Abb. 2.5 Rotationsmoden von Molekülen und zugehörige mittlere Energien bei der Temperatur T.(a) Ein lineares Molekül kann sich um zwei Achsen drehen, die jeweils senkrecht auf der Verbindungslinie der Atome stehen. (b) Ein nicht lineares Molekül besitzt drei verschiedene, senkrecht aufeinander stehende Rotationsachsen.
Wenn das Gas aus mehratomigen Molekülen besteht, müssen wir zusätzlich Rotations- und Schwingungsbewegungen berücksichtigen. So können lineare Moleküle wie N2 oder CO2 um zwei Achsen rotieren, die senkrecht aufder Verbindungslinie der Atome stehen (Abb. 2-5); sie besitzen also zwei Rotationsfreiheitsgrade, die jeweils einen Beitrag von
(2.2b)
Nichtlineare Moleküle wie CH4 oder H2O können um drei Achsen rotieren. Wieder trägt jeder Freiheitsgrad
(2.2c)
Für ein solches Gas steigt die Innere Energie folglich doppelt so schnell mit der Temperatur wie für ein einatomiges Gas. Mit anderen Worten: Um die Temperatur von 1 mol eines Gases um einen bestimmten Betrag ansteigen zu lassen, müssen wir im Fall von nichtlinearen Molekülen doppelt so viel Energie zuführen wir im Fall eines einatomigen Gases. Bei Zimmertemperatur schwingen Moleküle nicht sehr stark und wir können den Beitrag der Molekülschwingungen zur Inneren Energie in erster Näherung vernachlässigen (außer für sehr große Moleküle wie Polymere oder Bio-Makromoleküle).
Keiner der Ausdrücke, die wir bisher hergeleitet haben, hängt von dem von den Molekülen eingenommenen Volumen ab: In einem idealen Gas gibt es keine zwischenmolekularen Wechselwirkungen und die Entfernung zwischen den Molekülen hat daher keinen Einfluss auf die Energie. Mit anderen Worten: Die innere Energie eines idealen Gases hängt nicht von seinem Volumen ab. Die innere Energie wechselwirkender Moleküle in kondensierten Phasen enthält auch einen Beitrag von der potenziellen Energie ihrer Wechselwirkung; dafür lassen sich aber im Allgemeinen keine einfachen Ausdrücke angeben. Der entscheidende Punkt ist jedoch stets, dass eine Temperaturerhöhung eines Systems zu einer Zunahme der Inneren Energie führt, weil die verschiedenen Bewegungsfreiheitsgrade stärker angeregt werden.
Die Formulierung des Ersten Hauptsatzes
Aus experimentellen Beobachtungen weiß man, dass sich die Innere Energie eines Systems entweder durch Verrichtung von Arbeit oder durch Übertragung von Wärme ändern kann. Während wir jedoch wissen können, wie der Energietransfer vonstatten ging (denn wir können sehen, wie sich ein Gewicht in der Umgebung hebt oder senkt – als Zeichen, dass Arbeit verrichtet wurde – oder verfolgen, ob in der Umgebung Eis geschmolzen ist – als Zeichen, dass Wärme übertragen wurde), ist das System in dieser Hinsicht „blind“. Wärme und Arbeit sind daher gleichwertige Wege, die Innere Energie eines Systems zu beeinflussen. Man kann das System mit einer Art „Bank“ vergleichen: Es nimmt Einlagen in verschiedener Währung (Arbeit oder Wärme) an und speichert alle in der gleichen Form (als Innere Energie). Ebenfalls durch experimentelle Beobachtungen stellt man fest, dass in einem abgeschlossenen System keine Änderung der Inneren Energie auftreten kann. Diese Tatsache formulieren wir als Ersten Hauptsatz der Thermodynamik:
Die Innere Energie eines abgeschlossenen Systems ist konstant.
Wir können nicht ein System, das gerade eine Arbeit verrichtet hat, einen Monat lang in isoliertem Zustand zurücklassen und erwarten, dass es sich in dieser Zeit vonselbstinseinenursprünglichenZustandzurückversetzt, also die gleiche Arbeit erneut verrichten kann. Aus diesem Grund ist es noch nie gelungen (und wird nie gelingen), ein „Perpetuum Mobile“ zu bauen (eine Maschine, die Arbeit verrichtet, ohne dabei Energie irgendeiner Art zu verbrauchen).
Wir können das Gesagte folgendermaßen zusammenfassen: Ist w die an einem System verrichtete Arbeit, q die dem System in Form von Wärme zugeführte Energie und ΔU die resultierende Änderung der Inneren Energie, so gilt
Gleichung (2-3) fasst die Äquivalenz von Arbeit und Wärme zusammen und zeigt, dass die Innere Energie eines abgeschlossenen Systems (q = 0, w = 0) konstant ist. Die Änderung der Inneren Energie eines geschlossenen Systems ist gleich der Energie, die in Form von Arbeit oder Wärme durch seine Begrenzung gelangt. Die Richtung des Energietransports betrachten wir dabei vom Standpunkt des Systems aus: Vereinbarungsgemäß ist w > 0und q > 0, wenn dem System Energie zugeführt wird, aber w < 0und q < 0, wenn dem System Energie entnommen wird.
Ein praktisches Beispiel
Ein Elektromotor gibt pro Sekunde eine Energie von 15 kJ als mechanische Arbeit und 2 kJ in Form von Wärme ab. Die Änderung der Inneren Energie des Motors pro Sekunde ist dann
Oder betrachten wir eine Feder, die unter Aufwendung einer Arbeit von 100 J gespannt wird, von denen 15 J in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben werden. Die Änderung der Inneren Energie der Feder ist dann
Hinweis
Das Vorzeichen von ΔU (oder allgemein von Größen ΔX) sollte immer explizit angegeben werden, auch wenn es positiv ist.
2.1.3 Volumenarbeit
■ Das Wichtigste in Kürze: (a) Die Volumenarbeit ist proportional zum äußeren Druck. (b) Freie Expansion (d. h. in ein Vakuum) leistet keine Arbeit. (c) Die Volumenarbeit bei der Expansion gegen einen konstanten Druck ist proportional zum äußeren Druck sowie zur Volumenänderung. (d) Bei einer reversiblen Expansion entspricht der äußere Druck zu jedem Zeitpunkt genau dem Druck im System. (e) Die Volumenarbeit bei einer reversiblen isothermen Expansion hängt logarithmisch von der Volumenänderung ab.
Im Folgenden werden wir uns der Betrachtung infinitesimaler Zustandsänderungen (zum Beispiel infinitesimaler Temperaturdifferenzen) und infinitesimaler Änderungen der Inneren Energie dU zuwenden; wie wir sehen werden, erhalten wir damit ein sehr leistungsfähiges Arsenal an Rechenmethoden. Wenn an einem System die Arbeit dw verrichtet und ihm die Wärme dq zugeführt wurde, schreiben wir jetzt anstelle von Gl. (2-3)
(2.4)