So geht es weiter bis in die Gegenwart. Besonders in schwierigen Zeiten sendet Gott prophetische Stimmen, um seine Gläubigen zu leiten. Jetzt, nach zweitausend Jahren, sind die prophetischen Gaben immer noch in der ganzen Gemeinde wirksam – du und ich sind Zeugen dieser Tatsache und Teilhaber am prophetischen Leben der Gemeinde des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
Ein wesentlicher Baustein
Wenn es um den Aufbau der Gemeinde geht, ist die Gabe der Prophetie ebenso wichtig wie die Gabe zu evangelisieren, Hirte oder Apostel zu sein oder zu lehren (vgl. Eph 2,19-22). Die vorrangige Tatsache ist, dass Jesus Christus selbst der Eckstein ist, der Fels, dessen Gegenwart das Fundament zusammenhält. Ja, der Stein wurde von den ursprünglichen Aposteln gelegt, aber das reichte nicht aus, um sicherzustellen, dass die Gemeinde ihren Auftrag erfüllen würde. Die Schrift wurde von den frühen Aposteln vollendet, und sie stellten auch die grundlegenden Lehren der Gemeinschaft der Gläubigen zusammen. Aber ohne Generationen von „Gesandten“, also Aposteln, zusammen mit Propheten, Lehrern, Pastoren und anderen Baumeistern, hätte die Arbeit nicht fortgesetzt werden können. Es werden prophetische Stimmen gebraucht, um die Gemeinde zu inspirieren und aufzubauen, brachliegende Böden zu pflügen, Arbeiter für die Ernte auszurüsten, Ortsgemeinden zu gründen und als Boten auf das Missionsfeld hinauszugehen. Der Kanon der Heiligen Schrift ist abgeschlossen. Dennoch sprechen die heutigen Gläubigen mit Offenbarungsgaben weiterhin Gottes Rhema-Wort aus, das sich dem geschriebenen Logos-Wort unterordnet.
Alle Ortsgemeinden, die zusammen die Gesamtgemeinde bilden, haben eine Rolle zu spielen. Einige haben die spezielle Berufung, das Prophetische in besonderer Weise zu betonen, und vielleicht unterhalten sie sogar eine „Prophetenschule“. Andere sind besser bekannt für ihre missionarischen Einsätze, ihre Evangelisationsschulen, ihren Schwerpunkt auf Heilung, ihre pastorale Ausbildung oder ihr Training, wie man Gott im Beruf und der Gesellschaft bekannt macht. Der menschliche Körper ist ein Mikrokosmos des Leibes Christi, der nur mit jedem Finger, jedem inneren Organ und vor allem mit dem Haupt, dem Eckstein, Jesus Christus, vollständig ist (vgl. Ps 118,22; Mt 21,42).
Heute ist jeder von uns zu einem Dienst berufen (vgl. z. B. 1 Pt 4,10-11.) Obwohl es immer besonders begabte Menschen geben wird, besteht ein Teil ihrer Berufung darin, die Heiligen für das Werk des Dienstes auszurüsten. Um gesund zu sein, muss die Gemeinde heute die Fülle dieser Offenbarungsdimensionen des Heiligen Geistes annehmen. „Dimensionen“ ist dabei ein Schlüsselwort. Wie ich bereits sagte, wird keine einzelne Gemeinde in der Lage sein, alles zu tun. Aber indem sie ihre „Spezialgebiete“ zusammenfügen, können die Gemeinden einen ganzen Leib bilden, der vor Gesundheit strotzt.
Wir dürfen eines nicht vergessen: Liebe ist wichtiger als jede Gabe. Unsere Identität besteht nicht darin, ein Prophet, ein Pastor oder ein Lehrer zu sein, sondern ein Kind des lebendigen Gottes. Wenn wir sündigen und unsere Identität auf etwas Falsches gründen, wird Gott sich gegen uns stellen, bis wir uns zu ihm zurückkehren. Auch wenn es den Anschein haben mag, dass wir zu unseren Lebzeiten verschiedene Gaben durchlaufen, viele verschiedene Funktionen ausüben und darauf eingehen, dass er uns zu verschiedenen Dingen beruft oder einfach Dinge verändert, bleibt er unverändert und unveränderlich. Er ist unser unumstößlicher Fels, unser Eckstein, und was wir bauen, wird einstürzen, wenn es nicht in ihm verankert ist.
Mögen wir noch erleben, dass unterschiedlich begabte Einzelpersonen und unterschiedlich begnadete Gemeinden und Dienste gemeinsam daran arbeiten, dem Ruf des Prophetischen wieder Glaubwürdigkeit und Autorität zu verleihen.
Mögen wir wenigstens einen Vorgeschmack auf das Werk der Wiederherstellung genießen können, die sowohl innerhalb der Gemeinde (für die Gemeinde) als auch als Dienst der Gemeinde für die Welt geschehen wird, der sich daraus ergibt, dass wir gesalbte Boten Gottes sind.
Gebet
Vater, wir danken dir für unsere jüdische und christliche Kirchengeschichte, wie sie im Alten und Neuen Testament aufgezeichnet ist. Wir sehen, dass du in vergangenen Zeiten durch die Stimme deiner Propheten beständig gesprochen hast. Wir sind dankbar für alle Fortschritte, die sich aus dem, was sie gesagt und getan haben, ergeben haben. Wir ehren alle, die für uns heute den Weg geebnet haben. Wir wollen im Geist der Weisheit und der Offenbarung in Christus Jesus wachsen und gleichzeitig Fortschritte auf dem Weg zur Wiederherstellung aller Dinge machen, von denen deine heiligen Propheten seit Jahrhunderten gesprochen haben. Wir wollen den prophetischen Staffelstab übernehmen und energisch unseren Lauf antreten, bereit, den Stab an diejenigen weiterzugeben, die nach uns kommen. Um Jesu willen und in seinem Namen beten wir für all dies. Amen.
1 Irenäus, Philip Schaff, Hrsg., „Against Heresies“, The Ante-Nicene Fathers, Band 1, Kap. LXXXII (CreateSpace/Eternal Sun Books), 209.
2 Thomas von Aquin, Summa theologiae II-II, 174, 6 ad 3.
3 Vgl. Thomas M'Crie, Lives of Scottish Reformers (Xenia, Ohio: Board of the Calvinistic Book Concern 1846), 137.
Kapitel 3: Vier Ebenen des prophetischen Dienstes
Wer aber prophetisch redet, der redet zu Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung.
1. Korinther 14,3 (LUT)
Vor Jahren stellte jemand bei einer Podiumsdiskussion die Frage: „Welches ist die beste geistliche Gabe?
Ich antwortete so etwas wie: „Diejenige, die gerade gebraucht wird – das ist die beste geistliche Gabe.“ Es könnte jede der Gaben des Heiligen Geistes sein, wie z. B. Heilungen, Weisheit, Wort der Erkenntnis – oder auch Prophetie. Gleichzeitig müssen wir uns an das erinnern, was Paulus schrieb: „Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet!“ (1 Kor 14,1).
Die Gabe der Prophetie ist oft die auffallendste, weil Gott durch sie direkt in eine Situation hineinsprechen kann. Sie hat eine große Bandbreite von Anwendungen und Ausdrucksformen und man kann, wie wir in diesem Kapitel untersuchen werden, verschiedene „Ebenen“, wie ich es nenne, unterscheiden.
Ich weiß, dass es verschiedene Ansätze zu diesem Thema gibt, je nach dem Hintergrund einer Person. Ich will gleich vorwegsagen, dass ich meine Auffassung aus meiner eigenen prophetischen Reise gewonnen habe. Sie begann in der Jesus-People-Bewegung der 1970er-Jahre, durch die meine evangelikalen Wurzeln in charismatischen Boden gepflanzt wurden. Auf diesem Weg habe ich durch die Wort-des-Glaubens- und die Hirtenschafts-Bewegung gelernt, Gottes Stimme zu hören. Wie viele andere surfte ich auch auf der sogenannten „Dritten Welle“, die in den 1980er-Jahren aufkam, und wirkte 1988 bei der Entstehung der modernen prophetischen Bewegung mit. Im Laufe der Jahre wurde ich Teil von C. Peter Wagners Bestreben um eine weltweite apostolische und prophetische Reformation. Neben Peter gab es zahlreiche Menschen, die mir eine Hilfe waren. Aber ich kann hier nur einige davon nennen, wie z. B. Derek Prince, John Wimber, Bob Jones, Paul Cain, John Paul Jackson, Mahesh und Bonnie Chavda, Cindy Jacobs, Bill Hamon, John Sandford, Elizabeth Alves und andere, die ich im Laufe dieses Buches erwähnen werde.
Erbauung, Ermahnung und Trost
In 1. Korinther 14,3 liefert Paulus drei beschreibende Worte, um zusammenzufassen, was das Ziel jeder Prophetie sein sollte: Erbauung, Ermahnung und Tröstung.
Die Gabe ist