»Wieso das denn?«
»Hast du etwa einen Zuhälter?«
Sie dachte an Hanko, und ihr Gesicht wurde abweisend.
»Sagen wir mal, im Augenblick habe ich einen Freund.«
Der Boss hatte verstanden.
»Du möchtest also lieber unter meiner Obhut arbeiten?«
»Sobald es klappt.«
»Er ist also nicht gut, wie?«
»Was soll ich dazu groß sagen?«
»Mädchen, je länger ich mich mit dir unterhalte, desto mehr gefällst du mir. Hör zu, wenn du willst und die Zeit reif ist, dann komm wieder zu mir.«
»Ich kann mich also auf Sie verlassen?«
»Selbstverständlich. Wir sind ein anständiges Haus. Wenn du dich gut hältst, dann kannst du lange hier arbeiten.«
»Das habe ich auch vor. Außerdem will ich das Luxusmädchen werden, verstehen Sie!«
»Wie bitte?«
»Ich gehe nicht mit jedem, ich möchte mir die Kunden aussuchen dürfen, dann erlebe ich keine Überraschungen. Vor allen Dingen macht dann die Sache richtig Spaß.«
Er lachte schallend.
»Du hast dir eine ganze Menge vorgenommen, du unmögliches Mädchen.«
»Ich heiße Karla, und mein Name wird eines Tages Qualität bedeuten.«
»Nun, dann wollen wir eine kleine Wette abschließen, oder bist du dagegen?«
»Sie werden verlieren.«
»Ich setze tausend.«
»Ich auch!«
»Du nimmst den Mund ganz schön voll.«
»Ich weiß, was ich wert bin.«
»Sprechen wir uns nach vier Wochen wieder. Wenn du es bis dahin nicht geschafft hast, wird es nie klappen, mein Mädchen.«
»Karla heiße ich.«
»Natürlich, Karla.«
Wenn sie ehrlich sein wollte, hatte sie nicht damit gerechnet, in dieser Bar angestellt zu werden. Doch sie hatte sich gesagt, wenn ich schon als Dirne mein Leben fristen muss, Hanko will es so, nun denn, dann suche ich mir auch das Beste aus. Später kann ich noch immer absinken, aber ich werde mich bemühen, es lange oben auszuhalten.
Die Anfangszeit – wie gut sie sich noch daran erinnerte.
Manchmal wünschte sie sich von Herzen, dass man ihr einen Mord zugestand. Wenn, dann würde sie auf der Stelle Hanko umbringen.
Hanko war Benedikts bester Freund.
Wie hatte der Bruder von ihm geschwärmt, wie war er glücklich, wenn dieser ihn besuchte. Hanko, dieses Großmaul, das alles hatte und angeblich alles konnte. Der sensible Bruder musste sich jedes Ding erkämpfen, die Schule, den Beruf. Hanko brauchte das nicht. Eigentlich hatten sie sich nie die Mühe gemacht nachzuprüfen, ob es der Wahrheit entsprach, was er ihnen erzählte. Er war wie ein Fels in der Brandung. Wie gut konnte sie sich noch an die erste Zeit erinnern.
Sie war knapp zwanzig, als Hanko sie bewusst aufnahm. Sie und Benedikt hatten zusammen nach dem Tode der Eltern eine kleine Wohnung gemietet. Das war für beide billiger, und Benedikt war dann nicht so einsam. Karla wollte das Leben genießen und sich dann erst binden. So schnell wollte sie sich nicht in das Ehejoch zwängen lassen. Sie war clever. Doch dann wurden die Besuche Hankos immer häufiger. Er war eine imponierende Erscheinung und bezwingend in seiner Art. Er zog sie schnell in seinen Bann.
Hanko warf ihre Bedenken über Bord. Sie hing an seinen Lippen und war bald genauso beliebt wie der Bruder. Sie war auch noch glücklich, als sie spürte, dass sie ihn liebte, und konnte ohne ihn nicht mehr leben.
Hanko zerstörte ihr Leben. Er nahm sie mit, und sie zogen zusammen. Sie war selig und hoffte, bald seine Frau zu werden. Doch Hanko sprach nie von Heirat, und bald musste sie feststellen, dass er ihrer überdrüssig wurde. Er hatte nur Frauen gern, die sich ihm widersetzten. Wenn sie dann endlich schwach wurden, warf er sie zum alten Eisen.
Karla konnte er aber nicht so schnell zum alten Eisen werfen. Vor allem hatte sie viel Energie und war ein ganz anderes Mädchen als jene, die er bisher gekannt hatte.
Alles spielte zusammen. Er war bald am Ende, und an Arbeit dachte er nicht. Karla wusste nicht, wann er die Beziehung mit der Unterwelt angefangen hatte und auf welche Art und Weise.
Eines Tages machte er ihr die Eröffnung.
»Du gehst auf Anschaffe für mich. Wir brauchen Geld.«
Bis zu dem Augenblick war sie nur die einfache Sekretärin gewesen.
Sie hatte sich verzweifelt gewehrt. Hanko bezwang sie mit der Macht und Gewalt seiner Freunde. Eines Tages waren sie gekommen, drei auf einmal. Hanko war so freundlich und schloss sie mit Karla fünf Stunden zusammen in das Zimmer ein.
Anschließend nickte sie nur zu allem, was er ihr sagte. Sie war zerbrochen und schämte sich schrecklich. Immer wieder dachte sie an den Bruder. Doch er war zu schwach, um ihr Hilfe zu bieten, und ihn wollte sie nicht betrügen. Er würde daran zerbrechen. Benedikt durfte nie erfahren, was sie tatsächlich von Beruf war. Sie musste ihm ein glückliches Leben mit Hanko vortäuschen. Das war das Schwerste, was ihr abverlangt wurde. Hatte sie doch durch ihn diesen schrecklichen Menschen kennengelernt. Benedikt hatte sie fast in dessen Arme getrieben und pausenlos von seinem großartigen Freund gesprochen und nicht gemerkt, wie kalt und brutal er im Grunde war. Später erst wusste Karla, dass Hanko die Menschen nur benutzte, auch den schwachen Bruder.
Sie war also zum Barbesitzer gegangen, denn als gewöhnliche Hure wollte sie nicht gehen. Er verlangte viel von ihr, fünfhundert pro Nacht.
»Den Rest kannst du behalten. Es ist mir egal, wie und wo du das Geld verdienst, Schätzchen, aber es wird pünktlich abgeliefert, hast du mich verstanden?«
Sie wusste nicht, wie sich eine Nutte verhielt, musste sich aber als solche ausgeben.
Der Anfang war eine große Qual für sie gewesen. Eingebettet in den Luxus der wundervollen Bar hoffte sie, es würde alles leichter sein.
Dort waren die Mädchen auch nicht so gemein und brutal wie die Straßenhuren. In deren Augen waren die Laternenschicksen, wie sie verächtlich von ihnen sprachen, ein Dreck.
Karla, verklemmt, verstört und böse im Herzen, wurde in dieser Bar angestellt. Die Zahl Fünfhundert tanzte vor ihren Augen und die Grausamkeit des Luden. Hanko war jetzt Zuhälter geworden.
Sie hatte, fast wahnsinnig vor Angst, ihren ersten Abend in der Bar verbracht. Beim Boss hatte sie große Töne gespuckt, aber jetzt vor Ort, da war alles anders gewesen. Franziska, Rose und Kristin kannten sich in ihrem Gewerbe gründlich aus und hatten auch ein paar Stammkunden.
Karla dachte: Ich muss aufpassen, wie sie es anstellen, und es ihnen einfach nachmachen. Ich bin dann genauso gut wie sie.
Doch sie brauchte nur eine Stunde, um zu begreifen, dass es sie anwiderte, wie die Mädchen rangingen. Nein, das würde sie nie und nimmer können.
Während sie auf dem Barhocker klebte und alles im Raum kalt musterte, fühlte sich das Mädchen wie auf einem fernen Stern. Sie würde es nicht können. Es war so vulgär. In diesen Augenblicken ahnte Karla noch nicht, dass sie damit ihren Ruhm begründete.
Während sie die Umgebung beobachtete, wurde sie ihrerseits angestarrt. Schon kam ein Herr auf sie zu und fragte, ob er sich ein wenig mit ihr unterhalten dürfe. Sie neigte hoheitsvoll den Kopf.
Er bekam schnell heraus, dass sie hier angestellt war, also auch ein käufliches Mädchen, aber so ganz anders als ihre Kolleginnen. Sie gab sich wie eine