Seelenfeuer. Marty Ramone. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marty Ramone
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783947183197
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Tag im Harz und das kam wahrlich nicht oft vor. Laut Statistiken hatte das Mittelgebirge im Norden Deutschlands die meisten Regentage im Jahr. Aber heute war das anders. Die Sonne wärmte mit ihrer noch milden Kraft das Gebirge und in Verbund mit vorherigen regnerischen Tagen produzierten die Bäume ein erstes grünes Blätterkleid. Die Natur erwachte, erste Insekten tummelten sich um wilde Blumen und saftiges Gras.

      Thomas Reich und Jan Ebeling waren auf einem spontanen Kurztrip im Südharz, um ein paar schöne Wanderungen entlang des „Harzer Hexen Stiegs“ zu machen. Beide stammten aus Hannover, waren aber sehr naturverbunden und bedauerten es sehr, dass es um Niedersachsens Landeshauptstadt so dermaßen viel Flachland gab. Nicht so im norddeutschen Mittelgebirge! Jan war als Kind oft mit seinen Eltern hier gewesen und kannte sich dementsprechend gut aus.

      Nachdem sie am Vortag in einer Bad Lauterberger Pension günstig eingecheckt hatten und den Abend feuchtfröhlich auf des Städtchens imposanten Boulevard in den zahlreichen Kneipen verbracht hatten, waren die beiden 24-jährigen heute frühzeitig aufgebrochen und von Scharzfeld, einem kleinen malerischen Dorf am Rande des Südharzes, gestartet.

      Erste phantastische Eindrücke waren an der Steinkirche entstanden. Eine Höhle in den Felsen über dem Ort, in der es der Sage nach im Mittelalter zu ketzerischen Opferdarbietungen für den Teufel gekommen sein sollte.

      Oberhalb der Kirche befand sich ein Felsenmeer und grüne Hügel, die dem Auenland in Tolkiens „Herr der Ringe“ nicht unähnlich waren.

      Über malerische Waldpfade erreichten sie schließlich die Einhornhöhle und nahmen auch noch an der sehr informativen Führung teil. Das vermeintliche Skelett des Einhorns, den Originalknochen in Holzform nachgestaltet, prangerte am Einlass der Höhle und sah so gar nicht nach einem „rosaroten Einhorn“ aus, sondern war regelrecht furchteinflößend.

      Während der Führung wurde dann aber deutlich, dass die Sage um das Fabeltier nur entstanden war, weil man die in der Höhle gefundenen Knochen von verschiedenen Tieren aus grauer Vorzeit zu einem Monster rekonstruiert hatte.

      Gruselig war der Aufenthalt trotzdem für Thomas und Jan. Erfuhren sie doch, dass der Boden unter ihren Füßen fast ausschließlich aus Tierfossilien wie zum Beispiel Bären- und Wolfsknochen bestand.

      Da konnte selbst die prächtige „Blaue Grotte“ am Ende des Rundgangs das komische Gefühl nicht lindern, dass heute noch etwas Schlimmes passieren würde.

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      Über die Burgruine Scharzfels, wo man einen letzten Schoppen Bier zu sich nahm, ging es dann an den Aufstieg. Es war schon früher Nachmittag und der breite Pfad nahm fast kein Ende. Immer wieder schlängelte er sich über Kurven aufwärts, bis endlich linker Hand der Turm des 677 Meter hohen Großen Knollens sichtbar wurde.

      Nachmittags erreichten die Wanderer endlich ihr Ziel und traten in die Gaststube der Knollen Baude. Der Wirt Bernd Baldus hieß sie herzlich willkommen und versorgte die Freunde mit Weizenbier und Erbsensuppe. Das hatte man sich ja auch jetzt verdient.

      Schließlich bestiegen Jan und Thomas nach einer erneuten Runde Gerstensaft den zwanzig Meter hohen Rundturm, um die Aussicht zu genießen. Fantastisch: Der Blick zum Brocken, Wurmberg, Ravensberg oder dem Bergstädtchen St. Andreasberg. Die Mühen wurden mit einem herrlichen Panorama belohnt.

      Leider sollte dies der letzte schöne Moment im Leben von Thomas Reich und Jan Ebeling sein…

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      Mittlerweile war es spät geworden. Die zwei Freunde waren die letzten Gäste und es wurde langsam dunkel draußen.

      Bernd gab den Beiden noch einen Schiercker-Feuerstein - Schnaps mit auf den Weg. Und so ging es nun über den legendären Bergpfad Richtung Knollenkreuz und Bad Lauterberg.

      Was vorher so herrlich und naturverbunden wirkte, sah in der Dämmerung ganz anders aus. Mit einem Schlag war es jetzt düster, da am Himmel auch noch schwarze Wolken aufzogen. Und so zückte Thomas seine Taschenlampe und leuchtete damit in den Weg. Mit einem steilen Abhang auf der linken Seite des Pfades schritten die Freunde durch die Dunkelheit.

      Ein unheilvoll komisches Gefühl kam in den Männern auf.

      Die Bäume warfen gespenstische Schatten in den Schein der Lichtquelle und mutierten so zu unheimlichen Erscheinungen. Der Schrei eines Käuzchens hallte durch die gespenstische Dunkelheit. Dann war da noch das vom aufkommenden Wind raschelnde Laub der Bäume. Ansonsten herrschte absolute Stille.

      „Ganz schön gruselig hier in der Dunkelheit, Thomas. Bei mir stellen sich alle Nackenhaare hoch“, äußerte Jan verängstigt.

      „Mir geht es nicht besser, aber bald haben wir es ja geschafft“, antwortete sein Kumpel um Aufmunterung bemüht.

      Immer weiter ging es für die Freunde bergab. An einer Wegbiegung wurde es so eng, dass Jan auf herumliegenden Steinen fast gestürzt wäre. Im letzten Moment konnte er sich fangen und fluchte leise vor sich hin. Es war hier schwierig auf dem Weg zu bleiben, da an Kurven vermeintliche Abzweigungen dazu einluden, in die falsche Richtung zu laufen. Nur das Licht der Lampe gab einigermaßen Aufschluss darüber, dass man doch richtig lag, da der korrekte Pfad dann doch besser ausgetreten war.

      Nach einigen Kilometern erreichten sie eine Lichtung und damit das Knollenkreuz. Ein großer Platz, der mit Tisch und Bänken zu einer normalen Tageszeit zum Verweilen einlud. Aber nicht so heute. Die Wolken nahmen zu und der Himmel wurde immer schwärzer.

      Irgendwie war es den Freunden jetzt noch unheimlicher. Sie machten eine Pause. Jan öffnete seinen Rucksack und holte die beiden Flachmänner mit dem Kräuterlikör hervor. Jetzt etwas Mut antrinken. Sie kippten den spendierten Schnaps von Bernd die Kehle hinunter. Nur noch zwei Kilometer und sie wären sicher im Ort…

      Auf einmal sahen sie das fluoreszierende Licht in der Ferne; eine bläulich schimmernde, schwebende Kugel, die Kurs auf Jan und Bernd nahm. Und sie kam unaufhörlich näher…

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      Die Lichtkugel war jetzt direkt vor den Freunden.

      „Was zur Hölle ist das?“ Es waren Jan Ebelings letzte Worte.

      Wie ein Blitz traf sie ihn, ohne dass er eine Chance zum Ausweichen gehabt hätte. Noch hatte er nicht begriffen, dass er gleich sterben würde.

      Der Astralkörper verformte und breitete sich aus.

      „Vorsicht, Jan. Das Ding ist an dir“, schrie Thomas seinem Freund noch warnend zu.

      Doch es war da schon zu spät, um noch zu fliehen. Das Gebilde drang pfeilschnell in Ebelings Körperöffnungen ein. Die übernatürliche Erscheinung glitt in Ohrenmuscheln, Nasenlöcher und Mund. Der junge Mann schrie wie am Spieß. Heißer als Feuer bahnte sich die gallertartige Masse seinen Weg durch den Körper. Jan erzitterte unter der Glut, die seine Eingeweide verbrannte.

      „Was ist mit dir?“, rief Reich in seiner Hilflosigkeit und wusste im Grunde, dass er keine Antwort mehr erhalten würde.

      Ebelings Körper erleuchtete auf einmal von innen. Dann fiel er in eine erbarmungswürdige Ohnmacht.

      Eine furchtbare Fratze manifestierte sich in seinem Körper. Der Kopf bestand aus riesigen, dreieckigen Augen, dem die Nase zu fehlen schien. Dafür besaß der Dämon ein riesiges Gebiss mit furchterregenden Zähnen, die er in das pochende Herz schlug. Gierig fraß er es und absorbierte so die Seele des Menschen. Dann umfasste das Ungeheuer Jans Kehlkopf von innen und riss diesen mit einem Ruck aus dem Hals. Aber das bekam Ebeling schon nicht mehr mit.

      Thomas war von den sich bietenden Horrorbildern völlig schockiert und im ersten Moment wie gelähmt.

      Ein Ausläufer des dämonischen Organismus drang in Jans Anus ein und grub sich in den Leichnam mit einer sich bildenden, ballenden Faust. Alles war voller Blut. Dann durchbrach die Dämonenkralle den Übergang zu seinem Magen und riss einen Teil dessen