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„Ich bin entzückt Sie wiederzusehen, Lady Jessica, auch wenn die Umstände mir etwas ungewöhnlich erscheinen“, erklärte der Professor, kam auf mich zu und küsste mir die Hand, ohne meinen Aufzug mit einem weiteren Wort zu würdigen. „Ich bin in erster Linie hier, um mich für mein unmögliches Benehmen im Institut zu entschuldigen.“
Mein Vater runzelte die Stirn und schaute mich von oben bis unten an, bevor er schmunzelte. „Eigentlich hatte ich ja gedacht, die Zeiten wären vorbei, in denen du draußen im Park auf Entdeckungstour gehst. Aber offenbar hast du erneut Freude daran gefunden. Nun, wenn es dir Spaß macht, wird dich niemand daran hindern. Allerdings wäre ich dir dankbar, wenn du das nächstemal umgezogen hier zu mir kommst.“
Ich schüttelte wild den Kopf. „Ganz so ist es nicht, Dad, und ich würde gern dringend mit dir reden.“
„Ganz wie du willst, mein Kind. Wo hast du übrigens den jungen Mann gelassen? Er wird dir doch nicht verloren gegangen sein?“
„Willst du mich nicht verstehen?“, fragte ich traurig. „Professor Hagen, ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass ich diese sicherlich wichtige Besprechung stören musste. Wenn Sie gestatten, würde ich jedoch gern kurz allein mit meinem Vater reden.“
Er schaute mich prüfend an, streifte dabei das Buch mit einem interessierten Blick und schüttelte dann zu meiner Verwunderung den Kopf.
„Ich bin untröstlich, kann das aber nicht gestatten, denn ich fürchte, es geht auch mich etwas an, was Sie zu sagen haben. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Ihre Geschichte etwas mit diesen Buch und mit Mr. McBride zu tun hat?“
Jetzt war ich verblüfft. „Eigentlich ja. Aber woher wissen Sie...?“
Er nahm mir vorsichtig das schwere Buch aus den Armen und legte es ehrfurchtsvoll auf einen Tisch. Ich hatte nichts dagegen, irgendwie wusste ich, dass er nicht wild darauf war, diesen Schatz in seinen Besitz zu bringen. Hoch aufgerichtet stand ich da und ließ meine Blicke von einem Mann zum anderen wandern. Was ging hier zwischen den beiden vor?
„Ich glaube, dass ich in diesem Fall zuvor eine Erklärung verlangen sollte, Professor. Mit welchen Recht mischen Sie sich in eine Privatangelegenheit?“
„Beruhige dich bitte, mein Kind“, versuchte mein Vater mich zu beschwichtigen. „Der Professor hat tatsächlich gute Gründe für seine Anwesenheit und seine Einmischung, wie du es nennst. Setz dich bitte, du wirst sofort eine Erklärung bekommen.“
Widerstrebend ließ ich mich in einen Sessel sinken.
„Ich bitte um Entschuldigung, dass ich Ihnen zugemutet habe, mit einem nicht sehr zuverlässigen jungen Mann zurechtzukommen“, erklärte Professor Hagen. „Leider habe ich zu dem Zeitpunkt, da Sie im Institut waren, nicht genügend darüber nachgedacht, dass Gordon McBride in erster Linie daran interessiert ist, andere Menschen für seine Zwecke zu nutzen. Allerdings hielt ich es für relativ unwichtig, den Text auf einem einfachen Pergament zu übersetzen, ich habe die Dringlichkeit der Angelegenheit einfach unterschätzt. Wie hätte auch jemand wissen können, dass sich daraus eine Angelegenheit von übergeordneten Bedeutung entwickeln könnte?“
„Woher wollen Sie überhaupt wissen, um was es geht?“, fragte ich einigermaßen verwirrt. „Nicht einmal mein Vater weiß bis jetzt, was geschehen ist.“
„Da irrst du dich, mein Kind. Ich habe dich aufmerksam beobachtet, und mir war recht schnell klar, dass du ein besonderes Erlebnis hattest, wie auch ich es schon hinter mich gebracht habe. Allerdings ist meine Begegnung offenbar etwas anders verlaufen als die deine. Ich besitze nun einmal nicht die Unternehmungslust, die dich auszeichnet, und der du offenbar nachgegeben hast. Ich kann doch wohl davon ausgehen, dass du Besuch von drei Gentleman hattest, die etwas – nun, sagen wir, ungewöhnlich sind?“
Ich nickte unwillkürlich mit dem Kopf. Woher wusste er davon?
Dad seufzte. „Dann war es vollkommen richtig, den Professor einzuweihen, denn hier handelt es sich um eine Sache von einiger Bedeutung, und die kann eigentlich keiner von uns allein lösen.“
„Ich glaube, ich verstehe hier immer noch etwas nicht so ganz“, klagte ich.
„Lady Jessica, ich musste Ihnen zu meinem Bedauern mitteilen, dass Mr. McBride grundsätzlich nur zu seinem eigenen Vorteil arbeitet. Er hat bereits einmal einen Zwischenfall verursacht, bei dem nur mit großer Überredungskunst und viel Glück vermieden werden konnte, dass es zu einem öffentlichen Skandal kam. Dennoch hielt ich das Ganze für einen bedauerlichen Fehltritt. Ich gab ihm eine erneute Chance, musste jedoch im Laufe der Zeit feststellen, dass er auch weiterhin von einem brennenden Ehrgeiz erfüllt ist, der es nicht zulässt, dass er sich anderen Menschen gegenüber loyal verhält. Ich will mich gerne persönlich der Sache annehmen, die Sie im Augenblick beschäftigt, bitte aber dringend darum, dass Mr. McBride von allem weiteren ausgeschlossen wird. In Ihrem eigenen Interesse.“
„Das ist eine schwerwiegende Behauptung, Professor. Können Sie Ihre Worte beweisen“, stieß ich hervor. Doch in meinem Innern wusste ich längst, dass er recht hatte, denn wenn ich das Verhalten von Gordon in Betracht zog, dann war er nur darauf aus gewesen, sich selbst in den Besitz des Buches zu bringen, um was auch immer damit anzustellen.
„Selbstverständlich kann ich meine Worte beweisen“, sagte James leise. „Allerdings würde ich es vorziehen, wenn Sie mir auch so glauben, um nicht noch einmal eine unangenehme Sache bei Lord Winterbottom anzusprechen.“
Halt, Moment mal, da war doch etwas gewesen. Ich konnte mich dunkel daran erinnern, dass es vor einiger Zeit einen Skandal gegeben hatte, der jedoch schnell unter den Tisch gekehrt worden war. Und Gordon war darin verwickelt gewesen? Dann sollte ich wirklich besser Abstand von ihm nehmen.
„Sehe ich das richtig...?“ Professor Hagen kam nicht dazu, seinen Satz weiter zu sprechen, denn nach einem kurzen Anklopfen kam Gordon herein, ohne eine Antwort abzuwarten. Er blieb dann aber wie angewurzelt stehen. Die verschiedensten Empfindungen zeigten sich auf seinem Gesicht, und auch der Professor blickte irritiert auf den jungen Mann. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass Gordon einfach so hier hereinplatzen würde.
„Oh, Professor, ich bin erstaunt. Sagten Sie nicht, dass diese Angelegenheit von untergeordneter Bedeutung sei?“ Spott klang aus der Stimme, und es hatte ganz und gar nicht den Anschein, als würde Gordon McBride seinem Vorgesetzten den notwendigen Respekt entgegenbringen. Eher so etwas wie Verachtung.
„Der Anschein trügt“, gab James Hagen kühl zurück. „Allerdings bin ich in der Lage, die Prioritäten entsprechend ihrer Wichtigkeit einzuordnen. Für das Erste war es genug, dass Sie sich darum gekümmert haben – wenn auch auf eine etwas unorthodoxe Weise, so wie ich den Zustand von Lady Jessica in Betracht ziehe. Nun habe ich aber die Zeit, um die Angelegenheit selbst zu übernehmen.“
Wut, Zorn, Enttäuschung und noch einiges mehr zeigten sich im Gesicht von Gordon, als er zwei Schritte voranging. Er ballte die Fäuste, und seine Augen funkelten.
„Ich habe es dir vorher gesagt“, erklärte er an mich gewandt mit rauer Stimme. „Als Assistent könnte ich die Existenz eines verschollenen Volkes beweisen, und Professor Hagen würde die Lorbeeren dafür einheimsen. Was habe ich jetzt davon, dass wir dieses Buch gefunden haben und dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen sind? Der feine Chef vom Ganzen kommt her, stellt sich