Orient im Umbruch. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Жанр произведения: Историческая литература
Год издания: 0
isbn: 9783954623785
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Eisen, Kupfer, Lithium und Gold sowie Brennstoffen (Gas und Öl) bestätigt wurden.

      Doch bis heute werden diese Rohstoffvorkommen nicht ausgeschöpft. Statt deren Nutzung schrittweise vorzubereiten, wurden immer wieder Großprojekte geplant, die sich später als undurchführbar erwiesen. Wegen der afghanischen Hochgebirge und dem fehlenden Seezugang des Landes müssen gewaltige logistische Probleme gelöst werden. Zudem fehlen die Infrastruktur und die Erfahrungen, Bodenschätze zu fördern. Bedeutung für das tägliche Leben wird der unterirdische Reichtum erst in weiter Zukunft gewinnen. Ein Beispiel für die Probleme zeigt sich bei dem Abbau der gewaltigen Kupfervorkommen südöstlich der Hauptstadt Kabul. Bereits 2007 erhielt die chinesische „Metallurgical Group Corporation“ den Zuschlag für diese weltweit größten noch nicht geförderten Kupfervorkommen.

      Für die Rechte an der Ausbeutung der Lager wollte die Firma insgesamt 3,4 Milliarden US-Dollar zahlen. Interessenten aus Europa, Kanada, Russland und Kasachstan gingen leer aus, weil sie eine Milliarde weniger boten. In Kabul wurde die Entscheidung für die Chinesen auch damit begründet, dass Tausende von Arbeitsplätzen entstehen und aus China Infrastrukturprojekte im Wert von Hunderten von Millionen US-Dollar finanziert würden.

      Doch bereits kurz darauf folgte die Ernüchterung. Statt große Anlagen im Lande zu bauen, plante die Firma einen Transport der geförderten Erze nach China, um sie dort weiter zu verarbeiten. Bis 2014 wurden jedoch auch diese Pläne nicht verwirklicht. Die Regierung in Kabul erhielt nur einen Teil der erwarteten Gelder. Das Gelände der Aynak-Mine ist zwar eingezäunt und wird von afghanischen Soldaten bewacht. Erste Vorarbeiten, das Kupfer im Tagebau zu fördern, wurden wieder ausgesetzt. Die von der chinesischen Firma zugesicherte Verbesserung des Lebensstandards der betroffenen Bevölkerung im Umfeld der Mine ist nicht zu spüren. Möglicherweise wird das Abkommen widerrufen.

      So oder ähnlich könnten sich auch Projekte für die Gewinnung anderer Rohstoffvorkommen entwickeln. Nur der damalige Minister, zu dessen Amtszeit der Vertrag mit der chinesischen Firma geschlossen wurde, dürfte nichts bereuen und frohlocken, obwohl er entlassen wurde. In Kabul halten sich hartnäckig Gerüchte, Mohammed Ibrahim Adel habe aus China 30 Millionen Dollar erhalten. Doch eine Anklage wurde nicht erhoben. Auch Planungen, afghanische Öl- und Gasvorkommen zügig zu fördern, ziehen sich in die Länge. Statt eines erhofften Aufschwungs prägen chaotische Zustände die afghanische Wirtschaft im Jahr des Abzugs der Kampftruppen, ohne dass sich auch nur eine Beruhigungsphase abzeichnet.

      Allein die Drogenproduktion boomt und bildet weiterhin die Haupteinnahmequelle des Landes und macht Afghanistan damit zu einem Drogenstaat. Statt eines Rückgangs der Produktion haben der Sturz der Taliban-Regierung und die Stationierung der NATO-Truppen eine Ausweitung des Mohnanbaus gebracht. Auch 2013 war der Anstieg der Anbaufläche ungebrochen. Die Produktion des braunen Saftes, der durch das Anritzen der Kapseln des Schlafmohns gewonnen wird, untergräbt auch den afghanischen Staat und trägt einen entscheidenden Anteil daran, dass bis heute kein moderner Staat in Afghanistan aufgebaut wird. Die Drogenwirtschaft lähmt die Entwicklung. Bis auf Weiteres wird Opium mit Abstand das wichtigste Produkt des Landes bleiben. Etwa 90 Prozent des weltweit produzierten Opiums werden in Afghanistan durch Mohnanbau gewonnen. Ganze Landstriche sind zur Zeit der Blüte in ein rotes oder weißes Blumenmeer getaucht.

      Von 2001 bis 2011 ist die Opium-Produktion um das 30fache auf 5.800 Tonnen gestiegen. 2013 wurden bereits auf mindestens 200.000 Hektar Schlafmohn angebaut, was gegenüber 2011 eine Steigerung von 50 Prozent und gegenüber 2001 eine von 2.600 Prozent bedeutet. Da die Bauern immer noch etwa das Zehnfache verdienen, wenn sie Mohn statt Weizen anbauen, dürfte der Trend anhalten, zumal die Kampagnen zur Umstellung der Produktion zurückgehen und auch das afghanische Antidrogenministerium immer weniger unterstützt wird (2013 nicht einmal zehn Prozent der angestrebten internationalen Unterstützung).

      Viele Politiker, Militärs oder Journalisten haben seit Jahren den Eindruck erweckt, als ob allein die Taliban für den Anstieg der Opiumproduktion die Verantwortung trügen. Doch in Afghanistan hat sich in den vergangenen 35 Jahren eine Drogenindustrie entwickelt, die aus einem Geflecht von Bauern, Händlern, Beamten und Politikern besteht. Die Drogenmafia unterhält gleichzeitig Verbindungen zu den Taliban und Regierungsbeamten. Geistliche freuen sich, wenn sie von den Bauern höhere Steuern erhalten, wenn diese Mohn statt Weizen anpflanzen. Mitarbeiter der Drogenbanden versorgen die Bauern mit Saatgut und vermitteln Kredite auf den Ernteertrag.

      In den von ihnen kontrollierten Gebieten sichern die Taliban-Milizen die Mohnfelder. Sie kassieren ein Zehntel der Erträge oder Einnahmen von Bauern, Händlern, Schmugglern und Drogenbaronen. Die Aufständischen fördern den Anbau von Drogen, weil er ihnen Geld bringt. Aber dies ist nur ein Teil des Einkommens der Taliban. Jahrelang waren zum Beispiel die Einnahmen aus von den US-Streitkräften gezahlten Schutzgeldern für die Transporte zur Versorgung der Truppen deutlich höher. Ähnlich wie beim Rauschgift gibt es auch im Bereich des Nachschubs für ausländische Truppen ein Geflecht von profitierenden Personen und Organisationen, das vom Umfeld der Spitzenpolitiker in Kabul über Stammesführer, Milizkommandeure bis zu Aufständischen und Taliban-Kommandeuren reicht. Es führt in eine falsche Richtung, nur die Taliban für diese Missstände verantwortlich zu machen. Die Probleme sind Teil der seit 30 Jahren entwickelten Kultur von Filz, Korruption und Kriminalität.

      Nach dem Einmarsch der sowjetischen Soldaten (1979 – 1989) wurde der Widerstand von den USA ausgerüstet und mit Geld unterstützt. Zwischen den USA, Saudi-Arabien und damals den Vereinigten Arabischen Emiraten bestand eine enge Kooperation, die sich in ähnlicher Form seit Frühjahr 2011 bei der Unterstützung für die syrischen Aufständischen zeigt. Während des Krieges gegen die Sowjetarmee wurde die Produktion von Drogen zu einer bedeutenden Einnahmequelle des afghanischen Widerstandes. Der pakistanische Geheimdienst ISI und die CIA rüsteten die Aufständischen mit Waffen aus und halfen den Führern von sieben Mujaheddin-Gruppen beim Transport und der Vermarktung von Drogen. Von ihnen bekleiden viele seit 2001 Schlüsselstellungen in Kabul.

      Das System von Produktion, Transport und Verkauf der Drogen bestand bereits Jahre vor Gründung der Taliban. Kontrolliert wurde es von Politikern und Kriminellen, die bis heute zentrale Bedeutung auf die afghanische Politik ausüben und deren Einfluss nach dem Abzug der ausländischen Kampftruppen weiter steigen dürfte. Dieses Drogenkartell hat kein Interesse an der Entwicklung einer Zivilgesellschaft, dem Aufbau eines funktionierenden Gesetzesapparates und einem Erstarken anderer Wirtschaftszweige, die sich zu einer Konkurrenz des Drogensektors entwickeln könnten.

      Pläne zur Stärkung des Anbaus alternativer Produkte werden nur verwirklicht werden können, wenn die Regierung in Kabul sie bezahlt und die Rahmenbedingungen für eine Erneuerung der afghanischen Wirtschaft entwickelt. So bilden Unsicherheit und fehlende Stabilität nicht nur den Nährboden für die Drogenwirtschaft, sondern sind gleichzeitig deren Ergebnis. An diesem verhängnisvollen Kreislauf dürfte sich bis auf Weiteres nichts ändern. Im Bereich des Kampfes gegen die Drogenproduktion hat die internationale Gemeinschaft nichts erreicht, sondern sogar schwere Rückschläge eingesteckt. 13 Jahre lang wurde sogar die Chance vertan, in Afghanistan eine Industrie für die Herstellung von auf Opium basierenden Schmerzmitteln aufzubauen.

      Korruption und Drogenproduktion bedeuten für die weitere Entwicklung des Landes eine schwere Hypothek. Das allmähliche Versiegen der weltweiten Hilfszahlungen wird die Chancen für einen schnellen gesellschaftlichen Wandel und eine Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse verringern. Gleichzeitig bietet der Abzug der ausländischen Soldaten auch die Chance für einen Rückgang der Spannungen. Demgegenüber sind bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen regionalen Kriegsfürsten zu erwarten, weil die Aufteilung des Landes zwischen den verschiedensten Interessengruppen zum Teil gewaltsam erfolgen dürfte.

      Die bedeutende Stellung der alten und neuen regionalen Machthaber in den Institutionen in Kabul dürfte jedoch einen neuen Bürgerkrieg verhindern, weil diese korrupte Elite Interesse daran hat, ihre in den vergangenen Jahren aufgehäuften Vermögenswerte zu sichern. Zwar ist ein großer Teil dieses Reichtums im Ausland angelegt, aber die Kriegsfürsten und Spitzenpolitiker haben auch im Lande investiert. Und dieser Besitz wäre im Falle extremer Gewalt gefährdet. Zudem dürften in einem Bürgerkrieg auch die bereits vor Jahren zugesicherten Zahlungen für zivile Hilfe ausbleiben. Und die bildeten in den vergangenen Jahren