Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Короткие любовные романы
Год издания: 0
isbn: 9783745212594
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wurde die Gegend, in der sich die herrschaftlichen Villen der Obrigkeit befanden, verstärkt bewacht und jeder festgenommen, der nicht hierher gehörte, außerdem gab es überall hier Straßenbeleuchtung in der Form von Petroleumlampen, die regelmäßig gewartet wurden, doch ein unangenehmes Gefühl blieb dabei stets. Umso mehr natürlich würde sich Johann freuen, wenn seine Angebetete endlich auftauchen würde.

      Doch genau darauf wartete er diesmal vergebens.

      Er ließ noch viel mehr Zeit verstreichen, in der nicht enden wollenden Hoffnung, sie möge doch noch den Weg zu ihm finden, obwohl es ihm längst dämmerte, dass etwas Schlimmes dazwischen gekommen sein musste.

      Blieb noch die Frage: Was konnte denn so schlimm sein?

      War es vielleicht doch ein zu großes Risiko gewesen für eine so ansehnliche junge Hansefrau, nächtens sich allein auf die Straße zu wagen, ganz ohne jeglichen zusätzlichen Schutz? Viel zu weit weg möglicherweise von ihrem Haus, weil ihr Geliebter es nicht wagen konnte, näher heran zu kommen? Oder war sie nur unterwegs aufgehalten worden von übereifrigen Beschützern der Obrigkeit, die hier ständig patrouillierten?

      Aber das konnte doch nicht so lange dauern, denn Adele war doch jedem von ihnen bekannt?

      Was bliebe sonst noch zu bedenken, was ihr widerfahren sein könnte?

      Auf die einzig richtige Lösung kam er in dieser Nacht leider nie, solange diese noch andauerte, dass nämlich Margarethe Brinkmann ihre Hände im Spiel hatte. Er war nach wie vor überzeugt davon, vorsichtig genug gewesen zu sein, und nicht nur er allein, sondern auch seine überaus geliebte Adele.

      Adele!

      Er sah sie so leibhaftig vor seinem inneren Auge, wann immer er in Gedanken ihren Namen aussprach, dass er beinahe glauben mochte, sie wäre doch noch zu ihm gekommen, hätte doch noch den Weg gefunden.

      Ihr herzliches Lachen, das glückliche Strahlen ihrer Augen, wenn sie seiner ansichtig wurde... Doch er brauchte nur zu blinzeln, um diesen wunderschönen Traum platzen zu lassen wie eine Seifenblase und erneut der Tristheit anheim zu fallen, die mehr und mehr sein Gemüt eroberte.

      Adele, was ist dir widerfahren? Adele, ich liebe dich so sehr, aber ich weiß, dass auch du mich genauso sehr liebst. Wenn du nicht kommst, dann nicht aus eigenem Willen. Aber sage mir doch, was geschehen ist! Ich bitte dich darum! Was, Geliebte, hat dich aufgehalten?

      Erst als der Morgen bereits graute, um das Ende dieser langen Nacht anzukündigen, die eine gefühlte Ewigkeit angedauert hatte, wurde ihm allmählich klar, dass er umsonst gewartet hatte. Sein Herz war schwer wie Blei und seine Glieder nicht minder. Er hatte das Gefühl, eine schwere Last drücke ihn nieder, dass er es kaum schaffen würde, den Weg zurück nach Hause zu finden. Und doch musste er jetzt dorthin.

      Es war der Zeitpunkt, an dem ihm selbst zu dämmern begann, dass ihre Heimlichtuerei nicht mehr länger heimlich geblieben war. Irgendwie war es heraus gekommen. Er wusste zwar noch nicht wie, aber es war zu befürchten:

      Adele war aufgehalten worden, ja, sie hatte noch nicht einmal mehr Gelegenheit gehabt, ihm irgendwie noch eine Nachricht zukommen zu lassen, um ihn zu warnen.

      Und wie sah es bei ihm aus? Wurde er bereits von seinem erzürnten Vater bei der Heimkehr erwartet?

      Und Georg Wetken konnte überaus zornig sein. Er war für seinen Zorn sogar berüchtigt.

      Normalerweise bekam Johann als sein Lieblingssohn das kaum jemals zu spüren, doch wenn Georg Wetken erfahren haben sollte, dass sich sein Sohn heimlich mit einer waschechten Brinkmann verabredet hatte, würde sein Zorn grenzenlos sein und diesmal auch Johann mit aller Härte treffen.

      Davon jedenfalls musste der Spätheimkehrer zwingend ausgehen.

      Es war ihm dennoch egal in diesem Moment. Er hatte nur noch Sorge um Adele, seine geliebte Adele. Würde er sie jemals wiedersehen können? Jemals in diesem Leben?

      Doch niemand erwartete ihn bei seiner Heimkehr. Auch kein zorniger Vater. Er schlich sich daher ungesehen zurück in seine Gemächer und verharrte dort in vor Sorgen getriebener Rastlosigkeit bis zum Mittag, ehe etwas geschah.

      3

      Margarethe erschien an diesem Morgen im Schlafgemach ihres Ehegatten Hermann wie der Fleisch gewordene weibliche Rachegott. Aber so war sie immer, wenn sie überraschend bei ihm auftauchte. Und kein einziges Mal in den vergangenen letzten Jahren war dabei etwas Gutes herausgekommen.

      Es erschreckte ihn wie jedes Mal sehr, obwohl er um diese Zeit bereits wach war und nicht mehr im Bett lag.

      Was war denn dieses Mal ihr Anliegen – und das in aller Herrgotts Frühe?

      Auf die Beantwortung dieser Frage, die er sich insgeheim stellte, brauchte er allerdings nicht lange zu warten:

      „Es geht um Adele!“, sagte sie im sanften Ton, der absolut gar nicht zu ihrem herrischen Auftreten passte.

      Doch dann änderte sich auch dieses. Sie wurde wieder ganz zu der herzensguten Oma, die sie so gern spielte, um jeden zu täuschen, der ihr wahres Gesicht noch nicht kannte.

      Hermann kannte es. Er war schließlich lange genug mit Margarethe verheiratet, und er wusste schon sehr lange, dass sie das nur deshalb getan hatte, nämlich ihn zu ehelichen, um genau dorthin zu gelangen, wo sie heute war, nämlich ganz nah an der absoluten Spitze der Obrigkeit von Hamburg. Gleichsam wie eine nichtadelige Königin, die anstrebte, ihren Herrschaftsbereich immer weiter zu vergrößern, weil sie all diese Macht, die sie jetzt schon in Händen hielt, immer noch nicht für ausreichend empfand.

      Hermann war genauso lange schon müde geworden, irgendetwas zu tun oder auch nur zu sagen, was ihr nicht passte. Das hatte er in all den Jahren zwar durchaus schon versucht, aber an die unmittelbaren Folgen erinnerte er sich lieber nicht mehr.

      Er erhob sich halb aus seinem Lieblingssessel hinter dem wuchtigen Schreibtisch, der eigentlich gar nicht zum übrigen Ambiente seines ganz persönlichen Bereiches passte, aber den er halt dermaßen liebte, dass er ihn hier hatte aufstellen dürfen. Sogleich ließ er sich wieder zurücksinken und legte die Schreibfeder beiseite, mit der er gerade ein wichtiges Schreiben aufgesetzt hatte.

      Offiziell war er ja der Hansekaufmann und darüber hinaus sogar der Gildenführer. Und er nahm dies durchaus ernst, so lange Margarethe ihn ließ, und auch nur im Rahmen dessen, was sie ihm vorschrieb natürlich.

      Die Gilde hatte er selbst sogar gemeinsam mit anderen Hansehäusern gegründet. So die offizielle Version zumindest. In Wahrheit jedoch war dies alles das alleinige Verdienst seiner Frau Margarethe gewesen.

      Damals war er noch viel jünger gewesen und das, was man noch als schneidig hätte bezeichnen können. Inzwischen war aus dem schneidigen Kavalier von einst ein ziemlich alter und vor allem müder Mann geworden, der neben den Routinearbeiten, die Margarethe eher verschmähte, eigentlich nur noch tätig wurde, wenn Margarethe es gezielt von ihm verlangte.

      So wie dieses Mal wohl.

      „Adele?“, wunderte er sich.

      „Sie hat eine Liaison ausgerechnet mit diesem Johann Wetken. Wusstest du das?“, fragte sie so betont sanft, dass es schon eher bedrohlich in seinen Ohren klang.

      „Aber nein!“, beeilte er sich zu versichern. „Mit Johann Wetken?