aus Elea (heute Castellamare di Veglia) in Unteritalien schildert zu Beginn seines Lehrgedichts, wie er, von „Sonnenmädchen” geleitet, auf fliegendem Rossegespann aus der Welt des Dunkels in ein Lichtreich entrückt wurde, wo die ihn die Wahrheit lehrende Göttin wohnt. Pythagoras, von der Insel Samos stammend, ließ sich in ägyptische, babylonische, iranische und, wie sich von selbst versteht, auch in griechische Mysterien einweihen. Wie Buddha, Sokrates und Jesus keine Schriften hinterlassend, übereignete er seine Lehre treuhänderisch einem ordensähnlichen Geheimbund, dessen Zentrum die griechische Pflanzstadt Kroton an der östlichen Küste Süditaliens war. Von Pythagoras ließ sich vor allem auch Platon beeinflussen. Die platonische Akademie wie die meisten späteren Philosophenschulen der Antike waren mehr als bloße Wissensvermittlungsanstalten. Sie stellen fast durchweg kultische Verbände mit eigenen Altären, Opfern und Heiligtümern dar, um einen Gott, Heros oder vergöttlichten Meister gescharte Gemeinden mit esoterischer Disziplin, Liturgie und Kalendarium. Der Streit um den Kern der nur mündlich einer eingeweihten Elite von Adepten als Geheimwissen anvertrauten Lehre Platons bewegt noch immer die Philosophiehistoriker. Die grandiose Kosmologie, die Platon in seinem dialogischen Alterswerk „Timaios” entwirft, hat in unserm Jahrhundert fortgeschrittener Naturwissenschaft wieder die Bewunderung philosophierender Physiker erregt; die namhaftesten unter ihnen sind der Brite Alfred North Whitehead und der Deutsche Werner Heisenberg.

      Den Hauptteil des erdachten oder, wie ich mit guten Gründen vermute, weitgehend auf einer wirklichen Unterredung beruhenden philosophischen Gesprächs bildet der Vortrag des als Gast in Athen weilenden Pythagoreers Timaios.

      Er stammt aus der von Lokrern an der Ostküste Unteritaliens gegründeten Kolonie Lokroi (heute Locri), also aus „Großgriechenland”, Magna Graecia, der Megále Hellás. Es ist dies jenes Gebiet im Süden der Apenninenhalbinsel, das von Kyme (Cumae) bei Neapel und Poseidonia (Paestum) in Lukanien bis Tarent (Taranto), und von Tarent bis Rhegion (Reggio di Calabria) und Terina (San Eufemia) reicht und auch die Insel Sikelia (Sizilien) mit den Städten Akragas (Agrigent), Syrakusai (Siracusa), Katane (Catania), Tauromenion (Taormina) und Messene (Messina) umfaßt. Es war seit dem achten vorchristlichen Jahrhundert von Griechenland aus besiedelt und „kolonisiert” worden und wurde kulturgeschichtlich zum strategischen Brückenkopf hellenischen Geistes in Italien und damit zum Vermittler griechischer Mythologie, Kunst, Wissenschaft und Philosophie an die römische Welt.

      In diesem jahrhundertelangen Prozeß kommt dem Pythagoreismus eine überragende Rolle zu. Ohne zu übertreiben, kann man sagen, daß am Ursprung italischer Philosophie und Naturforschung, einschließlich Mathematik und Medizin, der von Samos nach Kroton ausgewanderte Inselgrieche Pythagoras steht. Ihm folgen dann Xenophanes, Parmenides, Empedokles und eben auch der im gleichnamigen platonischen Dialog auftretende Philosoph Timaios, der den Athenern die pythagoreische Lehre vom Ursprung des Kosmos, von der Weltseele und Harmonie der Sphären vortrug. Es ist zwar heute üblich, diesen aus Lokroi stammenden Timaios für eine von Platon erfundene Figur zu halten, was ich für ungefähr ebenso sinnvoll und aufschlußreich halte wie die historisch-kritische Behauptung, daß der Sänger der Odyssee nicht Homer, der Verfasser des Johannesevangeliums nicht Johannes und der Schöpfer der Shakespeareschen Dramen nicht Shakespeare hieß. Meinetwegen mögen sie anders geheißen haben, was tut es schon zur Sache? Wenn es um Werke dieser Art geht, gilt ewig nicht die Nörgelei geistblinder Pedanten, sondern der mitternächtliche Jubel der liebeentzückten Julia:

      Was ist