Sie kamen bald ins Gespräch, und nach einer halben Stunde stellte er die unvermeidliche Frage.
Karla zuckte zusammen. Schon wollte sie ihm böse und zornig antworten, aber dann war da wieder die Zahl.
»Fünfhundert, oder ich schlage dich zusammen, dass du dich acht Tage lang nicht wiedererkennst.« So hatte Hanko gedroht.
Sie lächelte mit spröden Lippen und rutschte langsam vom Hocker.
Mäxi blickte sie aus unergründlichen Augen an.
Im hinteren Trakt der Bar waren Zimmer für die Mädchen eingerichtet. Dafür verlangte man pro Nummer zwanzig Mark Abgabegebühr und fuhr nicht schlecht dabei. Für den Boss war das eine gute Nebeneinnahme. Mäxi musste jeweils die Kunden der Mädchen zählen, damit auch alles stimmte.
Fünfhundert, und sie hatte schon so viel Zeit vertan!
Als sich die Tür schloss und sie mit dem Gast allein im Zimmer war, wurde sie fast hysterisch.
»Wie viel muss ich denn zahlen? «
Sie blickte ihn starr an.
»Hundertfünfzig«, sagte sie mit belegter Stimme.
Er lachte unwillkürlich auf.
»Mädchen, du kannst mich nicht bescheißen, ich kenne mich hier aus. Das ist ein Wahnsinnspreis.«
Ihr war kalt vor Angst. Aber klein beigeben, jetzt? Wäre sie dann nicht genauso blöde wie eine Laternenschickse?
»Schließlich bin ich ein Klasse-Mädchen«, entgegnete sie zornig. »So gehen Sie bitte, ich habe nicht gewusst, dass Sie es sich nicht leisten können, Qualität zu bezahlen.«
Er lief rot an.
»Nicht leisten können?« Damit hatte sie seinen wunden Punkt erwischt. Die Neureichen wollten immer für reich gehalten werden und gaben viel Geld aus, damit man es ihnen glaubte. So war es auch jetzt.
»Mein liebes Mädchen, wenn ich wollte, dann könnte ich dich die ganze Nacht mieten«, rief er lachend aus.
Karla blickte ihn mit ihren großen, blauen Augen nüchtern an.
»Das sind wirklich feine Worte, mein Herr.«
Er plusterte sich auf.
»Du glaubst mir also nicht?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Eine Nacht kostet immerhin tausend Mark, und die zu opfern, dazu gehört schon ein hübsches Vermögen, wenn die Familie darunter nicht leiden soll.«
Schweigend legte er das Geld auf den Tisch.
Weil sie richtig pokerte, hatte sie gleich in der ersten Nacht ihren Ruf begründet. Alle waren bald baff, als sie begriffen, dass sie einen Weltmeister gleich in der ersten Nacht erwischt hatte. Und das, obwohl sie stolz und abweisend dagestanden hatte.
Der Barbesitzer war sofort davon überzeugt, ein Juwel entdeckt zu haben. Mit dem Mädchen würde er jetzt das große Geld machen. Wenn er eine gute Dirne im Haus hatte, dann kamen die Kunden in Scharen, tranken viel und waren großzügig.
Am nächsten Abend ließ er Karla zu sich kommen.
Sie lächelte ihn an, denn sie war selbst noch erstaunt über ihren Erfolg und überrascht, weil sie gemerkt hatte, dass es im Grunde genommen leicht war, einen Mann glücklich zu machen. In der Regel wollten sie sich nur ausquatschen. Dann glaubten sie auch, dass sie Neues bei einer Dirne lernten, fühlten sich anschließend herrlich verworfen und prahlten bei ihren Freunden damit.
So konnte sie sich die Gäste gefügig machen. Sie brauchte ihnen nur überzeugend vorzuspielen, dass sie allein in der Lage war, dem Freier wirkliche Liebe zu geben. Wie glücklich war er dann!
Karla hatte noch am Morgen, als sie die Bar verließ, Hanko die fünfhundert gegeben. Er hatte sie angegrinst und gemeint: »Na also, und du hast dich so angestellt.«
Nicht einen Augenblick lang dachte er daran, dass sie vielleicht noch mehr Geld haben könnte. Er glaubte, sich in dem Geschäft auszukennen.
»Mädchen, jetzt geht das große Verdienen an.«
»Ja, jetzt geht das große Verdienen an«, wiederholte sie langsam.
Er bemerkte gar nicht, dass sie sich in einer seltsamen Stimmung befand. Zu Hause angekommen, war sie froh, dass sie gleich schlafen konnte. Hanko wollte schon lange nichts mehr von ihr. Auch das schmerzte nicht. Die Liebe hatte sie endgültig aus ihrem Herzen verbannt. Sie hasste Hanko abgrundtief. Tiefer und leidenschaftlicher konnte sie keinen Menschen verabscheuen wie diesen widerlichen Kerl.
Als sie wach war, betrachtete sie das Geld und presste die Lippen zusammen. Eines stand nun für sie fest, sie wollte sich nicht für den Lumpen krumm schuften. Er hatte sie in dieses Leben gestoßen, also sollte es ihr auch Glück bringen. Sie wusste jetzt, wie sie reich werden konnte. Es gab immer wieder Dirnen, die den Ausstieg aus dem Milieu schafften und dann ganz groß ankamen. Sie würde es tun. Dafür brauchte sie keinen Hanko, aber sie wusste auch um dessen Gefährlichkeit.
Als sie vor ihrem Boss stand, war sein Blick wieder bedauernd.
»Ich kann die Männer verstehen.«
»Bis jetzt war es nur einer«, stellte sie richtig.
»Ich möchte dich fest anstellen, Karla.«
»Gestern haben Sie noch ganz anders gesprochen.«
»Ich kann mich doch auch mal irren, oder?«
»Sicher – warum nicht.«
Sie blickte ihn ruhig an.
»Gestern wurde viel gesprochen.«
»Du willst frei sein?«
Sie nickte nur.
»Wenn Sie das schaffen, dann verspreche ich, solange ich Dirne bin, werde ich bei Ihnen arbeiten. Nichts und niemand kann mich dann abwerben. Ich will meine ganze Kraft in diese Bar reinstecken. Sie werden es nicht zu bereuen haben.«
»Du bist ein seltsames Mädchen, und ich glaube dir. So etwas wie dich, das findet man alle zehn Jahre mal. Ich kenne mich aus. Hanko ist ein Lump und ein Dummkopf dazu.«
»Wie ist es, kann man da was machen?«
Der Boss stand schwerfällig auf und ging zum Fenster.
»Es wird nicht leicht sein.«
»Das weiß ich.«
»Ich kann es tun, aber dann musst du mitspielen, mein Mädchen.«
»Und wie muss ich mich verhalten?«
»Dich vorläufig nicht draußen sehen lassen. Ich sage dir Bescheid, wenn alles vorbei ist.«
»Du willst ihm also die Flügel brechen?«
»So ungefähr habe ich mir das gedacht.«
»Von mir aus kannst du ihm das Rückgrat brechen. Ich würde mich noch darüber freuen.«
»Alles zu seiner Zeit, ganz so einfach ist es nicht.«
Nach der Arbeit bezog sie das Hinterzimmer und wurde von der Bar aus verköstigt. Sie wusste nicht genau, was der Boss tat, um seine Rechte geltend zu machen. Sie arbeitete fleißig, und der Bar bekam das ausgesprochen gut. Kristin hatte schon böse Augen. Doch dann begriffen die drei Dirnen, dass für sie auch eine ganze Menge abfiel, also schwiegen sie.
Einmal erschien Hanko in der Bar. Karla hatte gerade einen Stammkunden bei sich. Sofort fühlte sie einen kalten Schauer über ihren Rücken laufen.
Er musste sich informiert haben, zumindest wusste er, dass sie jetzt eine Klasse-Tülle war.
Seine