DAS SCHLOSS DES VAMPIRS. Eric Borna. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eric Borna
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783749735525
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hinsetzen, da vorne geht es sozusagen momentan nicht.“

      Die Gazelle blickte kurz von ihrem Computerspiel auf und hob den Kopf: „Hm.“ Das konnte nun alles Mögliche bedeuten. Für Tim war es ein klares „JA“, und so rutschte er fix auf den Platz neben der Kleinen, die am Fenster saß. Der Gangplatz in dieser Sitzreihe war ebenfalls noch frei, auf dem landete Tims Rucksack.

      Schließlich mussten alle Passagiere ihre Anschnallgurte um den Bauch schließen. Eine Flugbegleiterin zeigte für den Notfall den Gebrauch der Rettungswesten und Sauerstoffmasken. Dann wies sie noch mit Worten und Handzeichen auf die Lage der Notausgänge im Flugzeug hin. Falls wirklich mal eine Gefahr im Flugzeug auftreten sollte, musste sich natürlich jeder gleich zu-rechtfinden!

      Der Fuchs wusste zwar ganz genau, dass Flugzeugunglücke glücklicherweise nur sehr, sehr selten vorkamen – ein bisschen mulmig wurde ihm nun aber doch zumute. Die Stewardess kon-trollierte bei jedem Fluggast, ob er seinen Sitzgurt auch wirklich geschlossen hatte, und knallte mit Schwung noch einige offene Handgepäck-Ablagefächer zu. Tims Sitznachbarin musste ihre Spielkonsole ausschalten. Der Gebrauch von Handys und Com-putern ist während des Startes und der Landung eines Flug-zeugs streng verboten. Diese Geräte können nämlich sonst die Funktion der Flugzeugcomputer stören.

      Schließlich hörte man durch den Bordlautsprecher: „Boarding completed, flight attendants…“, genau konnte Tim das leider nicht verstehen. Er merkte aber, dass es nun mit dem Start lang-sam Ernst wurde. Schneller Blick auf seine Umhängeuhr: Schon zehn Minuten nach um vier, es konnte nun wirklich losgehen, genauer gesagt: „losfliegen“. Wie auf Kommando machten die Triebwerke etwas Krach und das riesige Flugzeug setzte sich langsam in Bewegung. Gleich einem zu großen Auto rollte es über das Flughafengelände und fuhr mehrere Kurven. Der Fuchs machte einen langen Hals und guckte am Kopf der Gazel-le vorbei aus dem kleinen viereckigen Fenster mit dem dicken Glas ins Freie. So konnte er sehen, dass ihr Flugzeug gerade auf die lange Start- und Landebahn einbog.

      „Jetzt geht es ab durch die Lüfte“, sagte das Mädchen neben ihm. „Übrigens, ich heiße Samanta, und wer bist du?“

      Mit leicht schaukelnden Flügeln blieb das Flugzeug noch ei-nen Moment auf der Startbahn stehen. Dann heulten die Trieb-werke auf und die Boeing 737 raste immer schneller über die Betonpiste. Tim wurde etwas in den Sitz gepresst, aber eigent-lich hatte er gar keine richtige Angst. Jedenfalls noch nicht!

      An diesem bewölkten Herbsttag wehte auf dem Flugplatz ein recht frischer Wind. Es war fast schon ein Sturm. Kurz vor dem Ende der Startbahn zog der Pilot am Steuerhorn. Mit hoch-gezogener Nase hob das Flugzeug vom Boden ab. Gleich wurde es von einer Windböe gepackt und machte einen Satz in die Luft. Im Bauch des Fuchses hüpfte der Magen ebenfalls in die Höhe. Schlagartig wurde es Tim übel und alle Farbe, soweit das bei einem Fuchs möglich ist, wich aus seinem Gesicht.

      „Du siehst aber käsig um die Nase aus“, hörte er neben sich die Gazelle kichern. „Bist nichts Gutes gewöhnt, was? Wohl noch nie geflogen? Brauchst du vielleicht sogar eine Tüte?“

      Der Wind hatte sich etwas gelegt und das Flugzeug setzte seinen Steigflug nun ruhig und ohne große Hopser fort. Gleich ging es unserem Flugreisenden deutlich besser! „Nö“, sagte er. „Übrigens, um deine Frage von vorhin zu beantworten, ich bin der Tim und fliege zu meiner Oma nach Pretoria.“

      „Hö, Hö“, machte die Gazelle und zwinkerte allerliebst mit den Augen. „Der Tim also, und er fliegt ganz alleine zu Omi. Das kannst du sozusagen deiner Oma erzählen“, bemerkte Sa-manta schlau.

      „Glaub‘s oder glaub’s nicht.“ Der Fuchs war ein wenig einge-schnappt, und mit der Wahrheit konnte er hier ja wohl schlecht kommen.

      „Ist schon gut“, besänftigte das Mädchen, „was soll’s – ich glaub dir schon. Übrigens, irgendwie riecht es hier etwas streng. Kann es sein, dass der Geruch aus deinem Rucksack kommt? Sind da vielleicht alte Socken oder Schuhe drin?“

      Es war nicht zu leugnen, Tims grüngelb karierter Reisebeglei-ter müffelte merkwürdig vor sich hin. Flink löste die Gazelle ihren Anschnallgurt, beugte sich seitlich über Tim zum Gang-platz und schnappte mit einer Bewegung den Rucksack. „Darf ich mal reingucken?“, fragte sie und hatte die Schnallen schon halb geöffnet. „Du meine Güte“, entfuhr es ihr nach einem kur-zen Blick in die Tiefe des Rucksacks. „Frischer Knoblauch, eine wunderschöne prall gefüllte Packung Knobi-Pulver ‚Knobeletto 10-fach‘ –, olle Löffel, eine uralte, schrottreife Spielzeugarmbrust und noch anderer Krimskram, ich bin erschüttert“, sagte das Mädchen. „Na ja, wenigstens sind Waschzeug und Unterwäsche nicht vergessen worden. Und die Ernährung hast du wohl auf Zuckerkram und Schokolade umgestellt?“ Fröhlich lachend hielt die Kleine zwei in rot-weiße Alufolie eingewickelte Überra-schungseier und eine Großpackung Gummibärchen in die Höhe.

      „Und du bist ganz schön frech, so einfach mein Gepäck zu öffnen“, entgegnete der Fuchs, aber er war der Gazelle nicht wirklich böse. Und irgendwie hatte er keine Lust auf weitere Schwindeleien von der Oma und vom „Knobi-Snack“ für zwi-schendurch.

      Mittlerweile lag das Flugzeug ganz gerade und ruhig in der Luft. Die beleuchteten Anschnallzeichen über den Sitzplätzen erloschen. Durch die Bordlautsprecher ertönte eine Durchsage aus dem Cockpit: „Hier spricht Ihr Pilot, Flugkapitän Fred Gän-serich. Wir haben unsere Reiseflughöhe von fast zwölf Kilome-tern über dem Erdboden erreicht und befinden uns auf dem Weg nach Südafrika. Die Geschwindigkeit beträgt 800 Kilometer pro Stunde. Bald werden wir die deutsche Grenze überfliegen. Dann kommen Österreich und Italien. Schließlich geht es im Direktflug weiter über das Mittelmeer und verschiedene afrika-nische Länder nach Südafrika. Die gesamte Flugstrecke beträgt etwa 9000 Kilometer, unsere Flugzeit hat der Bordcomputer mit zehn Stunden und 45 Minuten berechnet. Somit werden wir nach deutscher Zeit in der Nacht gegen drei Uhr auf dem Flug-hafen Wonderboom in Pretoria landen. Allerdings hat Südafrika zu Deutschland einen Zeitunterschied von plus einer Stunde. Das heißt, wenn es in Deutschland 3.00 Uhr ist, ist es in Südafrika schon 4.00 Uhr. Sie müssen also vor dem Aussteigen Ihre Uh-ren eine Stunde vorstellen. Übrigens ist es hier im Oktober mit tagsüber bis zu 23 °C wärmer als bei uns zu Hause und es regnet auch nicht oft. Die dicken Jacken und Regenschirme können Sie nach der Ankunft also erst mal ganz unten im Koffer verstauen. Wir werden Ihnen jetzt ein warmes Essen servieren, im An-schluss daran wird auf den Fernsehbildschirmen über Ihren Köpfen ein spannender Film gezeigt. Dann können Sie bis zur Landung etwas schlafen. Ich wünsche Ihnen im Namen der ge-samten Besatzung einen recht angenehmen Flug.“ Es knackte noch kurz im Lautsprecher, dann verstummte die Pilotenstim-me.

      „Puh, Kapitän Gänserich“, sagte Tim zu seiner Reisebekannt-schaft auf dem Fensterplatz und sein Magen machte gleich noch mal einen Hopser wie beim Start des Flugzeugs. Der Fuchs hätte natürlich selbst sehr gerne am Fenster gesessen, aber so war es ihm letztlich auch ganz recht. Er lehnte sich zur Gazelle hinüber, blickte hinaus auf die geschlossene, blendend weiße Wolkende-cke weit unter ihrer Boeing und blinzelte in die Sonne.

      „Die scheint hier oben immer“, hörte er die Stimme des Mäd-chens; „ich bin schon öfter geflogen. Immer mit Mama und Papa, hin und her. Wir haben nämlich Verwandte in Deutschland, bei denen machen wir Urlaub, und sie besuchen uns gelegentlich in Südafrika. Übrigens kann ich dadurch ganz gut Deutsch spre-chen. Aber das weißt du ja inzwischen schon.“

      Der Fuchs erhob sich von seinem Platz. „Jetzt muss ich aber wirklich noch mal ganz dringend aufs Klo“, sagte er zu Samanta.

      Das Flugzeug wackelte ein wenig in der Luft. Tim schlängelte sich an Essenwagen und Stewardess vorbei, den schmalen Gang entlang zur Toilettenkabine. So konnte er sehen, wie gerade drei Stewardessen laut gackernd die eingeklemmte Frau Nilpferd aus ihrem Sitz befreiten. Erschöpft ließ sich die Dicke auf einem et-was breiteren Platz mit mehr Beinfreiheit am Notausgang sinken. „Geschafft“, seufzte sie glücklich und wickelte sich erst mal einen saftigen Schokoriegel aus.

      „Grünzeug wäre gesünder“, sagte das Füchslein etwas vor-laut im Vorbeigehen. Zurück an seinem Platz, nahm Tim etwas ganz unten aus dem Rucksack. Dann beugte er sich zu Samanta hinüber und flüsterte ihr ins Ohr: „In Wirklichkeit bin ich näm-lich auf Vampirjagd! Und