Beta antwortete. War diese Antwort stabil? Oder verschwand diese Kugel nach sechzig Sekunden wieder. Keiner regte sich, keiner unternahm etwas. Die Überwachungssysteme, die alle Formen von auftretender Strahlung melden sollten, blieben ebenfalls ruhig. Eine schwarze Kugel, offensichtlich Materie, von wem oder was auch immer, war bei ihnen aufgetaucht.
Die Sekundenanzeige sprang wieder von 59 auf 00. Kein Alarmsignal ertönte. Die Kugel blieb, wo sie war. Sie wollte oder sollte bei ihnen bleiben. Schnell fuhr Pierre ihre Systeme auf Standby zurück.
„Untersuchen wir das!“ Schon gab Geniè eine Materialanalyse in Auftrag. „Offensichtlich ist die Gegenseite in der Lage mit Materie umzugehen. Ich nehme einfach an, dass es keine Handgranate oder so ist und unsere Materialanalyse für das Objekt und umgekehrt nicht gefährlich werden. Andernfalls müssen wir das Labor neu einrichten.“, dachte sie weiter laut. Niemand widersprach ihr.
Schon erschienen die ersten Ergebnisse auf dem Screen. Die Kugel bestand zum größten Teil aus Kohlenstoff, auch Fluor wurde nachgewiesen. Die räumliche Struktur war nicht so einfach zu erfassen, aber Watsons Kinder rechneten fleißig. Mit der Oberfläche waren die Kiddies sofort fertig gewesen. Die Kohlenstoffatome bildeten eine einlagige Schicht wie das von Graphen52 bekannt war. Beim Durchmesser der Kugel staunte die Gruppe: 3,1415926 cm. War das eine Anspielung auf die Zahl Pi?
Marie ergriff das Wort: „Ich seh das so. Nach den bisherigen Ereignissen ist der Durchmesser kein Zufall. Betrachten wir den vorherigen Goldhandel als eine Art von Kommunikation, haben wir jetzt die Aufgabe, eine exakt identische Kugel herzustellen und dann beide Kugeln zurückzuschicken. Und eine erhalten wir dann zurück. Soweit doch ganz einfach.“
„Ja, für einen Mathefreak einfach, doch wer baut die Kugel?“
Und Pierre fuhr fort: „Die sechzig Sekunden für die Antwort sind längstens um, und wir kennen noch nichts von der Kristallstruktur. Wir könnten ja nicht einmal - stellt euch vor, die hätten uns eine Silbermünze geschickt - eine solche in einer Minute perfekt kopieren. Mit wem oder was haben wir es hier zu tun?“
Schimmerte Angst in seiner Stimme?
Auf einem anderen Screen erschien das besorgte Gesicht von Sokrates. „Bleiben wir ruhig und entspannt. Wir wissen, dass wir praktisch nichts wissen. Weder, wer da drüben ist, noch, welche Fähigkeiten dort existieren. Nur scheint man uns technisch weit voraus zu sein. Wir sind hier die kleinen, dummen Kinder. Exakt das sollten wir mitteilen. Wenn Beta auch geistig, intellektuell um so viel weiter ist, wie sie das in der Technik demonstriert haben, werden sie uns verstehen und einordnen.
Wir machen uns nicht gegenseitig nervös, sondern gehen die Sache cool an. Wir stehen zu unserem Wissen und Können. Frei nach Schiller gilt das Grundprinzip Hoffnung. Da ist viel Luft nach oben und die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich bin mir sicher: Man wird uns verstehen, nur anders herum wird es vielleicht dauern, bis die Gegenseite eine Sprache gefunden hat, die wir mit unseren bescheideneren Fähigkeiten lernen können. Euer Hamlet versteht euch auch nicht wortwörtlich. Dennoch klappt die Kommunikation zwischen ihm und uns.“
„Schöne Analogie“, meinte Geniè „aber Hamlet schickt uns keine Goldmünzen. Fände er bestimmt toll: Einen Knochen geben, zwei zurückbekommen.“
Mit dieser Bemerkung löste sich die Spannung im Raum ein wenig. Auf dem Screen passierte auch nichts mehr. Die Materialanalyse hatte immer noch weiße Flecken.
„Was können wir überhaupt in dieser Richtung?“ fragte Maxim und wies auf das Bild der Kugel.
Pierre antwortete: „Also ganz praktisch eigentlich nichts. Angenommen, die Kugel ist eine Art Fulleren53, darauf deuten Oberfläche, Kohlenstoff und Fluor hin. Um Fullerene zu synthetisieren, müssten wir Geräte kaufen oder was bauen. Und nach Stand der aktuellen Möglichkeiten würden wir nur einen Durchmesser von etwa einem Nanometer erreichen. Das ist verdammt weit weg von 3,14… cm. Ich könnte auch aus dem Motorenöl, das ich letzte Woche gekauft habe, Fullerene extrahieren; laut Werbung sind dort welche drin, aber die sind genauso klein. Das Ganze ist so aufwendig wie blamabel.“
Sokrates meldete sich wieder zu Wort: „Wenn ich mich richtig erinnere, lassen sich auf Kupfer monoatomare Schichten von Kohlenstoff aufbringen. Können wir eine Kupferkugel von 3,14 cm Durchmesser herstellen und mit Graphen beschichten?“
Das war ein Fall für Pierre: „Aus dem Bauch heraus - ja. Wir haben vermutlich sogar alles Notwendige in den Labors. Muss mich da im Detail mit Lodo und den Kiddies beraten.“
Er fuhr nach einer kurzen Pause fort: „Bericht gibt es morgen zum Apéritiv dînatoire.“
„Kommst Du auch, Sokrates?“ ergänzte er dann noch.
Geniè mischte sich dazwischen: „Wir lagern die schwarze Kugel in dem alten, nie gebrauchten Castor,54 den wir seinerzeit mit den Hallen übernommen haben. Der steht in Sicherheitstrakt drei. Zu den Überwachungssystemen postieren wir zwei Bodyguard-Robots in Heart-Beat-Konfig55 dort.“
Allgemeine Zustimmung machte sich im Raum breit. Irgendwoher tauchte eine Flasche Pastis auf und gesellte sich zu den Wasserflaschen.
49 Mit Maple Leaf werden kanadische Wertmetall-Münzen aus Gold, Silber, Platin oder Palladium bezeichnet, die in verschiedenen Größen erhältlich sind.
50 Die Unze ist eine eigentlich nicht mehr zulässige Masseneinheit von etwa 30 Gramm.
51 Mit ‚four nine‘, sprachlich für 999,9/1000, wird der Feingehalt einer Münze, also hier der Anteil an Gold angegeben.
52 Graphen ist eine einlagige Anordnung von Kohlenstoffatomen in Form eines Wabenmusters.
53 Fullerene sind hohle, kugelförmige Kohlenstoffmoleküle, gebildet aus einer einlagigen Schicht von Kohlenstoffatomen.
54 Mit dem Namen Castor werden Behälter bezeichnet, die ursprünglich für den Transport radioaktiver Materialien konstruiert wurden und als besonders robust gelten.
55 Bei einer Heart-Beat-Konfiguration, Herz-Schlag-Konfiguration überwachen sich zwei Geräte auf der Basis gegenseitiger Meldesignale.
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