können wir dann schreiben
also ist
Dies führt zu
Welche Faktoren beeinflussen die Größe der Freien Bildungsenthalpie eines Ions in Lösung? Zur Beantwortung dieser Frage ziehen wir einen thermodynamischen Kreisprozess heran. Wir betrachten die Standardbildungsenthalpie von Cl– in wässriger Lösung (–131 kJ mol–1) auf der Grundlage der allgemeinen Reaktionsgleichung
die wir als Ergebnis der in Abb. 3-18 dargestellten Schritte (die benötigten Daten finden Sie im Tabellenteil) auffassen. Die Summe der Freien Enthalpien aller Schritte eines geschlossenen Kreisprozesses ist null, also ergibt sich
Kommentar 3-1
Die Freien Standardbildungsenthalpien von Ionen in der Gasphase sind nicht bekannt. Daher setzen wir hier die Ionisierungsenergien (die Energien, die zur Entfernung von Elektronen aus Atomen oder Kationen in der Gasphase aufzuwenden sind) und Elektronenaffinitäten (die Energien, die mit der Aufnahme von Elektronen durch Atome oder Anionen in der Gasphase verbunden sind) ein und nehmen an, dass sich die Ionisierungsentropie von H und die Entropie der Elektronenaufnahme von X, sowie Effekte der Umrechnung in Enthalpien ungefähr gegenseitig ausgleichen. Unsere Schlussfolgerungen aus dem Kreisprozess sind deshalb nur Näherungswerte.
Dabei ist es wichtig, im Hinterkopf zu behalten, dass der Wert von ΔBG⦵ für ein Ion nicht nur von den Eigenschaften von X selbst bestimmt wird, sondern auch Beiträge aus der Dissoziation, Ionisierung und Solvatation des Wasserstoffs enthält.
Freie Solvatationsenthalpien einzelner Ionen kann man mithilfe einer Beziehung berechnen, die von Max Born abgeleitet wurde. Er ordnete ΔsolvG⦵ der elektrischen Arbeit zu, die aufgewendet werden muss, um ein Ion aus dem Vakuum in das Lösungsmittel zu bewegen; dabei wird Letzteres als kontinuierliches Dielektrikum mit der relativen Permittivität εr behandelt. Die bornsche Gleichung, ausführlich hergeleitet in Zusatzinformation 3-1, lautet
(3-45a)
wobei z die Ionenladung ist (Anzahl der Elementarladungen des Ions), ri der Radius des Ions und NA die Avogadro-Konstante. ΔsolvG⦵ ist immer negativ; stark negative Werte erhält man für kleine, hoch geladene Ionen in Medien mit hoher Permittivität. Für Wasser bei 25 °C (εr = 78.54) ist
(3-45b)
Ein praktisches Beispiel
Um uns einen Eindruck davon zu verschaffen, wie gut die bornsche Gleichung experimentelle Daten reproduziert, berechnen wir die Differenz der Werte von ΔSolvG⦵ der Ionen Cl– und I– in wässriger Lösung. Die Ionenradien (181 pm bzw. 220 pm) sind in Tabelle 19-3 gegeben. Wir erhalten
Dieser Wert stimmt gut mit dem experimentellen Ergebnis (–61 kJ mol–1)überein.
Übung 3-10
Berechnen Sie die Differenz
[experimentell: –26kJmol–1,berechnet: –29kJmol–1]
Die Kalorimetrie (zur direkten Bestimmung von ΔH und zur indirekten Bestimmung von S über die Wärmekapazitäten) ist nur einer von mehreren möglichen Wegen zur Ermittlung Freier Enthalpien. In Frage kommt außerdem die Berechnung aus Gleichgewichtskonstanten und elektrochemischen Experimenten (Kapitel 6); für Gase kann man auch spektroskopisch gewonnene Daten heranziehen (Kapitel 16).
3.3 Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz
Das Verhalten der Stoffe wird sowohl durch den Ersten als auch durch den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik beschrieben. Die ganze Leistungsfähigkeit der Thermodynamik zur Lösung realer Probleme zeigt sich aber erst durch die Verbindung beider Hauptsätze.
3.3.1 Die Fundamentalgleichung
■ Das Wichtigste in Kürze: Die Fundamentalgleichung, eine Kombination aus Erstem und Zweiten Hauptsatz, liefert eine Beziehung für die Änderung der Inneren Energie bei einer Volumen- und Entropieänderung des Systems.
Wie bereits diskutiert, kann man den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik in der Form dU = dq + dw schreiben. Für eine reversible Zustandsänderung in einem geschlossenen System (in dem keine Änderung der Zusammensetzung stattfinden darf) gilt, wenn keine Arbeitsform außer Volumenarbeit auftritt, dwrev = – p dV und (gemäß der Definition der Entropie) dqrev = T dS mit p als Druck und T als Temperatur des Systems. Für eine reversible Zustandsänderung in einem geschlossenen System ergibt sich damit
(3-46)
Da aber dU ein totales Differenzial ist, hängt sein Wert nicht vom Weg ab; das heißt, man erhält für eine reversible und für eine irreversible Zustandsänderung den gleichen Wert von dU. Gleichung (3-46) gilt deshalb für jede mögliche Zustandsänderung – reversibel oder irreversibel – eines geschlossenen Systems, wenn außer Volumenarbeit keine andere Form von Arbeit verrichtet wird. Diese Kombination von Erstem und Zweitem Hauptsatz nennen wir die Fundamentalgleichung.
Die Tatsache, dass man die Fundamentalgleichung auf reversible genauso wie auf irreversible Zustandsänderungen anwenden kann, mag im ersten Moment verwirren. Die Begründung ist, dass zwar T dS = dq und – p dV = dw nur im reversiblen Fall gelten, während für irreversible Prozesse die clausiussche Ungleichung T dS > dq und – p dV > dw zutrifft. Die Summe aus dw und dq jedoch ist immer gleich der Summe aus T dS und – p dV (vorausgesetzt, die Zusammensetzung des Systems ändert sich nicht).
3.3.2 Eigenschaften der Inneren Energie
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