Ist die Zustandsänderung mit einer Zunahme der Entropie der Systems verbunden (TΔS > 0), wird die rechte Seite der Gleichung negativer als ΔU ;die maximale Arbeit wird somit auch größer als ΔU. Das scheint zunächst ein Widerspruch zu sein, der sich allerdings schnell aufklären lässt: Das System ist nicht abgeschlossen – Energie kann in Form von Wärme hineinfließen, wenn Arbeit verrichtet wird. Da die Entropie des Systems zunimmt, darf die Entropie der Umgebung abnehmen, der Gesamtprozess verläuft trotzdem freiwillig. Eine bestimmte Wärmemenge (maximal TΔS) kann von der Umgebung auf das System übergehen und so zu der Arbeit beitragen, die das System verrichtet (Abb. 3-17). Um bei unserem Bild von vorhin zu bleiben: Die Natur zahlt die Steuer aufdiese Weise zurück.
Beispiel 3-4 Die Berechnung der maximalen Arbeit
1.000 mol Glucose, C6H12O6, wird unter Standardbedingungen bei 25 °C entsprechend folgender Reaktionsgleichung zu Kohlendioxid und Wasser oxidiert: C6H12O6(s) + 6O2 → 6CO2(g) + 6H2O(l). Kalorimetrische Messungen ergaben
Vorgehen Die bei konstantem Druck ausgetauschte Wärmemenge entspricht gerade ΔH; wir müssen also lediglich eine Beziehung zwischen ΔR H⦵ und der gegebenen Größe ΔRU⦵ finden. Dazu nehmen wir für alle Gase ideales Verhalten an und verwenden Gl. (2-21) in der Form ΔRH = ΔRU + ΔvgRT. Die maximal nutzbare Arbeit berechnen wir mithilfe von Gl. (3-39).
Antwort (a) Wegen Δvg = 0 ist
Bei der Verbrennung von 1.000 mol C6H12O6 können daher maximal 2885 kJ Arbeit gewonnen werden. Aufgrund der positiven Reaktionsentropie (teilweise bedingt durch die Bildung vieler kleiner Moleküle aus einem großen) ist die maximale Arbeit größer als die Änderung der Inneren Energie. Das System entnimmt der Umgebung Wärme, reduziert dadurch deren Entropie und stellt die so gewonnene Energie zur Verrichtung von Arbeit zur Verfügung.
Übung 3-7
Wiederholen Sie diese Rechnung für die Verbrennung von 1.000 mol CH4(g) unter den gleichen Bedingungen. Verwenden Sie die in den Tabellen 2-6 und 2-8 gegebenen Daten. [|qp| = 890kJ, |wmax| = 818kJ]
Einige Anmerkungen zur Freien Enthalpie
In der Chemie wird die Freie Enthalpie häufiger verwendet als die Freie Energie. Der Grund dafür ist einfach, dass Experimente (zumindest im Labor) gewöhnlich in offenen Gefäßen, also bei konstantem (Atmosphären-) Druck und nicht bei konstantem Volumen ablaufen. Das Kriterium dGT,p ≤ 0 wird in der Chemie so interpretiert, dass chemische Reaktionen bei konstanter Temperatur und konstantem Druck genau dann freiwilligverlaufen, wenn sie mit einer Abnahme der Freien Enthalpie verbunden sind.Um beurteilen zu können, ob eine Reaktion bei konstantem Druck und konstanter Temperatur freiwillig abläuft, müssen wir also die Änderung der Freien Enthalpie für diese Reaktion ermitteln. Nimmt G in Richtung der Reaktion ab, werden freiwillig Produkte aus den Reaktanten gebildet; nimmt G zu, verläuft die Rückreaktion spontan.
Die Bedeutung von G können wir uns vor Augen führen, wenn wir die Existenz freiwilliger endothermer Reaktionen untersuchen. Bei solchen Reaktionen nimmt die Enthalpie H spontan zu (dH > 0). Da sie aber freiwillig verlaufen, muss trotzdem dG < 0 sein; dies ist nur dann möglich, wenn die Entropie des Systems um so viel zunimmt, dass der Term TdS positiv und größer als dH ist (dG = dH – TdS bei konstanter Temperatur). Die Triebkraft endothermer Reaktionen ist daher die Entropiezunahme im System, diese muss die Entropieabnahme der Umgebung (durch Wärmeabgabe an das System, dSUmg = –dH/T bei konstantem Druck) überwiegen.
Die maximale Nichtvolumenarbeit
ΔA hatten wir als maximale Arbeit interpretiert; eine analoge Interpretation können wir auch für ΔG finden, wobei auch die Herkunft der Bezeichnung „Freie Enthalpie“ klar wird. In der anschließenden Begründung werden wir zeigen, dass die maximale Nichtvolumenarbeit bei konstanter Temperatur und konstantem Druck durch die Änderung der Freie Enthalpie gegeben ist:
Die entsprechende Beziehung für eine endliche (messbare) Zustandsänderung lautet
(3-41b)
Besonders nützlich ist diese Gleichung (der wir in einer Vielzahl von Anwendungen wieder begegnen werden) zur Berechnung der elektrischen Arbeit, die eine Brennstoffzelle oder eine elektrochemische Zelle leisten kann.
Begründung 3-3 Die maximale Nichtvolumenarbeit
Wegen H = U + pV gilt für eine allgemeine Zustandsänderung
Die zugehörige Änderung der Freien Enthalpie ( G = H – TS)ist
Bei einer isothermen Zustandsänderung ist T = 0 und folglich
Wenn die Zustandsänderung außerdem reversibel abläuft, können wir dw = dwrev und dq = dqrev = T dS einsetzen und erhalten
Die Arbeit setzt sich aus zwei Beiträgen zusammen: erstens der Volumenarbeit, die für reversible Zustandsänderungen durch – p dV gegeben ist, und zweitens möglicherweise Arbeit einer anderen Form. Bei chemisch relevanten Systemen handelt es sich dabei gewöhnlich um elektrische Arbeit, etwa in einer galvanischen Kette, aber auch andere Formen wie mechanische Arbeit (Anheben einer Flüssigkeitssäule) sind denkbar. Diese Nichtvolumenarbeit bezeichnen wir als dwe.Mit d(pV) = p dV + V dp ist dann