MAGNETSTURM. T. H. Isaak. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: T. H. Isaak
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783347102095
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kann», lautet Migas’ knappe Antwort, bevor er sich wieder seinen Journalisten widmet.

      Es ist nicht das erste Mal, dass sich das Umfeld der Politik und der Diplomatie als abweisend erweist. Dies weiss Pavlides spätestens seit seinem Einsatz im türkischen Konsulat von Thessaloniki vor elf Jahren. Seither hat sich nichts verändert. Zweifelnd blickt er zu Traianos hinüber.

      «Seien Sie unbekümmert», sagt dieser halblaut, so dass es nur Pavlides hören kann. «Wir werden schon bekommen, was wir brauchen. Nötigenfalls mit einem Durchsuchungsbefehl für das Verteidigungsministerium.»

      Schalk blitzt in seinen Augen auf.

      Eine weitere Viertelstunde vergeht mit Small-Talk, wobei sich der Verteidigungsminister ganz wohl zu fühlen scheint. Er plaudert mit Livanou, mit dem Klinikdirektor, mit dem Chefarzt, mit Mitgliedern seines Stabes. Bis schliesslich Migas wieder auf das Parkett tritt und verkündet, dass es Zeit sei, aufzubrechen. Zurück nach Alexandroupolis zur Medienkonferenz. Der Verteidigungsminister wird die versammelte Presse über den Zwischenfall und den derzeitigen Stand der Ermittlungen informieren.

      Es ist bereits eins, als der Verteidigungsminister in einem Saal des Luxushotels vor die Pressevertreter tritt. Zuvor isst er noch eine Kleinigkeit in einem Séparée, während er sich von den Leuten des Büros für Flugunfalluntersuchungen über den Fortgang der Ermittlungen briefen lässt. Auch Traianos und Pavlides dürfen ihre bisherigen Erkenntnisse zum Besten geben. Hektor Migas erklärt Asimoglou daraufhin eindringlich, was er zu sagen hat und was er keinesfalls sagen sollte.

      «Ist schon gut, Hektor. Ich bin doch kein Geistesgestörter!», quittiert er dessen Belehrungen. Dann tritt er hinaus in den Saal und stellt sich ans Rednerpult. Traianos, Pavlides, Galinis, Leiter der Flugunfalluntersuchung, und Migas stehen in einigem Abstand hinter ihm.

      «Die erste Frage, bitte», fordert Asimoglou die Journalisten auf und zeigt als erstes gleich auf den Medienvertreter des staatlichen Fernsehens. Natürlich.

      «Herr Minister», fängt dieser an, «was unsere Öffentlichkeit besonders interessiert ist die Frage nach dem Grund des geplanten Besuchs des Vizeministers in Moskau. Können Sie uns darüber mehr sagen?»

      «Wie Sie wissen, gibt es zwischen Griechenland, als treuem NATO-Mitgliedsland, das möchte ich betonen, und Russland diverse Kooperationsabkommen. Gerade auch im Bereich der Verteidigungspolitik. Russland stellt bekanntlich seit einigen Jahren einen Botschafter im NATO-Rat in Brüssel. Wir sind bestrebt, die Beziehungen mit der Russischen Föderation freundschaftlich zu gestalten. In diesem Sinn war der Besuch des Vizeministers zur Pflege dieser Kontakte und zur Vertiefung der Zusammenarbeit gedacht. Nächste Frage, bitte!»

      «Geht es dabei um Waffenkäufe?» wirft Sokrates Kokkinakis, Journalist des linksliberalen Blattes Eléftherotypia, ein.

      «Es geht um eine vertiefte Zusammenarbeit, wie ich bereits gesagt habe. Hören Sie besser hin, Herr Kokkinakis, und schreiben Sie nur das auf, was ich Ihnen sage! Nicht irgendwelche Fantastereien, die Sie üblicherweise in Ihrem Blättchen zum Besten geben. Nächste Frage, bitte!»

      «Stimmt es, dass die Tochter des Vizeministers ebenfalls im Flugzeug sass und ums Leben gekommen ist?» meldet sich der Exponent der konservativen Zeitung Kathimerinízu Wort.

      «Ja, das kann ich bestätigen. Dieser Umstand erfüllt mich mit tiefer Trauer», antwortet Asimoglou mit ernster Miene.

      «Wie kommt es, dass ein Familienmitglied in einem Regierungsflugzeug mitreisen darf?» hakt der Reporter nach.

      «Nun, das ist tatsächlich nicht üblich. Wir werden diese fatale Irregularität mit äusserster Akribie untersuchen. Laut bisherigen Informationen flog Sotiría, die Tochter des Vizeministers, aus Gründen der Bequemlichkeit mit ihrem Vater mit. Und zwar deshalb, weil sie ein Austausch-Semester an der Baumann-Universität in Moskau antreten wollte. Gott vergebe ihr. Nächste Frage!»

      «Wie sieht die Opferbilanz aus und wie geht es den Überlebenden?» fragt der Vertreter eines Revolverblattes.

      «Herr Mitsos, Sie sind ein Schlingel», entgegnet ihm der Minister gönnerhaft, «gleich zwei Fragen auf einmal zu stellen. Aber warten Sie, ich kann Ihnen Auskunft geben.» Er klaubt eine Liste hervor, die ihm Migas zuvor zusammengestellt hat. «Auf dem Flug waren acht Personen. Sechs Personen sind beim tragischen Ereignis ums Leben gekommen, darunter der Vizeminister, seine Tochter, zwei Angestellte des Ministeriums, sowie der Co-Pilot und die Flugbegleiterin. Überlebt haben – logischerweise – der Pilot, sowie ein weiterer Angestellter unseres Ministeriums, der für die Sicherheit des Vizeministers zuständig war.»

      «Und der Zustand der Überlebenden?»

      «Nicht so stürmisch, Herr Mitsos, ich sage es Ihnen ja gleich», kommentiert Asimoglou dessen nächste Frage. «Der Pilot ist, wie Sie und ihre Kollegen Fotoreporter bereits sehen konnten, noch benommen und steht unter Schock, aber ansonsten wohlauf und in bester Obhut. Er wird in den nächsten Tagen das Krankenhaus verlassen dürfen. Die andere Person wurde während meines Besuches gerade operiert. Wie ich mich aber versichern konnte, sind seine Verletzungen nicht lebensgefährlich.»

      «Was kann man zur Ursache des Beinahe-Absturzes sagen? Ein technisches Problem? Menschliches Versagen?» möchte die Journalistin der Makedonía, Aliki Antoniou, Pavlides’ alte Bekannte, wissen.

      «Die Flugunfall-Untersuchungsbehörde ist seit gestern Mitternacht in die Ermittlungen involviert. Erste Resultate hierzu sind nach Auslesen der Daten aus den zwei Blackboxes zu erwarten. Es wird mit Sicherheit noch zwei bis drei Wochen dauern. Die Firma Dassault hat bereits zwei Spezialisten aus Paris entsandt, die ab morgen ihre Arbeit mit Unterstützung unserer Behörden aufnehmen werden. Letzte Frage, bitte!»

      «Mir liegen Dokumente vor, wonach es sich bei dem Besuch um die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeuges, das russische Modell …»

      «Ach, verschonen Sie mich mit solchen Spekulationen, Herr Kokkinakis», fährt Asimoglou dem Journalisten der Eléftherotypia ins Wort. «Hier sind unschuldige Mitmenschen von uns gegangen, und Sie kommen uns mit Ihren Verschwörungs-theorien.»

      Die Medienkonferenz dauert exakt eine Viertelstunde, dann bricht der Verteidigungsminister die Veranstaltung ab, indem er ein letztes Mal bekundet, dass er den Untersuchungsbehörden vollkommen vertraue, und dass es nun darum gehe, den Vorfall objektiv aufzuarbeiten und den Angehörigen, die in diesem Moment durch schwere Stunden gingen, beizustehen. Zwar rufen die anwesenden Reporter ungeordnet noch zahlreiche Fragen in den Raum, aber der Minister verzieht sich mit einem repetitiven «Danke, das ist alles» ins Hinterzimmer des Saals. Dort wird er sogleich von Migas empfangen.

      «Na, wie war ich?» will Asimoglou von seinem Pressesprecher wissen.

      «Überzeugend und authentisch. Ein positives Echo von der Öffentlichkeit ist zu erwarten.»

      «Ja, das will ich doch hoffen. Ich freue mich schon darauf, die Gesichter der Aasgeier an der heutigen Parteisitzung zu sehen.» Dann wendet sich der Verteidigungsminister an die übrigen Anwesenden im Raum. «So, meine Damen und Herren. Das war’s dann wohl. Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung und wünsche Ihnen weiterhin viel Spass bei Ihrer Arbeit.»

      Damit ist er auch gleich in das letzte Fettnäpfchen getreten.

      Als der Verteidigungsminister mit seiner Entourage dabei ist, in die bereitgestellten Mercedes-Limousinen zu steigen, um zum Flughafen zu fahren, fasst Pavlides den Pressesprecher beim Arm.

      «Die Personaldossiers, Herr Migas. Nicht vergessen! Ich erwarte sie morgen Abend auf meinem Schreibtisch.» Er streckt ihm seine Visitenkarte entgegen.

      Migas blickt ihn genervt an. «Ja, ist ja schon gut, Herr Pavlides. Sie sehen doch, dass ich auch anderes zu tun habe.»

      In der Regel ist es Migas, der Befehle erteilt.

      Rapport

      Als letzter betritt Jorgos Kapsis Pavlides’ Büro. Mit exakt fünfzehn Minuten Verspätung. Das akademische Viertel, welches er auszureizen pflegt.

      «Man würde meinen, du stündest