Unter diesem Friedrich dem Vierten war es, wo sich der pfälzische Hof ganz besonders geschäftig zeigte, die protestantischen Stände Deutschlands zu einträchtigen Maßregeln gegen das Haus Oesterreich zu vermögen und wo möglich einen allgemeinen Zusammentritt derselben zu Stande zu bringen. Neben dem, daß dieser Hof durch französische Ratschläge geleitet wurde, von denen immer der Haß gegen Oesterreich die Seele war, zwang ihn die Sorge für seine eigne Sicherheit, sich gegen einen nahen und überlegenen Feind des so zweifelhaften Schutzes der Evangelischen bei Zeiten zu versichern. Große Schwierigkeiten setzten sich dieser Vereinigung entgegen; weil die Abneigung der Evangelischen gegen die Reformierten kaum geringer war, als ihr gemeinschaftlicher Abscheu vor den Papisten. Man versuchte also zuerst, die Religionen zu vereinigen, um dadurch die politische Verbindung zu erleichtern; aber alle diese Versuche schlugen fehl und endigten gewöhnlich damit, daß sich jeder Theil nur desto mehr in seiner Meinung befestigte. Nichts blieb also übrig, als die Furcht und das Mißtrauen der Evangelischen zu vermehren und dadurch die Nothwendigkeit einer solchen Vereinigung herbei zu führen. Man vergrößerte die Macht der katholischen; man übertrieb die Gefahr; zufällige Ereignisse wurden einem überdachten Plane zugeschrieben, unschuldige Vorfälle durch gehässige Auslegungen entstellt und dem ganzen Betragen der Katholischen eine Uebereinstimmung und Planmäßigkeit geliehen, wovon sie wahrscheinlich weit entfernt gewesen sind.
Der Reichstag zu Regensburg, auf welchem die Protestanten sich Hoffnung gemacht hatten die Erneuerung des Religionsfriedens durchzusetzen, hatte sich fruchtlos zerschlagen, und zu ihren bisherigen Beschwerden war noch die neuerliche Unterdrückung von Donauwörth hinzugekommen. Unglaublich schnell kam die so lange gesuchte Vereinigung zu Stande. Zu Anhausen in Franken traten (1608) der Kurfürst Friedrich der Vierte von der Pfalz, der Pfalzgraf von Neuburg, zwei Markgrafen von Brandenburg, der Markgraf von Baden und der Herzog Johann Friedrich von Wirtenberg – also Lutheraner mit Calvinisten – für sich und ihre Erben in ein enges Bündniß, die evangelische Union genannt, zusammen. Der Inhalt derselben war, daß die unierten Fürsten, in Angelegenheiten der Religion und ihrer ständischen Rechte, einander wechselsweise gegen jeden Beleidiger mit Rath und That unterstützen und alle für einen Mann stehen sollten; daß einem jeden mit Krieg überzogenen Mitgliede der Union von den übrigen sogleich mit einer kriegerischen Macht sollte beigesprungen, jedem im Nothfall für seine Truppen die Ländereien, die Städte und Schlösser der mitunierten Stände geöffnet, was erobert würde aber, nach Verhältniß des Beitrags, den ein jedes dazu gegeben, unter sämmtliche Glieder vertheilt werden sollte. Die Direction des ganzen Bundes wurde in Friedenszeiten Kurpfalz überlassen, doch mit eingeschränkter Gewalt, zu Bestreitung der Unkosten Vorschüsse gefordert und ein Fond niedergelegt. Die Religionsverschiedenheit (zwischen Lutheranern und Calvinisten) sollte auf den Bund keinen Einfluß haben, das Ganze auf zehn Jahre gelten. Jedes Mitglied der Union hatte sich zugleich anheischig machen müssen, neue Mitglieder anzuwerben. Kurbrandenburg ließ sich bereitwillig finden; Kursachsen mißbilligte den Bund. Hessen konnte keine freie Entschließung fassen; die Herzoge von Braunschweig und Lüneburg hatten gleichfalls Bedenklichkeiten. Aber die drei Reichsstädte Straßburg, Nürnberg und Ulm waren keine unwichtige Eroberung für den Bund, weil man ihres Geldes sehr bedürftig war und ihr Beispiel von mehrern andern Reichsstädten nachgeahmt werden konnte.
Die unierten Stände, einzeln muthlos und wenig gefürchtet, führten nach geschlossener Vereinigung eine kühnere Sprache. Sie brachten durch den Fürsten Christian von Anhalt ihre gemeinschaftlichen Beschwerden und Forderungen vor den Kaiser, unter denen die Wiederherstellung Donauwörths, die Aufhebung der kaiserlichen Hofprocesse und die Reformen seines eignen Regiments und seiner Rathgeber den obersten Platz einnahmen. Zu diesen Vorstellungen hatten sie gerade die Zeit gewählt, wo der Kaiser von den Unruhen in seinen Erbländern kaum zu Athem kommen konnte; wo er Oesterreich und Ungarn kürzlich an Matthias verloren und seine böhmische Krone bloß durch Bewilligung des Majestätsbriefs gerettet hatte; wo endlich durch die jülichische Succession schon von fern ein neues Kriegsfeuer zubereitet wurde. Kein Wunder, daß dieser langsame Fürst sich jetzt weniger als je in seinen Entschließungen übereilte, und die Union früher zu dem Schwerte griff, als der Kaiser sich besonnen hatte.
Die Katholiken bewachten mit Blicken voll Argwohn die Union; die Union hütete eben so mißtrauisch die Katholiken und den Kaiser; der Kaiser beide; und auf allen Seiten waren Furcht und Erbitterung aufs höchste gestiegen. Und gerade in diesem bedenklichen Zeitpunkt mußte sich durch den Tod des Herzogs Johann Wilhelm von Jülich eine höchst streitige Erbfolge in den jülich-clevischen Landen eröffnen.
Acht Competenten meldeten sich zu dieser Erbschaft, deren Unzertrennlichkeit durch solenne Verträge festgesetzt worden war; und der Kaiser, der Lust bezeigte, sie als ein erledigtes Reichslehen einzuziehen, konnte für den neunten gelten. Vier von diesen, der Kurfürst von Brandenburg, der Pfalzgraf von Neuburg, der Pfalzgraf von Zweibrücken und der Markgraf von Burgau, ein österreichischer Prinz, forderten es als ein Weiberlehen, im Namen von vier Prinzessinnen, Schwestern des verstorbenen Herzogs. Zwei andere, der Kurfürst von Sachsen, albertinischer, und die Herzoge von Sachsen, ernestinischer Linie, beriefen sich auf eine frühere Anwartschaft, welche ihnen Kaiser Friedrich der Dritte auf diese Erbschaft ertheilt und Maximilian der Erste beiden sächsischen Häusern bestätigt hatte. Auf die Ansprüche einiger auswärtiger Prinzen wurde wenig geachtet. Das nächste Recht war vielleicht auf der Seite Brandenburgs und Neuburgs, und es schien beide Theile ziemlich gleich zu begünstigen. Beide Höfe ließen auch sogleich nach Eröffnung der Erbschaft Besitz ergreifen; den Anfang machte Brandenburg, und Neuburg folgte. Beide fingen ihren Streit mit der Feder an und würden ihn wahrscheinlich mit dem Degen geendigt haben; aber die Dazwischenkunft des Kaisers, der diesen Rechtshandel vor seinen Thron ziehen, einstweilen aber die streitigen Länder in Sequester nehmen wollte, brachte beide streitende Parteien zu einem schnellen Vergleich, um die gemeinschaftliche Gefahr abzuwenden. Man kam überein, das Herzogthum in Gemeinschaft zu regieren. Umsonst, daß der Kaiser die Landstände auffordern ließ, ihren neuen Herren die Huldigung zu verweigern – umsonst, daß er seinen eignen Anverwandten, den Erzherzog Leopold, Bischof von Passau und Straßburg, ins Jülichische schickte, um dort durch seine persönliche Gegenwart der kaiserlichen Partei aufzuhelfen. Das ganze Land, außer Jülich, hatte sich den protestantischen Prinzen unterworfen, und die kaiserliche Partei wurde in dieser Hauptstadt belagert.
Die jülichische Streitigkeit war dem ganzen deutschen Reiche wichtig und erregte sogar die Aufmerksamkeit mehrerer europäischer Höfe. Es war nicht sowohl die Frage, wer das jülichische Herzogtum besitzen und wer es nicht besitzen sollte? – die Frage war, welche von beiden Parteien in Deutschland, die katholische oder die protestantische, sich um eine so ansehnliche Besitzung vergrößern, für welche von beiden Religionen dieser Landstrich gewonnen oder verloren werden sollte? Die Frage war, ob Oesterreich abermals in seinen Anmaßungen durchdringen und seine Ländersucht mit einem neuen Raube vergnügen, oder ob Deutschlands Freiheit und das Gleichgewicht seiner Macht gegen die Anmaßungen Oesterreichs behauptet werden sollte? Der jülichische Erbfolgestreit war also eine Angelegenheit für alle Mächte, welche Freiheit begünstigten und Oesterreich anfeindeten. Die evangelische Union, Holland, England und vorzüglich Heinrich der Vierte von Frankreich wurden darein gezogen
Dieser Monarch, der die schönste Hälfte seines Lebens an das Haus Oesterreich und Spanien verloren, der nur mit ausdauernder Heldenkraft endlich alle Berge erstiegen, welche dieses Haus zwischen ihn und den französischen Thron gewälzt hatte, war bis hieher kein müßiger Zuschauer der Unruhen in Deutschland gewesen. Eben dieser Kampf der Stände mit dem Kaiser schenkte und sicherte seinem Frankreich den Frieden. Die Protestanten und Türken waren die zwei heilsamen Gewichte, welche die österreichische Macht in Osten und Westen darniederzogen, aber in ihrer ganzen Schreckbarkeit stand sie wieder auf, sobald man ihr vergönnte, diesen Zwang abzuwerfen. Heinrich der Vierte hatte ein halbes Menschenalter lang das ununterbrochene Schauspiel von österreichischer Herrschbegierde und österreichischem