»Sergeant, sorgen Sie dafür, dass die Männer dichter beisammenbleiben!«, drang ein brummiges Kommando zu den Lauschenden. »Schärfen Sie ihnen ein, dass die Späher der verdammten Rothäute sich hier überall herumtreiben!«
»Aye, aye, Sir!«
Scobey ließ vor freudigem Schreck sein Gewehr fallen.
»Kavallerie!« Es war nur ein Krächzen. Dann öffnete er den Mund zu einem Jubelruf.
Als hätte Clinton es geahnt, schnellte er herum und schlug wieder mit seinem Colt zu. Der Hieb warf den Zeitungsmann neben den Pferden nieder. Im nächsten Augenblick deutete die Waffe auf Clay.
»Keinen Ton! Bleib stehen, Joana! Wenn du die Blauröcke rufst, stirbt Clay! Bancroft, ich schieße auch auf Sie, wenn Sie nicht vernünftig sind! Sie wollen doch nicht, dass Ihr Geld zum Teufel geht?«
Clay hatte seinen Colt losgelassen. Das Auftauchen der Kavalleristen war wie ein Wunder, das ihnen Rettung verhieß. Aber Clinton dachte jetzt nur an Bancrofts verfluchtes Geld. Clays Gedanken rasten. Doch er kannte Clinton. Er kannte ihn seit damals, als Clinton ihn während des Rebellenangriffs niedergeschossen hatte. Und diesmal würde Clinton besser zielen!
Der Revolvermann trat zu Mclntosh, zog ein Messer und zerschnitt seine Fesseln.
»Ich nehm' dich mit ins Geschäft, Büffeljäger.«
»Kluger Junge!«, lobte Mclntosh grinsend. Er blickte auf die im Regen verwischten Reiter. »Da verschwinden sie schon. Rutland würde sich freuen. Er hat die Blauröcke auch nie gemocht.«
»Rhett, um Himmels willen!«, keuchte Joana.
»Fünfzehntausend Dollar stehen auf dem Spiel«, sagte Clinton gepresst. »Die Burschen da drüben werden uns die Rothäute auch vom Hals schaffen, wenn sie nichts davon wissen.«
»Da kennst du die Cheyennes aber schlecht«, murmelte Clay heiser. »Vielleicht machst du dir auch nur selber was vor.«
Eine tiefe Müdigkeit überkam ihn, als die letzten schemenhaften Reitergestalten im Grau zwischen den Hügeln verschwanden. Mclntosh nahm dem ratlosen Bancroft das Gewehr aus der Hand.
»Fessle sie!«, befahl Clinton.
Der bärtige Hüne warf ihm einen schrägen Blick zu.
»Spiel dich nur nicht als Boss auf!« Aber er tat, was Clinton wollte. Er band erst Clay, dann dem langsam zu sich kommenden Scobey die Hände zusammen.
»Lass sie in Ruhe!«, zischte Clinton, als er sich auch der Frau näherte. Mclntosh grinste schmierig.
»Wenn du Ansprüche auf sie erhebst, Mann, dann tändle nicht so verdammt lange mit ihr herum! Zeig ihr, was ...«
»Misch’ dich nicht in Sachen, die dich nichts angehen, Mclntosh! Unsere Partnerschaft könnte sonst verdammt schnell zu Ende sein.«
»Du nennst diesen Mörder wirklich deinen Partner, Rhett?«, rief Joana betroffen.
Mclntosh spuckte aus.
»Glaube nur nicht, Süße, Clinton ist was Besseres, weil er nicht nach Büffelmist und Pulverrauch stinkt. Der ist wahrscheinlich noch ’n ganzes Stück abgebrühter und kaltschnäuziger als ich. Aber komm nur nicht auf die Idee, mich reinlegen zu wollen, Clinton. Das würde dir garantiert schlecht bekommen.«
»Behalte deine guten Ratschläge. Ich weiß schon, was ich tue.«
»Dann weißt du sicher auch, dass es Zeit wird, zu verschwinden. Bei diesem Sauwetter könnte es den Blauröcken vielleicht einfallen, dass sie umkehren. Lorman und Scobey lassen wir hier. Am besten mit einigen Zoll rostfreiem Stahl zwischen den Rippen.«
»Nein!«, rief Joana erschrocken.
»Du hast hier gar nichts zu melden, Schätzchen!«, knurrte Mclntosh.
Clinton starrte Clay an. Der presste die Lippen zusammen. Der Spieler und Revolvermann lächelte plötzlich.
»Nichts auf der Welt könnte dich jetzt zu der Bitte bringen, dass wir euch mitnehmen, was, Clay? Ich tu’s trotzdem.«
»Bist du verrückt?«, fauchte Mclntosh. »Lorman wird uns Ärger machen, wo’s nur gerade geht.«
»Was glaubst du, was passiert, wenn die Soldaten tatsächlich umkehren und ihn und Scobey finden? Dann haben wir nicht nur die Indianer auf unserer Spur.«
Missmutig furchte Mclntosh die Stirn.
»Du willst es nur nicht mit der Puppe da verderben, das ist der wahre Grund. Der Teufel holt dich, Clinton, wenn was schiefgeht. Also, 'rein mit euch, ihr Bastarde! Du auch Bancroft. Nein, deine Knarre behalte ich. Du kannst auch so auf diese Kerle aufpassen. Clinton, ist es nicht doch besser, wir fesseln auch dein Herzblatt?«
»Joana wird neben mir auf dem Bock sitzen«, entschied Clinton kalt. »Du kannst Clays Gaul nehmen.«
»Du spielst ja doch den Boss, Clinton. Das gefällt mir nicht.«
»Was dir gefällt oder nicht, interessiert mich einen Dreck, Büffeljäger. Ich will mit dem Geld möglichst schnell an einen sicheren Ort gelangen. Statt langer Debatten greif ich da lieber zum Colt.«
9
Der Regen ließ nach, während die Kutsche immer tiefer ins unwegsame Gelände rollte. Schroffe Hänge wanderten vorbei. Manchmal streiften tiefhängende, tropfnasse Tannenzweige das Dach. Die Räder holperten streckenweise über felsigen Boden. Dann ging es wieder durch Grassenken, in denen das Regenwasser knöcheltief stand.
Scobey hatte sich in die ledergepolsterte Ecke gedrückt, um von dem rumpelnden Fahrzeug nicht dauernd hin und her geworfen zu werden. Clay saß neben ihm, ihnen gegenüber der hagere, schwarz gekleidete Mann aus Omaha. Der Holzkoffer lag neben ihm auf der Bank.
»Sie sind doch genauso ein Gefangener dieser Burschen wie wir«, sprach Clay Bancroft an. »Ein billiges Werkzeug, das man wegwirft, wenn man es nicht mehr braucht.«
Bancrofts knochige Gestalt verkrampfte sich noch mehr.
»Geben Sie sich keine Mühe, Lorman! Sie wollen ja nur ...«
»Dass Sie uns helfen, ja! Aber damit erweisen Sie sich selbst vielleicht den größten Gefallen. Clinton hat uns doch nur mitgenommen, weil er keineswegs davon überzeugt ist, dass wir die Cheyennes los sind. Er braucht uns, wenn sie angreifen. Aber sobald er sich sicher fühlt ...« Clay beugte sich vor. »Bancroft, begreifen Sie doch! Er und Mclntosh können es sich gar nicht leisten, irgendwelche Zeugen am Leben zu lassen. Auch Sie nicht! Denken Sie ja nicht, die Kerle haben Sie als Partner akzeptiert. Die halten sich schon gegenseitig für überflüssig, wenn es ans Teilen geht.«
»Hören Sie auf oder ich rufe Mclntosh!«
»Sie schwitzen, Bancroft«, stellte Clay fest. »Sie wissen genau, dass ich recht habe. Sie denken ja schon selber die ganze Zeit darüber nach.«
»Ich habe keine Wahl!«
»Sie können sich immer noch freiwillig stellen und das Geld zurückgeben, wenn wir in Cheyenne sind. Nur - Rhett und Mclntosh sind nicht mehr auf dem Weg dahin. Wenn mich nicht alles täuscht, fahren wir nach Norden. Sie sollten deshalb nicht mehr zu lange warten, Bancroft.«
»Ruhe da drinnen!« Mclntosh schob sich auf Clays Pferd neben das Fahrzeug. Er bückte sich und spähte ins Innere der Kutsche. »Bancroft, fallen Sie bloß nicht auf das Geschwätz dieses Bastards ’rein! Und wenn ich von dir noch einen Pieps höre, Lorman, dann ... He, Clinton, anhalten! Wir verlieren ein Rad!«
Da sackte die Kutsche schon nach rechts hinten weg. Es krachte und