Seine Stimme bekam einen drohenden Unterton. "Worauf wollen Sie eigentlich hinaus, Mister..."
"Trevellian."
"Sparen Sie sich Ihre Andeutungen! Kommen Sie wieder, wenn Sie handfeste Beweise oder einen Haftbefehl haben! Aber verschonen Sie mich mit Ihren Fragen!"
"Wenn es Ihnen lieber ist, setzen wir unser Gespräch in unserem Hauptquartier in der Federal Plaza fort", sagte ich eisig.
Jordan gab die Blumenschere seinem Leibwächter und ging dann an uns vorbei ins Penthouse. Sein Masti folgte wie ein Schatten. Im Wohnzimmer ließ er sich in einen der protzigen Sessel fallen. "Ich habe nichts mit Gerrattis Tod zu tun", behauptete er dann. "Das ist es doch, was Ihnen im Kopf herumschwirrt, oder?"
"An unserer Stelle würden Sie das auch nicht für abwegig halten", sagte ich.
"Nur, weil er aus einem Vertrag herauswollte?"
"Der für Sie sehr vorteilhaft war, um es gelinde auszudrücken!"
"Das ist doch kein Motiv!"
"Es gibt Leute, die sagen, Sie hätten schon aus geringeren Anlässen, einen Menschen umbringen lassen..."
Jordans Gesicht wurde bleich. Ein harter Zug wurde jetzt um seine Mundwinkel herum bemerkbar. "Es reicht jetzt, Mister Trevellian. Bitte gehen Sie jetzt."
"Gerratti hatte Sie mit irgendetwas in der Hand, Jordan. Er hat Sie erpresst und vielleicht musste er deshalb sterben."
"Und? Was sollte das gewesen sein?"
"Sobald wir das wissen, sehen wir uns wieder, Mister Jordan. Und wir werden es herauskriegen, darauf können Sie sich verlassen!"
Mein Handy klingelte. Ich griff zum Apparat. Es war die Zentrale. Es gab interessante Neuigkeiten. "Komm Milo", sagte ich, nachdem ich den Apparat wieder zusammengeklappt und eingesteckt hatte.
14
Draußen vor dem Wohn-Tower, in dem Sly Jordan residierte, saßen zwei unserer Agenten in einem unscheinbaren Golf und warteten darauf, dass Jordan das Haus verließ. Egal, was er unternahm: Sofern es außerhalb seiner eigenen vier Wände stattfand, würden wir davon wissen.
"Du hast ihn ja ganz schön aufgescheucht", meinte Milo durchaus anerkennend, als wir in den Sportwagen einstiegen. Wir vermieden dabei jeden Blickkontakt mit unseren Kollegen.
Schließlich wussten wir nicht, wie viele Leute Sly Jordan in der Umgebung postiert hatte.
"Ich hoffe, es hat ausgereicht, um ihn etwas nervös werden zu lassen", meinte ich.
Unser Weg führte uns in die Städtische Leichenhalle.
Dort empfing uns Dr. Frank Arnold, der diensthabende Pathologe. Er führte uns zu der Leiche einer jungen Frau, die vor einer Woche aus dem Hudson gefischt worden war. Die Zentrale hatte uns hier her geschickt, denn der springende Punkt war, dass sie mit der Beretta getötet worden war, die wir bei dem Kerl mit der Micky Maus-Maske sichergestellt hatten. Der ballistische Bericht war eindeutig.
Dr. Arnold zog die Tote aus dem Kühlfach. Ein weißes Laken hatte man über ihren Körper gelegt. Der Pathologe zog es über dem Gesicht ein Stück zurück.
"Die Tote hieß Helen Lamarr, wie die Kollegen von der Homicide Squad ermittelt haben", erläuterte Arnold. "Ein Call-Girl der Edelklasse. Der Ort, an dem die Tat geschehen ist ist bis heute nicht ermittelt worden. Aber sie war mindestens schon einen Tag tot, als sie ins Wasser geworfen wurde. Der Schuss ging durch den Rücken ins Herz. Das Projektil blieb im Brustbein stecken."
Milo fragte: "Hat ein Kampf stattgefunden?"
"Nein. Der Schuss wurde aus nächster Nähe abgegeben. Und die Ermordete war bei der Tat an den Handgelenken gefesselt. Vermutlich mit Plastikhandschellen. Die Tote wurde in einen Plastiksack gesteckt, mit Steinen beschwert und dann in den Hudson geworfen."
"Wie kommt es, dass sie wieder aufgetaucht ist?", fragte ich.
"Schlamperei oder mangelnde Erfahrung, ganz wie man will. Im Plastiksack war ein Loch. Vermutlich haben sie die Steine einfach mit in den Sack getan, das war ein Fehler, weil sie dafür viel zu schwer waren. Sie haben den Sack zerrissen und die Leiche ist mitsamt dem Plastiksack schließlich wieder aufgetaucht und an Land gespült worden."
Eine halbe Stunde später statteten wir dem zuständigen Polizeirevier einen Besuch ab. Lieutenant Rivers hatte den Fall bearbeitet.
Er bat uns in sein Büro und bot uns eine Tasse des ziemlich dünnen Automatenkaffees an, den es hier gab.
"Um ehrlich zu sein, wir hatten keine große Hoffnungen mehr, den Fall aufklären zu können", erklärte er. "Nach Aussage einer Freundin wurde Helen Lamarr ins Hotel Brixton in der 74. Straße bestellt. Aber da verliert sich ihre Spur. Der Portier hat sie noch gesehen. Sie ist mit einem Mann mitgegangen. Offenbar haben sie keines der Zimmer in Anspruch genommen, sondern sind in den Wagen dieses Mannes gestiegen. Das ist das letzte, was wir von Helen Lamarr wissen."
15
Der Mann mit der Micky Maus-Maske hieß Vincent Spark. Er wohnte in einem der schlechteren Viertel Brooklyns und hatte eine Reihe von Vorstrafen aufzuweisen. Das meiste lag im Bereich Körperverletzung. Unser Vernehmungsspezialist Baker hatte sich ein paar Stunden mit ihm herumgeärgert und dabei mehr Worte mit seinem Anwalt gewechselt als mit dem Verdächtigen selbst. Spark und seine beiden Komplizen hatten offenbar strikte Order zu schweigen. Jordans Anwalt hatte ihnen sicher eingeredet, dass sie schnell auf Kaution wieder draußen sein würden. Da sie alle drei zur Zeit nicht auf Bewährung waren und jeder von ihnen einen festen Wohnsitz hatte, konnte die Rechnung sogar aufgehen. Natürlich würde das noch davon abhängen, wie die Staatsanwaltschaft die Schießerei einstufte, die die drei sich mit Milo und mir geliefert hatten. Versuchter Polizistenmord oder nur Widerstand gegen die Staatsgewalt. Aber jetzt, nachdem erwiesen war, dass Helen Lamarr durch eine Kugel aus Sparks Waffe gestorben war, wurde es eng für ihn. Sehr eng. Und vielleicht würde ihn die neue Situation etwas gesprächiger machen.
Und so ließ ich mich am frühen Abend noch in seine Gewahrsamszelle führen, nachdem Milo und ich zuvor noch dem Hotel Brixton einen Besuch abgestattet hatten. Wir hatten Sparks Bild etwas herumgezeigt. Der Portier erinnerte sich sehr gut an Spark. Seiner Aussage nach war er der Mann, der Helen Lamarr damals abgeholt hatte.
"Wissen Sie, dass das völlig reicht, um Sie wegen Mordes zu verurteilen?", fragte ich ihn.
Er sah mich mit ausdruckslosem Gesicht an.
Ich fuhr fort: "Es war Ihre Waffe und Sie waren zur Tatzeit am Tatort. Sie stecken bis zum Hals drin, Mister Spark. Sie sollten mit uns reden."
"Und worüber?"
"Warum Sie Helen Lamarr umgebracht haben zum Beispiel. Das wäre ein Anfang."
"Geben Sie sich keine Mühe."
"Warum solltet ihr drei McCall vermöbeln?"
"Hören Sie auf."
"Sie handelten im Auftrag von Sly Jordan, nicht wahr?"
"Gehen Sie oder ich kratze mir das Gesicht blutig und behaupte, dass Sie das waren!"
Ich ließ mich dadurch nicht beeindrucken. "Leute wie Sly Jordan können jede Schweinerei begehen und behalten saubere Finger dabei. Ärgert Sie das nicht, Mister Spark? Ärgert es Sie nicht, dass das an Ihnen hängenbleiben wird? Ziemlich ungerecht für meinen Geschmack. Aber wenn Sie daran was ändern wollen, dann müssen Sie etwas dafür tun!"
"Ich wusste nicht, dass man jetzt beim FBI in erster Linie Heilsarmisten und Weltverbesserer einstellt", erwiderte er gallig.
"Denken Sie darüber nach, was ich gesagt habe."
"Sie können mich mal, G-man!"
"Wissen Sie was: Das werden Ihre beiden Komplizen auch sagen, sobald sie die neue Lage kennen."