DAS SCHLOSS DES VAMPIRS. Eric Borna. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eric Borna
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783749735525
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guckte er die ältliche Giraffendame ganz lieb an und log, dass sich die Balken bogen: „Wissen Sie, meine Uroma wohnt dort in der Hauptstadt Pretoria. Oma Sieglinde ist schon etwas krank und möchte uns unbedingt schnellstmöglich sehen. Leider, leider ist meine Mama ebenfalls krank. Sie hat schlim-men Schnupfen und hustet viel. Papa muss sich natürlich um sie kümmern und kann auch nicht weg. So haben die beiden mich gebeten, hinzufahren.“

      „Hm“, machte Frau Brimborius, die sehr gutgläubig war.

      „Da hast du großes Glück, noch heute Nachmittag, 16 Uhr, hebt von unserem neuerbauten Flugplatz das Linienflugzeug nach Pretoria ab. Wenn du dich beeilst, schaffst du es noch in diesen Flieger. Aber“, sagte sie weiter, „hast du überhaupt Geld für ein Ticket?“

      Nun war der Fuchs doch heilfroh, dass er mit seinem alten Opa reichlich Matheübungen und anderen Schulkram gemacht hatte. Zwei Euro erhielt er vom ihm, wenn eine Aufgabe beson-ders gut erledigt war. Eigentlich brauchte Tim normalerweise gar kein Geld. Aber um dem Alten eine Freude zu machen, sammelte er die Geldstücke in einem Beutelchen. Glücklicher-weise hatte er dieses – es war mittlerweile schon recht prall ge-füllt – jetzt sogar dabei. Er gab den Geldsack Frau Brimborius.

      Die zählte lange nach und meinte schließlich: „ Reicht, es sind sogar noch ein paar Euro Reisegeld für dich übrig! Wenn du willst, kann ich dir hier sogar schon das Flugticket ausdrucken, dann geht es nachher am Flugplatz umso schneller. Möchtest du am Fenster, am Gang oder auf einem Mittelplatz sitzen?“

      Weil man da das Wolkenmeer so schön von oben sehen kann, war ein Fensterplatz im Flugzeug natürlich Ehrensache für einen Fuchs wie unseren. Stolz nahm Tim also sein Ticket in Empfang: Reihe 21, Platz A. Dann stopfte er den Flugschein zusammen mit dem restlichen Geld in seinen grüngelb karierten Rucksack.

      „Vielen Dank, Frau Brimborius“, sagte unser Reisender, „Danke schön und Tschüss.“

      Die Tür des Reisebüros klappte zu; weg war das Füchslein, denn es hatte es plötzlich sehr eilig. 16 Uhr war seine Abflugzeit nach Pretoria. „Hm, wie spät ist es jetzt eigentlich?“, überlegte Tim. Er schaute auf die kleine bunte Umhängeuhr, ein Geschenk von seinen Eltern zum elften Geburtstag, die um seinen nicht sehr sauberen Hals baumelte. Fast 13 Uhr, also nur noch etwa drei Stunden bis zum Start, und dabei musste im Flughafenge-bäude noch die ganze Check-in-Prozedur erledigt werden!

      Tim sauste zur nahegelegenen Haltestelle der Regionalbahn. Er kramte zwei Euro aus seiner Geldbörse und löste am Auto-maten ein Ticket zum Flughafen. „Das mit dem Fahrschein und dem Automaten hat ja auf Anhieb prima geklappt! Besser als gedacht“, gratulierte sich der Fuchsjunge im Stillen.

      Er schaute auf einen dicklichen Hammel mit gelber Jacke und schwarzer Hornbrille, der soeben die Haltestelle erreicht hatte und nun am Fahrscheinautomaten herumwurstelte. Die einge-worfenen Münzen fielen klimpernd immer wieder heraus. Ein Ticket dagegen wollte nicht erscheinen. Der Herr wurde immer wütender und schlug schließlich laut schimpfend gegen den widerspenstigen Blechkasten. Als das auch nicht half, vergaß der Hammel seine gute Erziehung vollends und verpasste dem Au-tomaten einen derben Tritt. „Rums“, tönte es an der Haltestelle; eine Fahrkarte kam allerdings immer noch nicht zum Vorschein.

      Tim wollte helfen, aber da fuhr schon ratternd der Regional-zug zum Flughafen ein. Das Füchslein setzte sich in den dritten Wagen. Die Räder quietschten laut, die Bahn fuhr an, und Tim begann die Haltestationen zu zählen. An der fünften musste er raus, das hatte er sich noch schnell an der Haltestelle am Stre-ckenplan eingeprägt. Oder war „Flughafen“ doch erst der sechs-te Stopp? „Nein, nein“, dachte der Fuchs und war sich seiner Sache plötzlich wieder sehr sicher. „Fünfte Haltestelle ausstei-gen, so und nicht anders ist es richtig.“

      An der fünften Station verließ Tim den Zug. Dabei musste er sich zwischen den Leuten im Gang hindurchzwängen und kam gerade noch, bevor sich die Bahn wieder in Bewegung setzte, zur Abteiltür heraus. Der Zug ruckelte davon und Tim wehte ein recht frischer Wind um die Nase. Er schaute sich um und sah erst einmal, äh: Nichts. Jedenfalls nichts von dem, was der Junge hier erwartet hatte. Verlassen stand er auf einem staubigen Bahnsteig. Außer ihm war weit und breit niemand und keine Spur vom Flughafen zu entdecken.

      Oder doch?

      Weit in der Ferne sah Tim flache Gebäude hinter einem lang-gestreckten Zaun. Dazu noch den Tower und, wenn er mit halb zugekniffenen Augen ganz genau hinsah, konnte er sogar – win-zig klein – Flugzeuge erkennen.

      „Mist, also doch zu früh aus dem Zug ausgestiegen“, schimpfte unser Reisender. „Das nützt nun alles nichts“, dachte er, nahm die Beine in die Hand und flitzte, so schnell er konnte, querfeldein Richtung Flugplatz.

      Zwanzig Minuten später stand Tim schnaufend wie eine alte Dampflokomotive vor dem Zaun, der das gesamte Flugplatzge-lände umgab. Wie nun weiter? Das war hier jetzt die große Fra-ge.

      „Wenn es ganz dick kommt, ein Fuchs gräbt sich immer durch“, erinnerte sich Tim an einen oft gehörten Ausspruch sei-nes Papas.

      Gedacht, getan! Der verhinderte Flugpassagier schmiss seinen Rucksack mit Schwung über den Zaun und fing an zu buddeln. Fuchs ist Fuchs! Die weiche Erde flog im hohen Bogen davon und bereits nach wenigen Minuten öffnete sich direkt hinter dem Zaun der Boden. Geschafft! Wie ein schmutziger roter Erd-geist tauchte Tim aus dem entstandenen Loch auf.

      Plötzlich heulte eine Sirene los und eine Lautsprecherstimme ertönte: „Sie sind eine Gefahr für den Flugverkehr! Sofort stehen bleiben, Sie werden verhaftet!“

      Dem Fuchskind rutschte sozusagen das Herz in die Hose. Es blieb stehen und sah sich um.

      Polizisten, große Hunde in dunkelblauen Uniformen, kamen angelaufen und umringten Tim.

      „Was soll denn das, willst du vielleicht von einem startenden oder landenden Flugzeug überfahren werden?“, wurde er streng gefragt.

      „Ich, ich bibibibin doch bloß der Timi, Passagier des Fluges nach Südafrika und muss dringend zum Check-in.“ Mit zittern-den Händen reichte er den Polizisten seinen Flugschein.

      „Na, das scheint ja zu stimmen“, sagte einer der Wachleute in schon freundlicherem Ton. „Und besonders gefährlich siehst du mit deinem Rucksack ja ehrlich gesagt auch nicht aus. Aber bitte merke dir ein für allemal: Im gesamten Flughafengelände dürfen die Passagiere nicht alleine herumlaufen, sonst kann ein Un-glück geschehen!“

      Tim fuhr noch nachträglich der Schreck in die Glieder und er entschuldigte sich vielmals bei den Wachleuten.

      „Und nun ab mit dir, sonst verpasst du wirklich noch deinen Flieger“, knurrte der Chef der Wachmannschaft zum Abschied den Jungfuchs an. Dann wurde Tim in einem offenen Gelände-wagen der Flughafenpolizei zur Abfertigungshalle gefahren.

      Am Check-in-Schalter für den Flug 100 der bekannten Flug-gesellschaft „Fugena Airdraken“ nach Südafrika hatten sich schon viele Passagiere angestellt. Da war eine große Gruppe von Urlaubern, schwitzende Geschäftsleute in Anzügen und mit Schlips sowie eine beträchtliche Anzahl aller möglichen Reisen-den, die aus den unterschiedlichsten Gründen nach Südafrika wollten.

      Tim, der gerade noch rechtzeitig angekommen war, mar-schierte seitlich an der gefährlich aussehenden bunten Passagier-Schlange vorbei Richtung Abfertigungsschalter.

      „Hinten anstellen!“, blaffte ihn eine dickliche Nilpferddame an.

      „Tschuldigung“, erwiderte der Fuchs und wackelte ganz ans Ende der übel langen Warteschlange zurück. Dort stellte er sei-nen Rucksack auf den Fußboden und schob ihn, wenn die Reihe vorrückte, einfach mit dem Fuß weiter.

      „Willst du mit diesem Prachtstück die Fliesen wischen“, wurde er schon wieder angemeckert. „Häng‘ ihn dir um, wie sich das gehört, Kleiner“, rief jemand laut.

      Den Rucksack, der mit jeder Minute schwerer wurde, auf dem Rücken, kam unser Füchslein schließlich vorn am Schalter an. Dort ging aber erstaunlicherweise alles ganz problemlos ab. Tim, der ja sein Flugticket schon hatte und auch keinen Koffer aufgeben musste, konnte gleich weiterlaufen. „Dein