Ortstermin. Uli Hoffmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uli Hoffmann
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783347064973
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nicht. Also erstochen?“

      „Ja, und gefunden am Denkmal für Otto Ruge.“

      „Spuren?“, fragte der erfahrene Ermittler beiläufig.

      „Kaum“, erwiderte Kjersti.

      „Und in welche Richtung ermittelt ihr?“

      „In alle!“, sagte die Kommissarin und lachte.

      „Ein Anhaltspunkt könnte sein, dass Lunde an einer Rüstungsgeschichte dran war.“

      „Soll ich mich mal umhören, Kjersti?“, fragte der alte Kommissar.

      „Gern, Øyvind. Vielleicht können wir noch mehr über Lundes journalistische Arbeit in den letzten Monaten herausfinden.“

      „Ich kenne jemanden in der Redaktion von Verdens Gang. Bei dem habe ich noch was gut“, sagte Øyvind süffisant.

      „Sagt dir der Name Brage Eggen etwas?“

      „Auch so’n Schreiberling, nicht wahr? Aber längst nicht von dem Kaliber wie Lunde. Der kriegte anfangs nur das, was ihm Lunde vom Braten übrig ließ.“

      „Aber der war doch mit Lunde befreundet, oder?“

      „Wohl eher mit dessen Frau!“ Øyvind verdrehte die Augen.

      „Schau an, ich hatte es im Gefühl!“, rief Kjersti.

      „Ich habe immer gewusst, dass du ein gehöriges Maß an Instinkt hast, um eine gute Polizistin zu sein. Heutzutage werden ja auch andere Eigenschaften gefragt: Umgang mit digitalen Möglichkeiten, Profiling und so weiter. Ich weiß nicht. Zum guten Polizeihandwerk gehören akribisches Arbeiten bis ins kleinste Detail und eben Instinkt. Lass dich also im Wirrwarr eines Falles nicht von irgendwelchen Nebelkerzen täuschen, die von allen Seiten geworfen werden können. Anderes Thema: Wie läufts eigentlich unter Ragnhild?“

      Kjersti wusste, dass der alte Haudegen Øyvind so seine Probleme mit weiblichen Vorgesetzten hatte.

      „Ganz gut. Sie ist bisweilen pedantisch, aber ich konnte bisher noch immer meine Handlungsspielräume nutzen.“

      „Sollen wir hier in der Nähe etwas trinken?“, schlug Løvland vor, als sie am Skulpturparken des Astrup Fearnley Museums angekommen waren.

      „Sehr gerne“, sagte Kjersti.

      „In Tjuvholmen gibt es ein schönes, kleines Café“, verkündete Øyvind und zeigte in die Richtung, in die sie zu gehen hatten.

      Sie fanden einen kleinen Tisch und Kjersti bestellte zwei große Cappuccini. Løvland schaute auf seine Uhr und stellte fest, dass es eigentlich schon Zeit für seine Happy Hour sei, blieb aber mit Rücksicht auf seine Begleiterin bei einem alkoholfreien Getränk.

      „Wie geht‘s Magnus und deiner kleinen Tochter?“, fragte Løvland, um das Thema zu wechseln.

      „Geht so. Lillian fragt ständig, wann ich mal mehr Zeit für sie hätte. Ich glaube, ich habe das alles unterschätzt, diese Art Job mit meiner Aufgabe als Mutter und Ehefrau zu vereinbaren. Magnus knurrt oft, weil er nicht die Zeit habe, um Ruhe sein Buch zu vollenden.“

      „Ja, das ist eine Herausforderung, die mich auch gefordert hat. Meine Frau hat richtig gelitten wegen meines Jobs. Vielleicht ist sie gerade deshalb krank geworden.“

      Der große Øyvind Løvland hatte plötzlich Tränen in den Augen.

      „Eine sehr spezielle Frage, Øyvind: Könnte der Fundort der Leiche am Ruge-Denkmal eine Bedeutung haben. Es war ein bizarres Bild, wie Lunde dem General praktisch zu Füßen lag.“

      „Das kann ich so nicht beantworten, Kjersti. Weißt du was? Wir treffen uns morgen Mittag dort im Grev Wedels Park. Anschließend lade ich dich auf einen kleinen Imbiss ein.“

      „Prima, ich danke dir, mein Lehrmeister. Du würdest mir sehr helfen.“

      Kjersti bezahlte, sie verließen das Café und verabschiedeten sich. Der ehemalige Kommissar ging zu seiner Wohnung in Tjuvholmen, die aktuelle in Richtung Parkhaus.

      Währenddessen rief eine junge Polizeikollegin bei Ragnhild Eikemo an und bat um einen dringenden Gesprächstermin mit ihr und Kjersti am nächsten Morgen.

       8

      Als Kjersti am nächsten Morgen über den Flur ging, bemerkte sie die junge Kollegin sofort, die vor ihrem Büro wartete. Anders war bereits anwesend.

      „Hei, Margrit!“, rief Kjersti ihr entgegen.

      „Hei, Kjersti! Hast du einen Moment Zeit für mich?“

      „Klar!“, antwortete die Kommissarin. „Komm rein! Was hast du für mich?“

      „Ich habe den Trubel gestern mitgekriegt und möchte euch einen Hinweis geben.“

      „Wie schön, dass es auch sozusagen firmeninterne Hinweise gibt“, sagte Kjersti und lachte.

      Hellhörig wurde ich, als ich den Namen des Opfers hörte.“

      „Kanntest du Per Lunde?“, fragte die Kommissarin.

      „Natürlich. Im Rahmen meiner Pressearbeit habe ich schon ein paar Mal mit ihm zu tun gehabt.“

      „Und was kannst du mir über Per erzählen?“

      „Er begegnete mir während des Studiums an der Hochschule für Journalismus. Also nicht direkt. Wir haben einige seiner Reportagen analysiert. Ehrlich gesagt: Diese Art von Journalismus ist nicht meine. Enthüllungen, Klatsch und Tratsch, im Dreck wühlen also.“

      In diesem Augenblick kam Freija Jacobsen herein.

      „Ohne von der jungen Kollegin Notiz zu nehmen, legte sie los:

      „Endlich wissen wir, mit wem Per Lunde in den Stunden vor seiner Ermordung telefoniert hat: Fünfmal mit derselben Handynummer, sie gehört zum Anschluss von Brage Eggen.“

      In diesem Augenblick rief Margrit Haavik: „Brage? Dessentwegen bin ich ja hier, Kjersti! Über den könnte ich dir was erzählen. Mit Brage Eggen war ich mal zusammen, vor meiner Zeit hier bei der Polizei.“

      „Wir haben gestern mit ihm gesprochen. Was sollten wir wissen?“

      Margrit berichtete von ihrer Beziehung und darüber, dass sie sich von ihm getrennt hatte, als Brage sich immer mehr zu einem Sensationsreporter entwickelte.

      „Für mich war Schluss, als er zum skrupellosen und karrieregeilen Enthüllungsjournalisten wurde. Das Duo Lunde/Eggen war anfangs ein überaus erfolgreiches Gespann. Später drängte sich Eggen mehr und mehr in den Vordergrund und schnappte zuletzt wohl Per so manche lukrative Story vor der Nase weg. Und dann kam auch noch Pia, Lundes Ehefrau, ins Spiel.“

      „Wie meinst du das, Margrit?“, wollte Kjersti wissen.

      „Brage und Pia sind ein Paar!“

      „Nein!“

      „Allerdings, Kjersti. In Journalistenkreisen gab es schon länger das Gerücht, bis Per es im Suff einmal ausgeplaudert hat. Die Sache hat ihn wohl heftig mitgenommen.“

      „Ich danke dir, Margrit, dass du uns das erzählt hast. Das wirft ein anderes Licht auf die Sache, denke ich.“

      „Aber gerne doch, ich dachte, ich leiste mal Amtshilfe. Kann ja nicht schaden.“

      Beim letzten Satz dachte Kjersti an die Position der jungen Kollegin, deren Amtsbezeichnung Politibejent lautete und die sicherlich konkrete Vorstellungen von ihrer künftigen Karriere hatte.

      „Nochmals großes Lob, Margrit. Alles Gute und einen schönen Tag!“

      Margrit verließ das Büro der Leiterin der Ermittlungen im Mordfall Lunde, als im selben Moment Erland und Ragnhild eintraten.

      „Wir müssen Brage Egge noch einmal auf den Zahn fühlen. Dazu brauchen wir einen Durchsuchungsbeschluss,