„Klar, Chef, alles in Butter.“ Biko grinste seinen Freund an. „Das ist alles sozusagen idiotensicher – da kann nun wirklich nix schiefgehen. Unsere Tour ist ja diesmal auch irgendwie baby-leicht. Du weißt doch, sonst waren immer Erwachsene als Aufsichtspersonen mit dabei. In diesem Herbst: Pustekuchen. Nie-mand hat sich angesagt, wir sollen mal hübsch selbst zurecht-kommen.“
„Richtig“, entgegnete Pieter. „Umso wichtiger ist, dass es wie am Schnürchen funktioniert. Und nun weiter im Text: Ihr alle wisst ja inzwischen, dass wir auf unserem Ausflug einen weitge-reisten Gast dabei haben. Tim ist hier zu Besuch aus dem fernen Deutschland und möchte heute die Pflanzenwelt im Hochland unserer schönen Drachenberge erkunden und – wenn möglich – ein paar besonders schöne Exemplare in der Botanisiertrommel einsammeln. Natürlich kann er dazu hier nicht alleine herumlau-fen, er würde sich gewiss verirren. Also, so habe ich mir über-legt, bilden wir zu seiner Begleitung aus ein paar Pfadfindern eine zweite, kleinere Wandergruppe. Dieser werden Samanta, Malusi sowie die Zwillingsschwestern Anele und Mandisa an-gehören. Und ich selbst natürlich auch.
Unser Team folgt zunächst dem Lauf des kleinen Flusses, der hier den Wasserfall bildet. An seinem Ufer gibt es einige feuchte und sumpfige Auen, was selten bei uns in Südafrika ist. Auf diesen Wiesen wachsen viele schöne Blumen und andere bemer-kenswerte Pflanzen.
Tim, schau‘ dir alles an. Wenn du Fragen hast, vielleicht kann ich dir sogar weiterhelfen. Aber, ich sag’s dir gleich, ein Experte bin ich auf diesem Gebiet natürlich nicht. Wenn wir was nicht wissen, reißen wir die Pflanze natürlich nicht aus, sondern ma-chen lieber mit meinem Handy ein paar Fotos und fragen dann später meinen Biolehrer. Der kennt sich natürlich prima mit un-seren einheimischen Pflanzen aus, mit dem kannst du dann so-zusagen fachsimpeln.
Später geht’s dann auch für unsere kleine Gruppe weiter zum Falkenberg, damit wir ebenfalls pünktlich um eins dort sind. Das dürfte kein Problem sein, denn ich kenn‘ mich hier ganz prima aus. Mit meinem Papa war ich in den letzten Jahren öfter in die-ser Gegend, meistens am Fluss zum Angeln.
So, das wär’s erst mal“, schloss Pieter. „Jeder hängt sich den Rucksack um, geht zu seiner Gruppe und dann ab durch die Mitte.“
Froh, dass es endlich begann, machten sich die Pfadfinder auf die Strümpfe.
Die Hauptgruppe, Biko mit dem lustig im Wind an einer lan-gen Stange flatternden Pfadfinderwimpel vornweg, bog in den schattigen Waldweg, der hier seinen Anfang nahm, ein. Bald verschwanden sie hinter einer Wegbiegung. Aber das fröhliche Lachen und Singen der Kinder war noch eine ganze Weile zu hören.
Wird schon schiefgehen, dachte Pieter. Er selbst wanderte mit seinen fünf Getreuen einen schmalen Weg durchs hohe Gras am Flusslauf entlang. Es war ein sehr schöner Oktobertag. Aus ei-nem hohen und wolkenlosen Himmel sangen die Vögel. Kaum ein Lüftchen ging.
Weniger schön fühlten sich da schon Tims nasse Fuchsfüße an, die er nach einer Weile in seinen Halbschuhen bekam. Die Pfadfinder mit ihren hohen, festen Wanderstiefeln waren da beim Marsch auf dem matschigen Pfad deutlich besser dran.
Ohne zu reden folgte die Gruppe, einer hinter dem anderen, dem Büffeljungen. „Wollt ihr alle eigentlich Schweigemönche werden?“, fragte Pieter plötzlich in die aufkommende Stille hin-ein. „Und richtig miteinander bekannt gemacht habt ihr euch wohl auch noch nicht?“, ergänzte er.
„Tim quietscht.“ Anele, das 12-jährige Antilopenmädchen, zwinkerte ihrer Zwillingsschwester zu.
„Ein quietschender Fuchs“, Mandisa kicherte, „das hat die Welt noch nicht gesehen. Vielleicht rostet er hier am feuchten Flussufer?“
Die Mädchen konnten sich recht gut mit Tim verständigen. „No problem!“, sozusagen.
„Jungs rosten nicht“, sagte eingeschnappt der Fuchs. „Das sind bloß meine nassen Schuhe, die quietschen. Genau besehen, nur der linke, der hat ein kleines Loch in der Sohle. Da läuft bei jedem Schritt Wasser rein und quietscht beim Auftreten wieder raus.“
„Unser Kleiner ist ja behängt wie ein Tannenbaum in Deutschland zum Weihnachtsfest“, bemerkte Mandisa etwas schnippisch. „Auf dem Rücken der Rucksack, vorne die Botani-siertrommel und das merkwürdige Medaillon, wahrscheinlich mit einem Bildchen von der Mama oder der Omi drin.“
„Was wisst ihr hier schon von Weihnachten?“, maulte Tim. „Und das um den Hals ist auch kein Medaillon, sondern bloß meine Uhr. Die hab‘ ich erst im April von meinen Eltern zum Geburtstag bekommen, und die hat mir bis jetzt schon viele gute Dienste erwiesen. Aber ‚behängt‘ stimmt schon, ich kann mich ja hier zu Tode schleppen“, jammerte das Füchslein und gefiel sich als Drama-Queen, oder richtiger gesagt als Drama-King.
„Jetzt halt aber mal die Luft an“, meldete sich Malusi. Das Zebra in der Gruppe hatte bisher noch kein Wort gesagt. „Weih-nachten wird hier in Südafrika natürlich auch gefeiert. Es ist für viele ein Familienfest, bei dem sie Verwandte besuchen oder einladen. Andere stellen wie in Deutschland in den Wochen vor Weihnachten einen Tannenbaum auf und feiern am 25. Dezem-ber ‚Christmas‘. Es gibt als Weihnachtsessen Fisch vom Grill, Salate und Gemüse und zum Nachtisch unser berühmtes Dessert ‚Fruit Mince Pie‘. Das sind kleine Gebäckstücke, gefüllt mit sü-ßen getrockneten Früchten. Die schmecken wirklich prima.
Wenn du unser Land mal zur Weihnachtszeit besuchen solltest, musst du die unbedingt probieren. Womit wir dann allerdings nicht dienen können, sind Eis und Schnee. Im Dezember ist hier nämlich afrikanischer Hochsommer. Die Leute feiern im Garten und man kann zum Baden an den Strand oder ins Schwimmbad gehen.
Komm her, deinen Rucksack kann ich mit tragen“, setzte der stämmige Zebra-Boy seine Rede fort. „Aber bitte keine blöden Witze über karierte Rucksäcke und Zebrastreifen, sonst kracht es!“
„Nein, nein, wie werd‘ ich denn“, erwiderte das Füchslein, froh, den schweren Ballast loszuwerden.
„Dann ist es ja gut“, sagte Malusi und hängte sich mit Schwung Tims Rucksack neben seinem eigenen auf den Rücken. Damit sah er nun irgendwie ein bisschen wie ein zu klein gera-tenes Kamel mit zwei merkwürdig gemusterten Höckern aus.
Der Rotfuchs blies die Backen auf und guckte ganz schnell anderswo hin. Jetzt vor Lachen laut loszuprusten wäre ohne Zweifel völlig das Falsche gewesen!
Weiter führte der Weg die kleine Wandergruppe am Fluss entlang.
Pieter und Samanta marschierten vorneweg. Auch ohne ihr Lieblingskleid, ihr wisst schon, das rotgepunktete vom Flug, schaute das Gazellenmädchen ganz entzückend aus. Manche Leute sehen eben auch in Uniform gut aus, manche sogar in ei-nem Lumpensack.
Pieter bemerkte davon natürlich nichts.
Die ein wenig verliebte Kleine hatte Mut gefasst und bom-bardierte den Jungen regelrecht mit allen möglichen Fragen zum Ausflug.
Doch der Pfadfinder-Chef antwortete Samanta nur zerstreut und konzentrierte sich auf den matschigen Pfad, der inzwischen im hohen Gras kaum noch