Um so irritierter war sie, als sie Tonis ernstes Gesicht sah, als sie in ihr Büro kam.
»Bettina, ich muß mit dir sprechen.«
»Ist was passiert?«
»Es geht um das Auto.«
»Stimmt etwas nicht damit?«
»Alles bestens, es ist ein Traum… nein, es ist nur so…« Er blickte sie an. »Bettina, du kannst uns nicht so teure Geschenke machen. Arno sieht das übrigens auch so. Du hast zwar das Geld für die Bilder bekommen, aber davon mußt du Steuern bezahlen, du hast deine Konten glatt gemacht, das Geld an Thomas zurückgezahlt, das er dir damals für die Grundstückserschließungskosten gegeben hat.
Das war auch ein ordentlicher Batzen. Du mußt hier für die Lieferanten in Vorlage treten, da bleibt doch gar nicht mehr viel, und dann kaufst du die teuren Autos. Bettina, das geht nicht. Dein Vater hat uns doch neben dem Wohnrecht hier auf dem Hof auch Geld hinterlassen. Laß uns die Autos selbst bezahlen.«
»Toni, ich bitte dich. Ihr hättet euch doch so teure Autos überhaupt nicht gekauft.«
»Ist schon richtig, aber jetzt sind sie da, und sie sind ja auch ein Traum.«
»Den ich euch erfüllt habe. Toni, sieh mal, dieses Geld ist ein Segen, der unverhofft in mein Leben kam. Ohne die Bilder hätte ich das Geld nicht gehabt. Es kam praktisch wie… nun, wie ein Sahnehäubchen.«
»Das du nicht an uns verteilen mußt.«
»Doch, und nun vermiese es mir nicht. Ich habe euch die Autos von Herzen geschenkt, und ich würde es immer wieder tun. Also bitte, Toni, laß uns darüber niemals mehr reden. Außerdem, einer von Lenis Sprüchen ist doch: Wenn du Gutes tust, bekommst du Gutes zurück. Und ist nicht schon Gutes auf unseren Weg gekommen? Gute Geschäftspartner, immer besser werdende Geschäfte…«
»Ja, stimmt schon, aber…«
Bettina winkte ab.
»Kein Aber, Toni, mach mich bitte nicht sauer, und red’ mit mir nicht mehr über die Autos. So, und jetzt gehe ich zu den Dunkels hinüber und blase ihnen den Marsch. Kaum bin ich ein par Tage weg, da heckt ihr nur lauter Unsinn aus.«
So schnell, wie sie gekommen war, verließ Bettina wieder ihr Büro.
Jetzt mußte sie Leni und Arno die Schuldgefühle ausreden, die sie wegen der Geschenke hatten. Solch ein Unsinn, für alles, was sie bereits für sie getan hatten, hätten sie sich selbst schon mehr als ein Auto oder ein Collier kaufen können.
Toni blickte ihr aus seinem Bürofenster hinterher, wie sie leichtfüßig den Hügel hinunterrannte.
Bettina war ein so großartiger Mensch, gutherzig, hilfsbereit.
Schade, daß sie ein solches Pech mit ihrer Familie hatte. Und mit der Liebe war es ja auch schiefgelaufen. Er wünschte ihr so sehr, daß bald ein neuer Mann in ihr Leben kommen würde, der sie für alles entschädigte.
Er konnte ja nicht ahnen, daß es da schon jemanden gab, der drauf und dran war, den Platz von Thomas einzunehmen. Nein, nicht den Platz von Thomas, der drauf und dran war, seinen eigenen Platz in Bettinas Herzen zu bekommen.
Er wandte sich ab und nahm sich seine Bestell-Listen vor.
Das konnte er niemandem erzählen, keiner würde ihm glauben, daß er so einfach sein Traumauto vor die Tür gestellt bekommen hatte.
Es war wirklich ein Traum, und wie er abging, wie er in den Kurven lag, wie leicht er sich lenken ließ. Das war wirklich schon etwas anderes als seine alte Rostlaube.
Aber verrückt war sie schon, die Bettina, so teure Geschenke zu machen. Aber sie hatte halt ein gutes Herz, und sie konnte teilen.
Der Hermann Fahrenbach hatte wirklich die richtige Entscheidung getroffen, seiner jüngsten Tochter das alles hier zu vererben. Sie nahm ihre Aufgabe sehr ernst, arbeitete hart, und am Anfang, als sie auf den Hof gekommen war, um ihr Erbe anzutreten, hatte sie es wirklich sehr schwer gehabt.
Das Faxgerät begann zu laufen, Toni zog zufrieden das Blatt heraus.
Ein Auftrag, der sich sehen lassen konnte, für Finnmore eleven. Sie hatten gute Produkte im Programm, aber dieser schottische Maltwhisky war noch immer ihr bestes Pferd im Stall.
Bettina würde sich freuen.
*
Bettina hatte sich zwar vorgenommen, Linde nicht mit ihren privaten Angelegenheiten zu behelligen, aber in diesem Fall konnte sie nicht anders. Sie mußte unbedingt mit ihr über Jan reden.
Linde war nicht im Gasthof, sondern oben in ihrer Wohnung. Bettina fand sie im Kinderzimmer, wo sie liebevoll Stofftiere dekorierte. Das Zimmer, in sanftem Gelb gestrichen, war wunderschön und machte einen fast fröhlichen Eindruck, der durch die zarten Vorhänge noch unterstrichen wurde.
Bettina gab es einen Stich ins Herz, wenn sie an Martin dachte.
Linde legte einen kleinen Eisbären beiseite und wandte sich Bettina zu.
»Und wie war es? Erzähl mal.«
Etwas schwerfällig setzte sie sich auf einen kleinen Holzstuhl. Bettina tat es ihr gleich, allerdings mit etwas mehr Beweglichkeit.
»Es war schön…« Sie erzählte von Isabella, der Veranstaltung, den Auftritten der einzelnen Künstler, Isabellas Laudatio.
»Das war doch nicht alles«, mutmaßte Linde, nachdem Bettina ihren Bericht beendet hatte.
Bettina wurde rot, was Linde schmunzelnd registrierte.
»Nein, da war… nun, Jan van Dahlen war auch da. Du weißt ja, er ist ein alter Freund von Isabella und häufig in ihrer Nähe.«
Lindes Schmunzeln verstärkte sich. »Das ist doch großartig. Jan van Dahlen ist ein äußerst attraktiver, unterhaltsamer Mann.«
Bettina nickte.
Kurze Zeit herrschte Schweigen.
»Also, liebste Freundin, nun laß dir nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen. Was ist passiert? Heraus mit der Sprache.«
»Wir… wir haben uns geküßt… nicht nur einmal…«
»Ja, super, wenn er so küßt wie er aussieht, dann muß das ein Mega-Erlebnis gewesen sein.«
»Es war wunderschön und sehr romantisch, und ich habe dabei nicht an Thomas gedacht.«
»Bettina, ich bitte dich, das wäre doch noch schöner, in den Armen eines Mannes an den anderen zu denken.«
»Linde, ich hätte nicht für möglich gehalten, daß ich dazu fähig sein könnte, mich so rasch einem anderen Mann zuzuwenden.«
»Was redest du denn da für einen Unsinn? Mit Thomas und dir, das ist vorbei. Jan kennst du schon länger, du weißt, daß er dich liebt, daß er es ernst mit dir meint. Und einen Mann zu küssen bedeutet doch kein Eheversprechen. Gehe es langsam an.«
»Das hat Jan auch gesagt. Er meint, wir sollten einander behutsam nähern.«
»Hervorragend, dann laß dich darauf ein. Was kommen soll, das kommt sowieso.«
»Du meinst, ich muß mich nicht schlecht fühlen, weil ich jetzt mit Jan…«
»Bettina Fahrenbach, du bist jemand, der praktisch mit Links eine Firma aufbauen und leiten kann, aus dem Nichts hast du ein wunderschönes Gästehaus ausgebaut, du hast die Verantwortung für ein großes, traditionsreiches Anwesen. Aber was emotionale Dinge anbelangt, da bist du… gelinde ausgedrückt, ein wenig hinter dem Mond. Wisch alle Bedenken beiseite, genieße das Beisammensein mit Jan und sieh, was sich daraus entwickelt. Ich finde ihn sehr nett, und wenn ich so was sage, dann heißt das schon etwas, schließlich ist Thomas mein Freund… Na ja, jetzt, wo es mit euch aus ist, werden wir wohl alle nichts mehr von ihm hören, und er wird in Amerika bleiben.«
»Bei