Er brachte es einfach nicht fertig, sich zu überwinden, und ich fürchtete, dass seine Verbohrtheit den Banditen einen sicheren Trumpf in die Hand gab.
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Das gleichförmige Rattern der Räder über die Schienenstöße brachte Chaco wieder zu sich. Wie er das seit langem gewohnt war, riss er nicht gleich die Augen auf, sondern versuchte zunächst, sich einen Überblick über seine Lage zu verschaffen. Dass er sich hatte überrumpeln lassen, war nicht zu leugnen. Die Banditen hatten ihm ganz schön zugesetzt. Jetzt aber kümmerten sie sich nicht um ihn. Wahrscheinlich glaubten sie, dass er noch immer bewusstlos sei. Er ließ sie in dem Glauben und überlegte, wie es weitergehen sollte. Die Kerle waren ziemlich aufgeregt und debattierten heftig miteinander. Anscheinend hatte sie sein Auftauchen in erhebliche Verwirrung gestürzt. Damit, dass ihr Täuschungsmanöver mit dem leeren Kastenwagen nicht geglückt war, hatten sie wohl nicht gerechnet. Jetzt hatten sie Probleme, weil sie nicht wussten, mit wem sie es zu tun hatten und wie stark ihr Gegner war.
Doch seine eigenen Probleme waren brisanter. Er befand sich immerhin in der Gewalt der Halunken. Was sie mit ihm anstellen würden, wenn er erst die Augen öffnete, konnte er sich lebhaft vorstellen.
Chaco unterschied drei verschiedene Stimmen, aber er war nicht sicher, ob sich alle an dem Gespräch beteiligten. Es konnten also durchaus noch mehr sein. Er öffnete vorsichtig die Augen einen Spalt und verharrte in dieser Stellung. Undeutlich erkannte er zwei breite Rücken. Zwei weitere Männer standen so, dass sie ihn sehen konnten.
Das sah nicht gut aus. Hier half nur ein Überraschungseffekt. Er durfte nicht mal riskieren zu schießen, denn dieser herrschsüchtige Agent aus Washington hatte Carringo erzählt, dass die Kisten außer Gewehren auch Sprengstoff enthielten. Er verspürte keine große Lust, mit dem ganzen Waggon in die Luft zu fliegen, selbst wenn er dabei die Verbrecher mitnahm.
Er wartete noch eine Weile, weil er seine Kräfte sammeln musste. Außerdem hoffte er, etwas Interessantes zu erlauschen. Doch die Debatte beschränkte sich auf die immer wiederkehrende Frage, wie man sich der unbekannten Schnüffler entledigen konnte.
In Chaco war jede Sehne zum Zerreißen gespannt. Er wartete einen besonders lautstarken Disput ab. Dann schnellte er plötzlich vor. Er sprang einen der Kerle an, die ihm den Rücken zuwandten, und warf ihn gegen seine Kumpane. Niemand hatte mit einem Angriff gerechnet. Die Verwirrung war perfekt.
Allerdings würde sie nur wenige Augenblicke dauern. In dieser kurzen Zeitspanne musste es ihm gelingen, zu verschwinden.
Chaco entschied sich für die Richtung, aus der er den Packwaggon betreten hatte. Er raste zu der hinteren Plattform, während er hinter sich ein paar Ballen umwarf, um die Verfolgung zu erschweren. Zum Glück behielten die Schmuggler die Nerven. Hätte einer von ihnen zum Revolver gegriffen, wäre die eventuelle Katastrophe nicht auszudenken gewesen.
Chaco hatte den Waggon hinter sich gelassen und turnte verwegen über die schwankenden Plattformen. Wenn er erst mal in dem Passagierwaggon war, mussten es sich die Banditen ernsthaft überlegen, ob sie ihm noch folgen sollten.
Hinter ihm nahten die wütenden Männer. Da prallte er fast mit einem hageren Burschen zusammen, dem man das Galgenvogelgesicht schon von weitem ansah. Er wirkte wie ein lauernder Wolf. Das blonde, strähnige Haar hing ihm wirr in die Augen, die Chaco traurig ansahen. So traurig, als wollten sie sagen: Tut mir leid, Bastard, dass ich dich umlegen muss!
Der Kerl erfasste die Situation sofort und stellte sich angriffslustig Chaco in den Weg. Es bestand kaum ein Zweifel, dass auch er zu Hillarys Leuten gehörte.
Jetzt saß er in der Falle. Selbst wenn es ihm gelang, den Dürren zu überwältigen, fanden inzwischen seine Verfolger doch Zeit genug, um ihn einzuholen und endgültig zu überwältigen. Instinktiv griff Chaco über sich. Seine Faust packte einen eisernen Bügel. Er zog sich daran hoch und warf seine Beine nach vorn. Die Stiefel trafen den Dürren und ließen ihn mit einem wütenden Aufschrei zurücktaumeln. Die kurze Verschnaufpause nutzte er, um sich mit letzter Kraft weiter emporzuziehen.
Als die Verfolger unter ihm auftauchten, trat er heftig nach ihnen. Das verschaffte ihm ein bisschen Luft. Beißender Rauch fuhr ihm in die Augen. Er mobilisierte alle Energien und schaffte es mit letzter Verzweiflung, das Dach des vordersten Passagierwaggons zu erklettern. Hier musste er aufpassen, dass er bei der atemberaubenden Fahrt nicht das Gleichgewicht verlor und sich den Hals brach.
Die Banditen waren schon wieder hinter ihm. Hier oben konnten sie unbesorgt auf ihn schießen, ohne Gefahr zu laufen, den ganzen Zug in die Luft zu sprengen. Zwar bot er in der Dunkelheit kein sicheres Ziel, dafür konnte er sich aber auch nur verhältnismäßig vorsichtig bewegen.
Schon sah er die ersten Gesichter hinter sich auftauchen. Doch da verschwanden sie plötzlich wieder, und nach einem kurzen Moment der Erleichterung fiel Chaco ein, dass sie nun wahrscheinlich versuchen würden, ihn in die Zange zu nehmen. Sie brauchten nur ein paar Männer durch den Zug nach hinten zu schicken und dann von beiden Seiten auf die Dächer zu klettern. Wenn ihnen das gelang, bevor er wieder unten war, hatten sie ihn geschnappt, und er war ihnen ausgeliefert. Doch Ben Hillary hatte eine viel bessere Idee, als einen angeschlagenen Halbindianer über die Dächer eines Zuges zu jagen. Er erklärte sie seinen Männern, nachdem sie sich schnaufend und noch immer wütend um ihn versammelt hatten.
„Lasst den Bastard laufen!“, sagte er geringschätzig.
„Jetzt auf einmal?“, fragte Don Berry.
„Ich habe ja gleich gesagt, dass wir ihn umlegen sollen“, erinnerte Lou Hart und rieb seine knochigen Hände. „Jetzt haben wir das Nachsehen und sind auch nicht klüger geworden.“
„Vielleicht doch.“ Ben Hillary grinste geheimnisvoll.
Seine Männer ahnten, dass er wieder mal einen seiner berühmten Geistesblitze hatte, die seine Gegner schon oft zur Verzweiflung gebracht hatten. Er spannte sie nicht länger auf die Folter. „Passt auf!“, sagte er gelassen. „Unsere Kisten befinden sich genau in dem Packwaggon, der vor die Passagierwagen gekoppelt ist.“
„Was ist daran so Besonderes?“, wollte Duff Hall, der Kerl mit dem Wolfsgesicht, wissen.
„Ganz einfach! Wir brauchen nur die hinteren Waggons abzuhängen und sind unsere Verfolger los. Es ist ganz egal, ob es nur der eine war, oder ob sich noch zehn andere im Zug befinden.“
„Willst du den Lokführer bitten, mitten auf der Strecke anzuhalten?“
„Quatsch! Der wird davon gar nichts merken. Mitten in der Nacht fällt das nicht so leicht auf. Wir erreichen morgen früh Mohawk. Dann haben wir einen so großen Vorsprung, dass wir nicht mehr einzuholen sind. Wir können sogar noch in aller Ruhe den Weitertransport organisieren.“
„Donnerwetter!“, sagte Sam Merle. „Wenn wir die Kupplung während der Fahrt lösen sollen, wird das aber ein heißes Geschäft.“
„So ist es, Sam“, gab ihm der Mann, der lieber seinen verbrecherischen Geist als seine auch nicht zu unterschätzenden Muskeln gebrauchte, recht. „Deshalb habe ich auch dich für diese Aufgabe ausgesucht.“
„Mich, Boss?“ Der Glatzköpfige drehte verlegen an seinen Ohren. Sie waren verkrüppelt. Wahrscheinlich hatten hier einmal ein paar Fäuste nachgeholfen.
„Du bist groß und kräftig, und weil du nicht gern redest, wird dir auch am wenigsten Dreck ins Maul fliegen, wenn du da unten hängst.“
Don Berry lachte gehässig, verstummte aber sofort wieder, denn er verspürte wenig Lust, selbst diese heikle Rolle zu übernehmen.
Sie gingen zur hinteren Plattform des Packwaggons, und Sam Merle ließ sich hinunterhängen, während ihn die anderen an den Beinen festhielten. Diese Sicherung war nicht sehr zuverlässig, denn das