Neben den Technologie-Scouts benötigt ein Strategieteam zur umfassenden Entwicklung neuer Geschäftsansätze eine ganze Reihe von kreativen Mitarbeitern und Querdenkern, die Know-how im Bereich „Business Modelling“ mitbringen – Know-how, welches sowohl ein breites Spektrum an möglichen Geschäftsmodellen, aber auch die praktische Umsetzung dieser Modelle abdeckt. Diese Stellen werden idealerweise mit externen Kandidaten besetzt, um sicherzustellen, dass im Unternehmen etablierte und akzeptierte Konventionen und Routinen konsequent hinterfragt werden.
Die Analyse des relevanten Marktes ist fester Bestandteil tradierter Strategieprozesse. Im Kontext der oben geführten Diskussion wird schnell deutlich, dass Relevanz hier neu definiert werden muss. Nicht nur der Markt, in dem ein Unternehmen heute tätig ist, ist für die Strategiefindung entscheidend, vielmehr muss die Breite der Marktdefinition erweitert werden. Typischerweise analysieren Unternehmer den Markt, in dem sie heute tätig sind, und die Wettbewerber, die sie mit vergleichbaren Produkten und Dienstleistungen antreffen.
Micheal E. Porters „Five Forces“ folgend, verkennen sie dabei insbesondere die Kraft der Substitution. So verkannten bspw. Hersteller von stationären Gasturbinen zur Energieerzeugung lange die Konkurrenz durch Gasmotoren, welche modular verschaltet sehr schnell große Leistungsklassen bedienen können, mit Vorteilen insbesondere im immer wichtiger werdenden Teillastbereich.
Die Erweiterung des Analyseraumes bringt naturgemäß neue Anforderungen an die Fähigkeiten der Mitarbeiter mit sich, sich in unbekannte Märkte und Marktakteure einzuarbeiten und relevante Kennzahlen zu ermitteln bzw. abzuschätzen. Nicht zuletzt gilt es in enger Zusammenarbeit mit den Technologie-Scouts, die Relevanz von technologischen Umbrüchen für das eigene Unternehmen zu bewerten.
4 Veränderte Kompetenzanforderungen an das Management in Unternehmen
Das Management muss Schritt halten mit immer schnelleren Innovationszyklen. Es muss Arbeitsweisen in den Unternehmen einführen, die nicht nur agil sind, sondern fehlertolerant, experimentell und dann in der Konsequenz auch innovativ. In Zeiten von kontinuierlichem Wachstum war dies für das Management vergleichsweise einfach. Ressourcen und Geld standen in ausreichendem Maße zur Verfügung, und gerade die frühen Jahre der Digitalisierung sind geprägt durch einen arglosen Umgang mit diesen Ressourcen. In einer „sorglosen“ Experimentierphase überwiegt Neugier, Spaß an alternativen Arbeitsweisen und Out-of-the-Box-Denken.
Sogenannte Safaris ins Silicon Valley hatten Hochkonjunktur. Das Management sah sich in der Rolle des Vordenkers aufgefordert, an die Brutstätten von Innovation und Wachstum zu reisen, und versuchte, im eigenen Unternehmen meist halbherzig Strukturen zu schaffen, die Kreativität und Unternehmertum freisetzten, um vergleichbare Erfolgsmuster zu produzieren.
Durch eine sich nun abzeichnende Rezession mit globalen Handelskriegen und Geschäftsmodellen, die nachweislich und dauerhaft nicht mehr funktionieren, ist das Management nun gefordert, Investitionen in Technologien zu tätigen, die die eigene Marktposition wieder stärker absichern. Technologiegetriebene Innovationsprozesse müssen hierbei die sich verändernde Innovationsgeschwindigkeit im Markt kompensieren und in der Lage sein, wegbrechende Umsätze durch neue zu ersetzen. Dies ist dann nicht mehr nur eine Transformation in den Köpfen der Mitarbeiter, sondern vielmehr ein wesentlicher Schritt in der unternehmerischen Daseinsabsicherung.
Natürlich muss sich das Management ein Bild machen, was moderne Technologien etwa in der Automatisierung von repetitiven Aufgaben leisten können. Es geht aber weit darüber hinaus. Kein Manager ist heute in der Lage, die Vielfalt der technologischen Tools und Systeme zu verstehen, noch kann er heute präzise vorhersagen, welche Technologien sich wann zum Marktstandard entwickeln. In der Konsequenz heißt dies, er muss Mitarbeiter identifizieren, qualifizieren und in der Konsequenz auch befähigen, um dieses unternehmenskritische Technologieverständnis aufzubauen. Es geht hier einerseits um ein umfassendes Verständnis von Technologietrends, deren Reifegrad und Anwendungsfelder und andererseits um das Verständnis über den Impact der Technologie auf das eigenen Geschäftsmodell, über Disruptionsrisiken und Substitutionsgefahren.
Hierfür ist technologiespezifisches Expertenwissen notwendig, welches schwierig zu rekrutieren ist. Das Management muss diese Mitarbeiter mit den notwendigen Kompetenzen und Budgets ausstatten und ihnen vertrauen. Letzteres ist ein zentrales Element und für den zukünftigen Erfolg in stärker technologiegetriebenen Geschäftsmodellen unabdingbar. Da sich das Management stets auch gegenüber dem Aufsichtsrat sowie wesentlichen Shareholdern verantworten muss, ist es für das Management wichtig, sowohl alle Aktivitäten als auch Ausgaben und Pilotvorhaben transparent zu machen und hierüber auskunftsfähig zu sein.
Für einen Strategieprozess hat sich in der Praxis der Aufbau eines Trendradars bewährt, der entlang zentraler Technologien, Reifegrade, Use Cases und ggf. Start-ups ausweist und dies über Quartale fortschreibt. Hierin werden dann auch Pilotprojekte festgehalten, die in unterschiedlichen Vorstandsressorts verantwortlich durchgeführt werden und damit eine umfassende Befassung mit Technologie im Unternehmen absichern und dokumentieren.
Darüber hinaus muss das Management datengestützte Entscheidungsprozesse implementieren, um auch in Zeiten zunehmender Komplexität eine Transparenz herzustellen, die bestenfalls bisheriges Erfahrungswissen ganz oder teilweise ersetzt. Business-Analyse-Tools schaffen dabei eine Prognosegüte und liefern häufig auch schon konkrete Handlungsempfehlungen für das Management.
Zusammenfassend muss das Management sich selbst stärker als Generalist verstehen, welches mit Hilfe moderner Technologien und Kommunikationsmitteln Entscheidungen absichert, aber gleichzeitig Freiheitsgrade und Innovationskultur im Unternehmen als Strategietreiber versteht. Cross-funktionale und überfachliche Managementprozesse werden dabei erfolgskritischer. Nicht der Spezialist auf Managementebene ist bei technologischen Innovationen gefordert, sondern der Generalist, der in der Lage ist, den cross-funktionalen und End-to-End-Einsatz von Technologie zu bewerten und erforderliche Kompetenzen und Investitionen in Technologie zu antizipieren. Vertrauen und Zutrauen in Experten und deren Wissen wird zukünftig die größte Herausforderung – zumindest mit Blick auf ein tradiertes Managementverständnis.
5 Veränderte Kompetenzanforderungen an die Mitarbeiter in Unternehmen
In den letzten Jahren waren der technologische Fortschritt und seine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ein viel diskutiertes Thema. Die renommierte Studie „Future of employment: How susceptible are jobs to computerization?“ von Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne[1] erregte große Aufmerksamkeit, weil es die erste Studie war, die die Auswirkungen der Automatisierung auf routinemäßige und nicht routinemäßige Jobs untersuchte.
Der Studie zufolge befinden sich 47% der gesamten US-Beschäftigung in einer hohen Risikokategorie (die Wahrscheinlichkeit der Automatisierung liegt über der Schwelle von 0,7) und es wird erwartet, dass sie innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahrzehnte automatisiert werden. Arbeiter in Transport und Logistik, Büroangestellte und Arbeiter in Produktionsberufen können damit rechnen, dass sie ihren Arbeitsplatz als erste an Automatisierung verlieren. Große Marktteilnehmer investieren immer mehr ihrer Ressourcen in das autonome Fahren. Routinemäßige Büroarbeiten werden von Software-Bots in Kombination mit kognitiven Systemen erledigt. Technologien wie die additive Fertigung werden für Unternehmen zugänglicher. Weitere Arbeitsplätze, die sich in der Hochrisikogruppe befinden, sind Berufe im Baugewerbe,