Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 7. Martina Meier. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martina Meier
Издательство: Bookwire
Серия: Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960743248
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anderen fröhlich klangen, lag in dieser einen eine tiefe Traurigkeit.

      Klara folgte der Stimme und Vater folgte Klara. Schließlich standen beide vor dem kleinen Apfelbaum, der im Schatten der großen Tanne noch immer schlief.

      „Ein Weihnachtsbaum, ich wäre so gerne ein Weihnachtsbaum“, murmelte er im Traum. Klara tat der kleine Baum leid. Sie konnte spüren, dass er nicht mehr viel Kraft hatte und nur dank seines großen Willens überhaupt noch am Leben war. Das erinnerte sie an sich selbst und so war für sie die Entscheidung gefallen. „Diesen hier möchte ich“, sagte sie.

      Vater schaute erschreckt auf die riesige Tanne. „Aber Klara“, sagte er, „der Baum wäre doch sogar für die große Diele viel zu groß!“

      „Nicht die Tanne“, erklärte Klara ungeduldig, „das Apfelbäumchen hier!“

      Da staunte der Vater sehr. Ein Apfelbaum als Weihnachtsbaum? „Aber der ist doch ganz kahl“, wandte Vater ein, „wollen wir nicht lieber eine schöne grüne Tanne nehmen?“

      „Nein“, beharrte Klara, „ich möchte diesen. Wir werden ihn schmücken mit Lichtern, Kugeln und Zimtsternen, dann ist er gar nicht mehr kahl!“

      Bei dem Wort Zimtsterne erwachte der kleine Apfelbaum plötzlich und erschreckte sich sehr, als er ein kleines Menschenmädchen und einen großen Mann mit einer Axt vor sich stehen sah. Der Mann sprach etwas in der schnellen, knatternden Sprache der Menschen und verschwand dann.

      Das Mädchen hingegen beherrschte zu seiner Überraschung die melodische Sprache der Bäume. „Vater bringt nur die Axt zum Hof und holt stattdessen einen Spaten“, erklärte ihm das Mädchen, „damit holen wir dich aus der Erde, und dann darfst du unser Weihnachtsbaum sein. Wenn du den Winter überstehst und im Frühling gesund und kräftig bist, pflanzen wir dich in den Garten an einen luftigen und sonnigen Platz, und wenn es dir dort gefällt, kannst du wachsen und uns bald schon jeden Herbst frische Äpfel schenken.“

      Von Herzen gerne wollte das der kleine Apfelbaum! Aber vorher wollte er ein Weihnachtsbaum sein, mit Lichtern, Kugeln und vor allem Zimtsternen. Erst danach würde er wachsen und groß werden und der Familie über viele Generationen hinweg Äpfel schenken. Und manchmal, alle paar Jahre, würde an ihm ein besonderer Apfel wachsen, der würde größer und runder als die anderen werden. Er schmeckt auch anders, denn statt saftig und leicht sauer, duftet er nach Zimt und schmeckt süß wie Kuchen. Anstatt eines Kerns trägt er in seinem Inneren einen goldenen Zimtstern – und so werden Klaras Urururenkel noch heute daran erinnert, wie einst dem kleinen Apfelbaum sein größter Wunsch erfüllt wurde und er ein Weihnachtsbaum sein durfte.

      Britta Voß wurde 1979 in Bremen geboren. Sie lebt in Göttingen, wo sie auch studiert hat. Wenn sie nicht gerade in der Rechtsanwaltskanzlei ihres Ehemannes arbeitet, im Fitnessstudio trainiert, sich mit ihren „Literatur-Mädels“ über Bücher austauscht oder an einer neuen Kurzgeschichte schreibt, liest sie gern und viel. Ihre Kurzgeschichten haben bereits Aufnahme in viele Anthologien gefunden, darunter auch fast alle „Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland“-Bücher und alle „Wie aus dem Ei gepellt“-Bände.

      *

      Ziemlich super Freunde

      Es war vor vielen Jahren, als die Menschen noch nicht so hektisch waren, die Technik das Leben nicht beherrschte und der Lebensstil einfacher war. Es gab keine Supermärkte, keine Versandhäuser und man kaufte im kleinen Tante-Emma-Laden um die Ecke gemütlich ein: pikante Salzbutter und würzige Salzgurken im Butterhaus, Zucker und Mehl, abgewogen in reißfesten Tüten, im Lebensmittelgeschäft – und Blumen im Blumenladen. Die Kinder lasen Bücher; Fernsehen und Telefone gab es nur wenige in den Haushalten.

      Eben zu dieser Zeit bummelte ein kleines Mädchen nach der Schule durch die kleine Stadt und schaute sich die Auslagen in den Fenstern der Geschäfte an. Die Kleine hatte keine speziellen Wünsche und ihr Taschengeld war nicht hoch: 2,- D-Mark im Monat. Ihre Eltern waren zwar nicht arm, aber eben auch nicht reich. Das Mädchen musste mit seinem Geld haushalten.

      An der Ecke, an der das zierliche Mädchen die Straße überqueren musste, gab es ein Sämereigeschäft, langweilig, aber trotzdem schaute die Kleine ins Schaufenster hinein. Sie musste lächeln. Hinter der Fensterscheibe tummelten sich kleine Küken von Enten, Gänsen und Hühnern.

      „Sind die süß“, dachte die Kleine und ging spontan in den Laden, legte ihr gesamtes Taschengeld für einen Monat auf die Theke und sagte kess: „Ich möchte ein Gänseküken.“ Die Besitzerin wunderte sich ein wenig, hatte aber keine Bedenken – denn das hier war nicht der große Deal. Mit einem kleinen Karton in der Hand, in den Löcher gebohrt waren und aus dem es aufgeregt piepste, ging das Mädchen nach Hause.

      „Was bringst du denn da mit?“, fragte die erstaunte Mutter.

      „Eine Gans.“

      „Wie bitte? Und was sollen wir damit?“

      „Schwimmen lassen.“

      „Schwimmen lassen. Du bist ja gut. Wir haben keinen Garten und auch keinen Teich.“

      „Nee, aber Oma hat doch einen Garten.“

      „Das stimmt schon, aber sie hat auch eine Katze …“ Mittlerweile hatte die überraschte Mutter sich beruhigt, eine große Spülschüssel aus der Kammer nebenan geholt, frisches Wasser in die Schüssel gefüllt und das kleine gelbe Federknäuel auf das Wasser gesetzt. Der Quirl paddelte vergnügt im Zickzack in dem Mini-Teich herum. „Da musst du erst mal die Oma fragen, ob sie den kleinen Pieper beaufsichtigen will. Außerdem müsstest du jeden Tag hingehen, um das Tier zu füttern. Der Oma kannst du das nicht zumuten. Das Tier braucht ein Gehege und und …“ Dieses Kind!

      „Ich könnte ja erst einmal aus Draht provisorisch ein kleines Viereck umzäunen“, äußerte sich der Vater sachlich zu dem Chaos.

      Erst vor Kurzem war die Familie in diese Mietwohnung gezogen, Bedingung: keine Tiere. Vorher lebten sie mit Oma beengt in dem alten Haus, nicht weit von hier, vielleicht 20 Häuser entfernt in der gleichen Straße.

      Das Mädchen ging am späten Nachmittag zur Oma, um das piepsende Problem zu besprechen. „Oma, kannst du ein kleines Gänseküken in der Waschküche gebrauchen?“

      „Wa...as?“

      „Ich habe mir heute einen Gottlieb gekauft. Kann ich den behalten?“

      „Wer ist Gottlieb?“

      Das Mädchen erzählte, die Oma hatte Verständnis und schmunzelte. Die Waschküche war vor einiger Zeit angebaut worden, um das alte Haus moderner zu machen. An eine Waschküche mit Piepstönen in der Nacht hatte dabei wohl keiner gedacht. Der Vater baute im Garten ein kleines Karree mit festem Maschendraht und eine alte Weinkiste für den tagtäglichen Transport, abends rein und morgens raus, fand sich in der rumpeligen Scheune. Futter musste auch gekauft werden, aber fürs Erste taten es Haferflocken.

      Eigentlich glaubte keiner, dass Gottlieb die abenteuerliche Einquartierung lange überstehen würde. Außerdem gab es noch andere Leute, die hier einen kleinen Garten gepachtet hatten, und die wunderten sich wahrlich über das einsame Küken. Na ja, Omas Kater Pepe würde sich schon um den Gottlieb kümmern. Aber der, der schaute nur zu, wie der Pieper herumlief, leise Töne von sich gab und etwas Gras pickte. Er beobachte das merkwürdige Piepsknäuel und sonst passierte nichts.

      Mit der Zeit verlor Klein-Gottlieb seinen Flausch und er bekam schöne weiße Federn und vor allen Dingen: Er wuchs. Er wuchs zu einem stolzen Ganter heran, mit langen schneeweißen Federn und kräftigen Flügeln. Manchmal schaffte er es sogar über den Draht und dann lief er in den anderen Gärten herum – sehr zum Ärger des grauhaarigen Gartennachbarn.

      „Das geht doch nicht. Der pickt doch alles ab. ... Ich könnte die Hauptarbeit schon erledigen …“, maulte er verdächtig gestikulierend. Der Vater dachte an seine kleine Tochter, holte tief Luft und vergrößerte das Gehege.

      Die Kleine