Abb. 2.14 Die Steigung der Tangente an den Graphen der Enthalpie als Funktion der Temperatur bei konstantem Druck ist die Wärmekapazität bei konstantem Druck. Sie kann von der Temperatur abhängen; in diesem Fall ist auch die Wärmekapazität temperaturabhängig. Beispielsweise unterscheiden sich in unserer Darstellung die Wärmekapazitäten in A und B. Für Gase ist die Abhängigkeit der Enthalpie von der Temperatur stärker als die der Inneren Energie, also ist Cp,m größer als Cv,m.
Die Temperaturabhängigkeit der Enthalpie
Wenn die Temperatur eines Stoffs steigt, nimmt auch seine Enthalpie zu. Das Verhältnis zwischen beiden Zunahmen hängt von den genauen Bedingungen des Prozesses ab (beispielsweise können Volumen oder Druck konstant sein). Die Bedingung mit der größten praktischen Bedeutung ist der konstante Druck; beim Auftragen der Enthalpie gegen die Temperatur erhält man dann eine Kurve (Abb. 2-14), deren Steigung als Wärmekapazität bei konstantem Druck Cp bei der jeweiligen Temperatur bezeichnet wird. Formal lautet die Definition
[2.22]
Die Wärmekapazität bei konstantem Druck ist in Analogie zur Wärmekapazität bei konstantem Volumen definiert; beide sind extensive Eigenschaften. Die entsprechende intensive Eigenschaft ist die molare Wärmekapazität bei konstantem Druck Cp,m, die Wärmekapazität pro Mol eines Stoffs.
Mithilfe der Wärmekapazität bei konstantem Druck kann man eine Beziehung zwischen Enthalpieänderung und Temperaturdifferenz herstellen. Für infinitesimale Temperaturänderungen gilt
Wenn die Wärmekapazität über einen bestimmten Temperaturbereich hinreichend konstant ist, kann man für endliche Änderungen in diesem Bereich auch schreiben
Eine Erhöhung der Enthalpie kann stets der Zufuhr einer Wärmemenge bei konstantem Druck gleichgesetzt werden; in der Praxis verwendet man Gl. (2-23b) daher in der Form
(2.24)
Aus dieser Gleichung können wir auch ablesen, wie die Wärmekapazität eines Stoffs gemessen werden kann: Eine bestimmte Wärmemenge wird der Substanz bei konstantem Druck zugeführt (letztere Bedingung ist immer erfüllt, wenn das Experiment in einem offenen Gefäß abläuft), dabei wird die Temperaturänderung verfolgt.
In engen Temperaturbereichen darf man die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität mitunter näherungsweise ignorieren; für ein einatomiges ideales Gas (etwa ein Edelgas) stellt dies eine recht genaue Näherung dar. Für die Fälle, bei denen eine Vernachlässigung dieser Abhängigkeit nicht sinnvoll ist, hat sich die empirische Näherungsfunktion
als zweckmäßig erwiesen. Die empirischen Parameter a, b und c hängen nicht von der Temperatur ab; sie werden durch Anpassung dieses Ausdrucks an experimentelle Daten bestimmt. Typische Werte für einige Gase sind in Tabelle 2-2 aufgeführt.
Beispiel 2-4 Die Temperaturabhängigkeit der Enthalpie
Wie groß ist die Änderung der molaren Enthalpie, wenn gasförmiges N2 von 25 °C auf 100 °C erhitzt wird? Verwenden Sie die Daten zur Wärmekapazität aus Tabelle 2-2.
Vorgehen Da die Wärmekapazität von Stickstoffvon der Temperatur abhängt, kann Gl. (2-23b) nicht angewendet werden, denn sie beruht auf der Annahme, dass die Wärmekapazität im betrachteten Temperaturintervall konstant ist. Stattdessen setzen wir in Gl. (2-23a) die empirische Beschreibung (Gl. (2-25)) der temperaturabhängigen Wärmekapazität ein und integrieren den erhaltenen Ausdruck zwischen 25 °C und 100 °C.
Antwort Wir bezeichnen die Grenzen des gegebenen Temperaturbereichs mit T1 (298 K) und T2 (373 K); das zu berechnende Integral lautet
Unter Verwendung der Integrale
erhalten wir
und nach Einsetzen der Zahlenwerte schließlich
Wenn wir die Wärmekapazität als temperaturunabhängig angenommen hätten – der Wert, den Gl. (2-25) für 25 °C liefert, ist 29.14 J K–1 mol–1 –, hätten wir für die gesuchte Enthalpiedifferenz 2.19 kJ mol–1 erhalten.
Tabelle 2.2 Temperaturabhängigkeit der molaren Wärmekapazität, Cp,m/(J K–1 mol–1) = a + bT + c/T2.*
Substanz | a | b/(10–3 K–1) | c/(105 K2) |
C (s, Graphit) | 16.86 | 4.77 | –8.54 |
CO2 (g) | 44.22 | 8.79 | –8.62 |
H2O(l) | 75.29 | 0 | 0 |
N2(g)
|