Der Texaner schoß sofort zurück.
Dreimal bellte sein Revolver.
Der Mann aus dem Dunkel torkelte zurück. – Polternd fiel eine schwere Waffe auf die Vorbaubohlen.
Dann stürzte der Mann so hart gegen einen Vorbaupfeiler, daß das Holz oben und unten in seinem Gefüge krachte und stöhnte.
»Es war Notwehr«, kam es rauh von den Lippen des Mannes.
Laura Higgins warf den Kopf in den Nacken und stieß eine hysterische Lache aus, dann ging sie weiter.
Meredith stolperte an dem Niedergeschossenen vorbei, holte sie ein und wollte sie am Ellbogen festhalten.
»Notwehr war es, Miß Higgins! Sie haben es doch gesehen!«
Sie lachte immer noch und blieb jetzt stehen.
Hinten auf der Straße wurden Rufe laut.
Aus dem Marshals Office kam Kid Kay gerannt.
Stiefel polterten auf den Vorbauten.
»Laura!« keuchte der Texaner, »so seien Sie doch still! Sie sollen still sein!«
Ganz dicht war sein Gesicht vor dem der Frau.
Das Lachen erstarb plötzlich.
Sie sah ihn an.
Ein winziges Windlicht von der Luzifer-Bar warf einen tanzenden Schein auf ihr Gesicht.
»Lassen Sie mich los!«
Seine Hand fiel von ihrem Arm.
Da war Kid Kay heran und hatte den Niedergeschossenen erreicht.
»Halt!« rief er den beiden zu, die er nicht gut erkennen konnte.
Meredith wandte sich um.
Der Deputy hatte einen Revolver in der Hand.
Knackend spannte er den Hahn.
»Wer ist da?«
»Meredith«, stieß der Texaner heiser hervor.
»Mer… Mann, Sie! Kommen Sie her!«
Der Texaner ging auf Kay zu.
Auf unsicheren Beinen und mit schweißnassen Händen.
Jetzt hatte er sich selbst einen Strick gedreht. Obgleich er diesmal wirklich in Notwehr geschossen hatte!
Niemand würde ihm glauben.
Die anderen Männer waren herangekommen und umstanden den Deputy und den Fremden, der an diesem Abend schon einen ihrer Bürger niedergeschossen hatte.
Der Hilfs-Marshal hatte den Revolver eingesteckt.
Wie der Marshal Earp es befohlen hatte.
»Sie haben den Mann niedergeschossen?«
»Ja.«
»Weshalb?«
»Weil er noch nicht sterben wollte«, kam die rauchdunkle Stimme der Frau aus dem Dunkel.
»Miß Higgins?« fragte Kid Kay verlegen.
»Ja, ich bin’s, Mister Kay.«
Der blonde Hilfs-Marshal hatte eine stille Verehrung für die rothaarige Laura Higgins. Aber da er wußte, daß der Marshal die Frau nicht eben sonderlich schätzte, behielt er seine Liebe für sich.
»Sie waren in der Nähe, als die Schüsse fielen?« forschte er vorsichtig.
»In der Nähe? Nein. Ich war dabei! Der Mann sprang plötzlich hier auf die Stepwalks und schoß. Mister Meredith schoß zurück. Das war alles.«
Der Doktor war da.
Ein Mann hielt eine Pechfackel hoch, und in dem tanzenden Lichtschein, der über die harten Gesichter der Männer huschte und irisierende Reflexe auf das Gesicht der Frau zauberte, beugte sich der Hilfs-Marshal über den Niedergeschossenen.
»Larry Harris!« entfuhr es ihm.
Es war der siebzehnjährige Bruder der jungen Frau, bei der Urb Kelley bisher gewohnt hatte.
Bisher – denn nachdem er bei dem Arzt aus der Ohnmacht zu sich gekommen war, hatte er verlangt, nach Hause gebracht zu werden.
Der Mayor und drei Helfer hatten ihn zu der jungen Frau bringen wollen.
Da aber hatte der Verletzte protestiert; er wollte zu seiner Frau gebracht werden, zu seiner Frau und den Kindern, die er verlassen hatte.
Und jetzt war Liz Harris’ Bruder gekommen und hatte auf Meredith geschossen; zweifellos hatte der Überfall dem Texaner gegolten.
Doc Winters untersuchte den Niedergeschossenen, stellte zwei Einschüsse in der rechten oberen Schulter fest und eine Wunde im rechten Oberschenkel.
Larry Harris würde an den Verletzungen nicht sterben, aber er war doch so schwer verwundet, daß er ins Doktorhaus gebracht werden mußte, wo er sicher einige Zeit bleiben mußte.
Kid Kay wandte sich an Laura Higgins.
»Es ist gut, Miß Higgins, ich werde Ihre Aussage in den Bericht aufnehmen.«
»Tun Sie das, Mister Kay.«
Meredith zündete sich in eisiger Ruhe eine Zigarette an.
»Ich kann wohl gehen?«
Der Deputy blickte ihn kurz an.
»Ja, Sie können gehen. Und am besten ziemlich weit weg, Mister.«
Der Texaner schnipste die Zigarette wütend von sich.
»Was soll das, Mister? Was habe ich getan? Erst gebärdet sich in dem Sa-loon ein Mann wie ein Verrückter, dann springt hier ein anderer Irrer aus dem Dunkel auf mich zu und schießt, und wenn ich mich meiner Haut erwehre, bin ich für Sie ein Tramp.«
»Ich habe das nicht gesagt, Mister. Aber deswegen wiederhole ich trotzdem meine Aufforderung: Verlassen Sie die Stadt! Es ist zu Ihrem eigenen Besten.«
»Ich weiß selbst, was zu meinem Besten ist, Mister!« fauchte der Texaner und wandte sich zum Gehen.
»Warten Sie, Mister Meredith, ich komme mit!« rief ihm die Frau nach.
Er blieb stehen. Als sie herangekommen war, sagte er mit rauher Stimme:
»Vielen Dank, Miß – für Ihre Hilfe.«
»Das war doch eine Selbstverständlichkeit.«
»Hier ist nichts selbstverständlich.«
»Werden Sie gehen?«
»Ich denke nicht daran.«
»Vielleicht sollten Sie die Mahnung nicht so leichtfertig in den Wind schlagen. Die Leute kennen ihre Pappenheimer und wissen, was hier gespielt wird. Sehen Sie, der Bursche, der Sie überfallen wollte, ist der Bruder jener Frau, bei der Ihr Spielpartner von vorhin lebte. Diese Menschen werden Ihnen hier keine Ruhe gönnen. Ich habe gehört, Sie haben Urb Kelly ruiniert.«
»Seine Sache. Ich habe ihn schließlich nicht an den Spieltisch gezwungen.«
Harter, trommelnder Hufschlag ließ die beiden verstummen.
Von Norden her sprengten mehrere Reiter in die Stadt.
Als sie an der Ecke von den drei Windlichtern der »Arkansas-Hölle« erfaßt wurden, blieb Meredith unwillig stehen.
Einer der vordersten Reiter war der Cowboy Freddy.
Auch die Frau war stehengeblieben.
»Freunde von Ihnen?«
»Wie man’s nimmt. Mit dem langen Kerl da hatte ich am Vormittag eine Auseinandersetzung.«
»Mit dem Colt?«
»Yeah.«
»Pfft! Das sind die