Geschichte des dreißigjährigen Krieges. Friedrich Schiller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Schiller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849635039
Скачать книгу
Mähren, Nebenländer Böhmens, folgten dem Beispiele des Hauptstaats und huldigten. Die Reformation thronte in allen Kirchen des Königreichs, das Frohlocken war ohne Grenzen, die Freude an dem neuen König ging bis zur Anbetung. Dänemark und Schweden, Holland und Venedig, mehrere deutsche Staaten erkannten ihn als rechtmäßigen König; und Friedrich schickte sich nun an, seinen neuen Thron zu behaupten.

      Auf den Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen war seine größte Hoffnung gerichtet. Dieser furchtbare Feind Oesterreichs und der katholischen Kirche, nicht zufrieden mit seinem Fürstenthum, das er seinem rechtmäßigen Herrn, Gabriel Bathori, mit Hilfe der Türken entrissen hatte, ergriff mit Begierde diese Gelegenheit, sich auf Unkosten der österreichischen Prinzen zu vergrößern, die sich geweigert hatten, ihn als Herrn von Siebenbürgen anzuerkennen. Ein Angriff auf Ungarn und Oesterreich war mit den böhmischen Rebellen verabredet, und vor der Hauptstadt sollten beide Heere zusammenstoßen. Unterdessen verbarg Bethlen Gabor unter der Maske der Freundschaft den wahren Zweck seiner Kriegsrüstung und versprach voller Arglist dem Kaiser, durch eine verstellte Hilfleistung die Böhmen in die Schlinge zu locken und ihre Anführer ihm lebendig zu überliefern. Auf einmal aber stand er als Feind in Ober-Ungarn; der Schrecken ging vor ihm her, hinter ihm die Verwüstung; alles unterwarf sich; zu Preßburg empfing er die ungarische Krone. Des Kaisers Bruder, Statthalter in Wien, zitterte für diese Hauptstadt. Eilfertig rief er den General Boucquoi zu Hilfe; der Abzug der Kaiserlichen zog die böhmische Armee zum zweitenmal vor Wien. Durch zwölftausend Siebenbürgen verstärkt und bald darauf mit dem siegreichen Heere Bethlen Gabors vereinigt, drohte sie aufs neue, diese Hauptstadt zu überwältigen. Alles um Wien ward verwüstet, die Donau gesperrt, alle Zufuhr abgeschnitten, die Schrecken des Hungers stellten sich ein. Ferdinand, den diese dringende Gefahr eiligst in seine Hauptstadt zurückgeführt hatte, sah sich zum zweitenmal am Rand des Verderbens. Mangel und rauhe Witterung zogen endlich die Böhmen nach Hause; ein Verlust in Ungarn rief Bethlen Gabor zurück; zum zweitenmal hatte das Glück den Kaiser gerettet.

      In wenigen Wochen änderte sich nun alles, und durch seine staatskluge Thätigkeit verbesserte Ferdinand seine Sache in eben dem Maße, als Friedrich die seinige durch Saumseligkeit und schlechte Maßregeln herunterbrachte. Die Stände von Nieder-Oesterreich wurden durch Bestätigung ihrer Privilegien zur Huldigung gebracht und die Wenigen, welche ausblieben, der beleidigten Majestät und des Hochverrats schuldig erklärt. So faßte der Kaiser in einem seiner Erblande wieder festen Fuß, und zugleich wurde alles in Bewegung gesetzt, sich auswärtiger Hilfe zu versichern. Schon bei der Kaiserwahl zu Frankfurt war es ihm durch mündliche Vorstellungen gelungen, die geistlichen Kurfürsten und zu München den Herzog Maximilian von Bayern für seine Sache zu gewinnen. Auf dem Antheil, den die Union und Ligue an dem böhmischen Kriege nahmen, beruhte der ganze Ausschlag dieses Krieges, das Schicksal Friedrichs und des Kaisers. Dem ganzen protestantischen Deutschland schien es wichtig zu sein, den König von Böhmen zu unterstützen; den Kaiser nicht unterliegen zu lassen, schien das Interesse der katholischen Religion zu erheischen. Siegten die Protestanten in Böhmen, so hatten alle katholischen Prinzen in Deutschland für ihre Besitzungen zu zittern; unterlagen sie, so konnte der Kaiser dem protestantische Deutschland Gesetze vorschreiben. Ferdinand setzte also die Ligue, Friedrich die Union in Bewegung. Das Band der Verwandtschaft und persönliche Anhänglichkeit an den Kaiser, seinen Schwager, mit dem er in Ingolstadt aufgewachsen war, Eifer für die katholische Religion, die in der augenscheinlichsten Gefahr zu schweben schien, die Eingebungen der Jesuiten, verbunden mit den verdächtigen Bewegungen der Union, bewogen den Herzog von Bayern und alle Fürsten der Ligue, die Sache Ferdinands zu der ihrigen zu machen.

      Nach einem mit dem Letztern geschlossenen Vertrage, welcher ihm den Ersatz aller Kriegsunkosten und aller zu erleidenden Verluste versicherte, übernahm Maximilian mit uneingeschränkter Gewalt das Commando der liguistischen Truppen, welche dem Kaiser gegen die böhmischen Rebellen zu Hilfe eilen sollten. Die Häupter der Union, anstatt diese gefährliche Vereinigung der Ligue mit dem Kaiser zu hintertreiben, wendeten vielmehr alles an, sie zu beschleunigen. Konnten sie die katholische Ligue zu einem erklärten Anteil an dem böhmischen Kriege vermögen, so hatten sie sich von allen Mitgliedern und Alliierten der Union das Nämliche zu versprechen. Ohne einen öffentlichen Schritt der Katholischen gegen die Union war keine Machtvereinigung unter den Protestanten zu hoffen. Sie erwählten also den bedenklichen Zeitpunkt der böhmischen Unruhen, eine Abstellung aller bisherigen Beschwerden und eine vollkommene Religionsversicherung von den Katholischen zu fordern. Diese Forderung, welche in einem drohenden Tone abgefaßt war, richteten sie an den Herzog von Bayern, als das Haupt der Katholischen, und drangen auf eine schnelle unbedingte Erklärung. Maximilian mochte sich nun für oder wider sie entscheiden, so war ihre Absicht erreicht: seine Nachgiebigkeit beraubte die katholische Partei ihres mächtigsten Beschützers; seine Widersetzung bewaffnete die ganze protestantische Partei und machte den Krieg unvermeidlich, durch welchen sie zu gewinnen hofften. Maximilian, durch so viele andere Beweggründe ohnehin auf die entgegengesetzte Seite gezogen, nahm die Aufforderung der Union als eine förmliche Kriegserklärung auf, und die Rüstung wurde beschleunigt. Während daß Bayern und die Ligue sich für den Kaiser bewaffneten, wurde auch mit dem spanischen Hofe wegen Subsidien unterhandelt. Alle Schwierigkeiten, welche die schläfrige Politik des Ministeriums diesem Gesuch entgegensetzte, überwand der kaiserliche Gesandte in Madrid, Graf von Khevenhüller, glücklich. Außer einem Geldvorschuß von einer Million Gulden, welche man diesem Hofe nach und nach zu entlocken wußte, ward noch zugleich ein Angriff auf die untere Pfalz, von den spanischen Niederlanden aus, beschlossen.

      Indem man alle katholischen Mächte in das Bündniß zu ziehen suchte, arbeitete man zu gleicher Zeit dem Gegenbündniß der protestantischen auf das nachdrücklichste entgegen. Es kam darauf an, dem Kurfürsten von Sachsen und mehreren evangelischen Ständen die Besorgnisse zu benehmen, welche die Union ausgestreut hatte, daß die Rüstung der Ligue darauf abgesehen sei, ihnen die säcularisierten Stifter wieder zu entreißen. Eine schriftliche Versicherung des Gegentheils beruhigte den Kurfürsten von Sachsen, den die Privateifersucht gegen Pfalz, die Eingebungen seines Hofpredigers, der von Oesterreich erkauft war, und der Verdruß, von den Böhmen bei der Königswahl übergangen worden zu sein, ohnehin schon auf Oesterreichs Seite neigten. Nimmer konnte es der lutherische Fanatismus dem reformierten vergeben, daß so viele edle Länder, wie man sich ausdrückte, dem Calvinismus in den Rachen fliegen und der römische Antichrist nur dem helvetischen Platz machen sollte.

      Indem Ferdinand alles that, seine mißlichen Umstände zu verbessern, unterließ Friedrich nichts, seine gute Sache zu verschlimmern. Durch ein anstößiges enges Bündniß mit dem Fürsten von Siebenbürgen, dem offenbaren Alliierten der Pforte, ärgerte er die schwachen Gemüther, und das allgemeine Gerücht klagte ihn an, daß er auf Unkosten der Christenheit seine eigene Vergrößerung suche, daß er die Türken gegen Deutschland bewaffnet habe. Sein unbesonnener Eifer für die reformierte Religion brachte die Lutheraner in Böhmen, sein Angriff auf die Bilder die Papisten dieses Königreichs gegen ihn auf. Neue drückende Auflagen entzogen ihm die Liebe des Volks. Die fehlgeschlagene Erwartung der böhmischen Großen erkaltete ihren Eifer, das Ausbleiben fremden Beistandes stimmte ihre Zuversicht herab. Anstatt sich mit unermüdetem Eifer der Reichsverwaltung zu widmen, verschwendete Friedrich seine Zeit in Ergötzlichkeiten; anstatt durch eine weise Sparsamkeit seinen Schatz zu vergrößern, zerstreute er in unnützem theatralischem Prunk und übel angewandter Freigebigkeit die Einkünfte seiner Länder. Mit sorglosem Leichtsinn bespiegelte er sich in seiner neuen Würde, und über dem unzeitigen Bestreben, seiner Krone froh zu werden, vergaß er die dringendere Sorge, sie auf seinem Haupte zu befestigen.

      So sehr man sich in ihm geirrt hatte, so unglücklich hatte sich Friedrich selbst in seinen Erwartungen von auswärtigem Beistand verrechnet. Die meisten Mitglieder der Union trennten die böhmischen Angelegenheiten von dem Zweck ihres Bundes; andere ihm ergebene Reichsstände fesselte blinde Furcht vor dem Kaiser. Kursachsen und Hessen-Darmstadt hatte Ferdinand für sich gewonnen; Niederösterreich, von wo aus man eine nachdrückliche Diversion erwartete, hatte dem Kaiser gehuldigt, Bethlen Gabor einen Waffenstillstand mit ihm geschlossen. Dänemark wußte der Wiener Hof durch Gesandtschaften einzuschläfern, Schweden durch einen Krieg mit Polen zu beschäftigen. Die Republik Holland hatte Mühe, sich der spanischen Waffen zu erwehren; Venedig und Savoyen