MAGNETSTURM. T. H. Isaak. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: T. H. Isaak
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783347102095
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aber …»

      «… Also, nicht wirklich abgestürzt. Der Pilot konnte die Maschine kurz vor dem Aufprall noch abfangen. Anscheinend gab es eine Havarie auf zehntausend Metern. Nach ersten Erkenntnissen fiel die Energieversorgung aus, und das Flugzeug stürzte mehrere Kilometer in die Tiefe.» Papadopoulos Stimme klingt nun wieder gefasster.

      «Und der Pilot konnte trotzdem sicher landen?»

      «Ja, Gott sei Dank. Genau deswegen rufe ich dich an.»

      Also doch. Sicherstellung des Flugzeuges, der Leiche, des Gepäcks. Befragungen der Mitreisenden und so weiter. Routine. Den Rest machen die Leute von der Flugunfalluntersuchung. Ich muss Manpower bereitstellen. Nun komm schon zur Sache, Dimos. «Auf dem Flughafen Thessaloniki, nehme ich an.»

      «Nein, Alexandroupolis.»

      Alexandroupolis, also. Dreihundert Kilometer. Vier Stunden mit dem Auto. Der diensthabende Beamte wird sich freuen.

      «Ich weiss noch nichts Genaueres, Nikos. Das Büro für Flugunfälle ist eingeschaltet und hält mich auf dem Laufenden. Angeblich gibt es mehrere Tote in der Kabine. Ich habe die Staatsanwaltschaft unverzüglich in Kenntnis gesetzt. Traianos wird noch heute Nacht nach Alexandroupolis fliegen.»

      Der unermüdliche Miltiades Traianos. Athener Staatsanwaltslegende. Ein alter Bekannter. Dürfte mittlerweile gegen die siebzig gehen.

      «Ich will, dass du in deiner Funktion als Direktor der Kriminalpolizei von Thessaloniki die polizeilichen Ermittlungen persönlich in die Hand nimmst und koordinierst. Das hier ist Chefsache, Nikos! Ich vertraue nur dir! Pack deine Kaderleute und mach dich auf den Weg! … Und halt mich auf dem Laufenden!»

      Aufgehängt. Na, toll. Durchatmen. VIAP-Pastille in den Mund schieben. Penelope anrufen.

      «Hör mal, Liebes, es wird heute nichts mit einem gemütlichen Abend. Ruf bitte den Piloten-Pikettdienst an und richte ihm aus, dass er die Maschine volltanken und für einen Flug nach Alexandroupolis bereithalten soll. In einer Stunde fliegen wir los. Du kommst mit!»

      Penelope Livanou. Pavlides’ Ehefrau. Vor einem Jahr war Hochzeit. Sie ist leitende Beamtin im Innendienst der Polizei, betreut die Rechtsabteilung und ist Liaison Offizierin des Nationalen Informationsdienst EYP. Eine unverzichtbare Stütze für Pavlides. Privat, wie auch im Dienst.

      Dann Telefonrally. Spurensicherung, Morddezernat, Gerichtsmediziner. Spätestens um Viertel nach zehn haben sich alle am Flughafen von Thessaloniki einzufinden. Ein sportlicher Zeitplan. Im abgesperrten Sektor ist der Polizeihubschrauber, eine Bo-105 stationiert. Startklar.

      Inspektion

      Der Pilot fliegt die ganze Strecke mit eingeschaltetem Nachtvisier. Pavlides döst im Helikopter vor sich hin. Ihm ist bewusst, dass es eine lange Nacht werden könnte. Tieffrequente, brummende Maschinengeräusche machen ihn schläfrig. Eine wohlige Lethargie. Jorgos Kapsis, der Gerichtsmediziner, schaut die ganze Zeit zum Fenster hinaus auf die Küstenlinie, derer entlang der Hubschrauber, auf einer Höhe von dreitausend Fuss, fliegt. Eine nicht enden wollende, funkelnde Lichterkette. Christos Arambatzis von der Spurensicherung und Prokopis Patsis von der Mordkommission starren stumm vor sich auf den Boden. Auf die vibrierenden, rutschfesten Stahlbodenplatten. Wären wohl beide lieber zuhause. Oder zumindest nicht in der Luft. Livanou – ihr Handy in der Hand – hört Musik über Kopfhörer und lehnt ihren Kopf an Pavlides’ Schulter. Kurz vor Mitternacht setzen die Kufen der Bo-105 auf dem Vorfeld des Provinz-Flughafens Alexandroupolis-Demokritos auf.

      Der Polizeichef Fotis Charalambidis persönlich, feinsäuberlich herausgeputzt als würde er auf einen Offiziersball gehen, empfängt Pavlides und sein Team. Begleitet wird er von einer ganzen Heerschar an uniformierten und zivilen Beamten. Dagegen sieht die kleine Delegation des Bürgermeisters von Alexandroupolis geradezu bescheiden aus.

      «Wir sind bestürzt über den Vorfall, Herr Direktor», wendet sich Charalambidis an Pavlides. Herr Direktor. Offensichtlich liegt ihm viel an formeller Korrektheit. Pavlides versucht sich derweil zu orientieren. Das Flugfeld ist durch die Scheinwerfer taghell erleuchtet. Links vor ihm, in einer Distanz von etwa fünfzig Metern, steht das Flughafenterminal. Auf dessen Aussichtsterrasse blitzen die Fotoapparate. Die Medien haben also bereits Wind von der Sache bekommen. Die Presseleute richten ihre Kameras und Teleobjektive auf das Objekt ihrer Begierde, das Regierungsflugzeug, das in etwa zweihundert Metern Entfernung am anderen Ende des Vorfeldes steht. Abgesperrt und umstellt von einem Dutzend Mann der Einsatzpolizei. Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, dass die Polizei in der Provinz verhältnismässig gut vertreten ist, während man sich in den Ballungszentren permanent mit Personalproblemen rumschlagen muss.

      «Sie möchten wohl unverzüglich mit der Zeugenbefragung beginnen, Herr Direktor», stellt Charalambidis beflissen fest.

      Pavlides winkt ab.

      «Nicht im Geringsten. Zeigen Sie uns zunächst das Flugzeug. Ich will erst mal einen Blick auf den Tatort werfen.»

      «Bitte entschuldigen Sie: Tatort?» hakt Charalambidis irritiert nach.

      «Ist jemand im Flugzeug ums Leben gekommen? Ein aussergewöhnlicher Todesfall?»

      «Ja, aber …»

      «Dann ist das Flugzeug defmitionsgemäss ein Tatort. Páme.»

      Gefolgt von einer Menschentraube aus Sicherheitsund Verwaltungsbeamten machen sie sich auf den Weg. Voraus schreiten Pavlides, Charalambidis und der Bürgermeister Lambakis, ein sympathischer Mittfünfziger im Anzug, mit feiner Metallrahmenbrille, Glatze und Vollbart. Begründer einer regionalen Bürgerbewegung, die in dieser Stadt die Geschäfte führt.

      «Das Flugzeug, eine Maschine des französischen Herstellers Dassault, landete um 21.08 Uhr auf dem Flughafen. Der Pilot hatte kurz vor Eintritt in den griechischen Luftraum einen Notruf abgesetzt. Die Feuerwehr stand bereit für den Fall, dass das Fahrwerk nicht hätte ausgefahren werden können. Ihr Einsatz war schliesslich – Gott sei Dank – dann doch nicht nötig», referiert Charalambidis auf dem Weg zum Flugzeug. «Unsere Leute waren sofort zur Stelle. Gemeinsam mit den Feuerwehrleuten öffneten sie die Flugzeugtüre. Es bot sich ein schreckliches Bild.»

      Stumm und fassungslos schüttelt der Bürgermeister den Kopf.

      «Wie viele Personen waren an Bord?» will Pavlides wissen.

      «Acht. Sechs haben nicht überlebt. Die anderen zwei haben wir sofort in die unfallchirurgische Abteilung der Universitätsklinik überführt. Einen von ihnen mit schweren Verletzungen.»

      «Den Piloten und wen noch?»

      «Einen Sicherheitsbeamten, der zur ministerialen Leibwache gehört. Es war wohl sein Glück, dass er angeschnallt war. Trotzdem hat’s ihn übel erwischt. Hat einen schweren Schock erlitten. Und mehrere Verletzungen. Knochenbrüche und so.»

      «Und die anderen? Alle tot?»

      «Alle tot. Eine junge Frau atmete noch, als die Rettungssanitäter kurz nach uns hier ankamen. Aber auch für sie kam jede Hilfe zu spät. Sie starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus.»

      Pavlides stutzt. «Eine junge Frau?»

      Charalambidis druckst etwas herum.

      «Die Tochter des Vizeministers, wie sich mittlerweile herausgestellt hat.»

       Wieso hat der auf einem Dienstflug seine Tochter mit dabei? Eigenartig. Eine Regierungsmaschine ist doch kein Ferienflieger!

      Und noch etwas hat Pavlides aufhorchen lassen: «Das Flugzeug flog ausserhalb des griechischen Luftraums?»

      «Ja, es überquerte die bulgarisch-griechische Grenze auf der Höhe von Svilengrad.»

      «Der Vizeminister war auf dem Rückflug von einer Dienstreise nach Bulgarien?»

      «Nein, nein! Der Vizeminister war unterwegs nach Moskau. Irgendwo über der bulgarischen Schwarzmeerküste ereignete sich dann dieser schreckliche Vorfall.»

      «Und der Pilot flog die ganze