„Oh, selbstverständlich!” Sie trat einen Schritt zurück und senkte das Tablet, sodass sie es unterm Arm hielt. „Sie sollten sich verabschieden, Amanda. Sobald wir mit dem Protokoll beginnen, werden sie umgehend fertiggemacht und abtransportiert.”
„Noch heute? Jetzt gleich?” Verdammt, darauf war ich nicht vorbereitet.
Sie nickte. „Ja, jetzt gleich. Ich hole ihre Familie.” Sie ließ mich alleine und die anderen Frauen folgten ihr eine nach der anderen. Ich starrte an die Decke, ballte meine Hände zu Fäusten und versuchte, ruhig zu bleiben.
Mein Vater? Nicht ganz. Er gehörte nicht zu meiner Familie, aber die Aufseherin wusste das nicht. Ich war zwei Monate lang nicht Zuhause in New York gewesen. Zuhause? Es war eher ein Apartment, in dem ich schlief, wenn ich nicht auf Mission war. Was praktisch … niemals vorkam. Aber gut, wenigstens würde ich es nicht vermissen.
Mein Chef hatte mich während meiner einzigen drei Ruhetage in den letzten drei Monaten angerufen und mich direkt von New York ins Pentagon einfliegen lassen, um mich zwei Monate lang intensiven Einzelgesprächen und Vorbereitungen zu unterziehen. Als ich in Miami landete, wurde ich mit einer Limousine abgeholt. Ich hätte wissen müssen, dass ich nicht mehr nach Hause zurückkehren würde, bevor die Abfertigung begann. Zum Teufel, ich wusste es, aber ein Teil meines kleinen Herzens hatte irgendwie gehofft, dass das alles eine Riesen-Verarsche war.
Aber nein. Und ich konnte nichts dagegen tun. Ich konnte dem Unternehmen nicht einfach so sagen, dass ich es nicht mehr machen wollte. Die Arbeit, die ich machte, konnte man nicht einfach verlassen. Es war zwar auch nicht wie bei der Mafia, aber als Geheimagent konnte man nicht einfach kündigen und dann als Lehrer an einer Schule arbeiten. Es gab immer einen neuen Auftrag. Einen Job. Eine neue Bedrohung. Einen neuen Feind.
Aber mich als Alien-Braut ins Weltall zu schicken? So etwas hatte es noch nicht gegeben. Immerhin wusste ich, warum sie mich ausgewählt hatten. Ich sprach fünf Sprachen fließend, war über fünf Jahre lang als Agentin aktiv gewesen und noch wichtiger, ich war alleinstehend, ohne Familie und hatte nichts zu verlieren. Meine Eltern waren tot und ich war weiblich. Anscheinend wollten die Aliens nur weibliche Bräute und ich fragte mich, ob einige von denen auch schwul waren. Verlangten die schwulen Krieger nach Bräuten? Oder machten sie einfach mit anderen Kriegern rum und fanden das in Ordnung?
So viele unbeantwortete Fragen. Deswegen brauchten sie mich.
Versuchskaninchen? Opferlamm? Nun, so könnte man es zusammenfassen.
Die schwere Tür schlug auf und mein Chef kam herein, gefolgt von einem Mann, den ich wiedererkannte, aber über den ich kaum etwas wusste. Beide trugen blaue Anzüge, weiße Hemden und je eine gelbe Krawatte und eine Krawatte mit Paisley-Muster. Ihr Haar war an den Schläfen ergraut und beide hatten einen Kurzhaarschnitt, wie es bei der Armee üblich ist. Es waren unscheinbare Männer, die man auf einem geschäftigen Bürgersteig niemals bemerken würde, außer man würde ihnen in die Augen blicken. Die beiden waren zwei der gefährlichsten Männer, die ich kannte und ich kannte in meiner Branche einige gefährliche Leute. Der Präsident hatte sie ausgewählt, um alles Erdenkliche zu bewerkstelligen und die Wahrheit über diese neue Alien-Bedrohung ans Licht zu bringen.
Anscheinend war ich nicht die Einzige, die diesen wir kommen, um euch zu retten, gebt uns nur eure Soldaten und eure Frauen-Schwachsinn, den die Aliens verbreiteten, nicht glaubte. Keine Regierung der Erde gab sich damit zufrieden und die USA und ihre Verbündeten waren entschlossen, die Wahrheit herauszufinden. Und mit meiner gemischten Herkunft dank meines irischen Vaters und meiner halb-afrikanischen, halb-asiatischen Mutter waren sich alle einig, dass ich einen Großteil der Menschheit repräsentierte. Sie hatten verlangt, dass ich mich für diese Mission freiwillig zur Verfügung stellte.
So ein Glück.
„Amanda.”
„Robert.” Ich nickte dem schweigenden Herrn, der rechts neben ihm stand, zu und hatte keine Ahnung, ob ich überhaupt seinen echten Namen kannte. „Allen.”
Robert räusperte sich. „Wie lief die Abfertigung?”
„Gut. Die Aufseherin Egara sagt, dass ich an Prillon Prime vermittelt wurde.”
Allen nickte. „Hervorragend. Die Prillon-Krieger haben die Befehlsmacht über die gesamte Flotte der Koalition. Wir wurden auch darüber informiert, dass ihre Bräute bei den Kriegern auf den Kriegsschiffen bleiben, an den Fronten dieses angeblichen Krieges. Du müsstest Zugang zu Waffen, taktischen Informationen und den fortschrittlichsten Technologien haben.”
Fantastisch. Vor zwei Wochen, als ich dieser Mission zugestimmt hatte, wäre ich darüber erfreut gewesen. Aber jetzt? Mein Herz schlug etwas zu schnell, wenn ich daran dachte, was ich wirklich wollte, nämlich unbegrenzten Zugang zu brennend heißen, dominanten Körpern von Alien-Kriegern …
Robert verschränkte die Arme vor seiner Brust und blickte zu mir herunter. Er versuchte, das beschützende Gesicht einer Vaterfigur aufzusetzen. Ich hatte diese Geste schon vor Jahren durchschaut, aber ich spielte mit, als er fortfuhr: „Das Programm für Bräute scheint zu laufen, aber sie sind noch nicht bereit, unsere Soldaten in ihre Armee einzugliedern. Die Tests laufen noch für ein paar Tage. Sobald sie bereit sind, senden wir zwei unserer Männer, um die Truppe zu infiltrieren und deine Mission zu unterstützen. Die beiden Männer wurden bereits ausgewählt. Es sind gute Typen, Amanda. Sie sind vollkommen schwarz.”
„Verstanden.” Und das hatte ich. Schwarz bedeutete bei speziellen Operationen, die für die nationale Sicherheit entscheidend waren, dass sie offiziell nicht existierten. Sie entsendeten Supersoldaten, um alle Stützpunkte zu decken. Ich landete im Bett des Feindes und die Soldaten landeten in ihren Militäreinheiten ...
„Wie auch immer, du musst den tatsächlichen Umfang der Hive-Bedrohung feststellen und Waffen und technologische Schemata ihrer Raumschiffe sowie alles andere, was dir unter die Finger kommt, zur Erde zurücksenden.” Ich kannte meinen Auftrag, aber Robert zögerte nicht, ihn noch ein letztes Mal zu wiederholen.
Die Aliens hatten sich der Menschheit großzügig als Beschützer vor den Hives angeboten, aber sie weigerten sich wiederholt, ihre fortschrittlichen Waffen und Transporttechnologien mit der Erde zu teilen. Die Regierungen weltweit waren nicht erfreut darüber. Für die jahrzehntelangen Supermächte gab es nichts Vergleichbares. Sie waren die führenden Nationen der Welt und wurden plötzlich mit eingeklemmten Schwanz auf dem Rücksitz verbannt. Auf einmal gab es nicht nur uns Menschen. Es gab ein Universum voller Planeten und Rassen und Kulturen und … Feinden.
Robert hob seinen Arm und drückte meine Schulter. „Wir verlassen uns auf dich. Die ganze Welt zählt auf dich.”
„Ich weiß, Sir.” Bloß keinen Druck machen, richtig? „Ich werde sie nicht enttäuschen.”
Die Aufseherin Egara kehrte in diesem Moment zurück, ihr breites Lächeln und fröhliches Auftreten waren spröde und ein wenig zu aufgesetzt. Ich war mir nicht sicher, was sie von meinen beiden Besuchern hielt, aber was auch immer der Grund war, sie war nicht erfreut.
„Also Miss Bryant, sind Sie bereit?”
„Ja.”
„Meine Herren, würden Sie uns bitte entschuldigen?” Als die beiden Anzugträger verschwunden waren, wandte sie sich mit dem Tablet auf dem Schoß und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen schließlich mir zu. „Alles in Ordnung? Mir ist klar, dass es schwierig sein kann, die Familie hinter sich zu lassen.”
Sie blickte über ihre Schulter in Richtung der geschlossenen Tür und mir wurde klar, dass damit Robert gemeint war, mein vermeintlicher Vater.
„Oh, ähm… ja. Alles in Ordnung. Wir stehen uns nicht besonders … nahe.”
Die Aufseherin begutachtete mich für einen Augenblick und sie musste erkannt haben, dass ich keine