terrane Manifestationen. Klaus Paschenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Klaus Paschenda
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Афоризмы и цитаты
Год издания: 0
isbn: 9783749782543
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Einladung. Das ist sehr freundlich von Ihnen“, gab sie zurück.

      „Ich werde mich melden“, versicherte sie ergänzend.

      Nach einigen weiteren steifen Sätzen verließ Daphne La Ferme.

      36 Der Corbusier Sessel ist ein klassischer würfelförmiger Sessel im Design von 1929, üblicherweise schwarzes Leder im Chromgestell.

      37 Orangina ist eine französische Orangenlimonade.

      38 Vollmer, Gerhard: Evolutionäre Erkenntnistheorie; Stuttgart, 6. Aufl. 1994, S. 35

      39 Kant hat vier Grundfragen formuliert, die immer wieder zitiert werden:

      - Was kann ich wissen?

      - Was soll ich tun?

      - Was darf ich hoffen?

      - Was ist der Mensch?

      Aus: Kant, Immanuel: Werke VI, Logik. Ein Handbuch zu Vorlesungen (1800), Theorie-Ausgabe; Frankfurt, 1964, S. 447

      40 ‚Ich weiß, dass ich nichts weiß.‘ wird Sokrates zugeschrieben.

      12 Gravitation

      „Wisst ihr, was heute für ein Tag ist?“

      Die Frage war auf allen Screens des Hauses als Titel eingeblendet, denn ansonsten gab es nichts aktuell Wichtiges. Da das Wetter wieder septemberhaft regnerisch war, trafen sie sich in ihrer Tea-Time-Ecke hinten im Flur, auch wenn der offene Kamin noch im Sommerschlaf weilte. Holz lag aber bereit.

      „Dann lasst uns klären, wer da was zu sagen hat“, meinte Geniè, „weiter, Kiddies!“ Das Gesicht von Sukal aus dem Schwarzwald erschien auf dem Schirm.

      „Doch noch aus dem Bett gefallen? Es ist 10: 12.“

      Ihre aktuellen Planungen hatten für heute keine besonderen Termine, es dürfte sich nur um einen persönlichen Feiertag oder einen Jahrestag handeln. Bevor sie von den Kiddies eine Liste möglicher Tage abrufen konnten, erschien auf dem Schirm ein Schrieb, wie man es früher genannt hatte.

      Sah aus, wie ein Ausschnitt aus einem Rauschen, wie Physiker Signale nannten, die auf den ersten Blick nichts enthielten.

      „Das hab ich schon mal gesehen.“ Maxim erinnerte sich. „Es ist eine Aufzeichnung der ersten von der Menschheit empfangenen Gravitationswellen. Sie stammten, glaube ich, von der Verschmelzung zweier schwarzer Löcher.“41

      „Das war am 14.9.2015, länger ist das nicht her!“ ergänzte Sukal. Alle waren ein wenig überrascht.

      „Ja“, fuhr Sukal fort: „Damals hatten die dafür benutzten Michelson-Interferos42 noch große Ausdehnungen. Die Armlänge betrug vier Kilometer. Und heute: Dank der Multireflexsysteme passt das Ganze bei noch verbesserter Empfindlichkeit in ein handelsübliches Büro. Wie ihr wisst, haben wir hier im Schwarzwald bereits zwei in Betrieb. Und - trara - gestern haben die Robots in Fessenheim euer Interfero fertig gestellt. Es steht in einem Abstand von einigen zehn Metern von dem vergleichsweise primitiven Gravitationswellensender, den ihr in der anderen Halle gebaut habt. Wir sind drei Wochen vor dem Plan.“ Seine Ausführungen bezogen sich auf die Absprache des Versuchs, Beta mit Gravitationswellen zu erreichen. Nach langen Diskussionen mit Sokrates wollten sie dieses Wagnis eingehen.

      Vor Begeisterung trommelten sie auf den Tisch.

      „Ein guter Grund für ein gutes Essen heute Abend“, ließ sich Marie vernehmen. „Kommt ihr rüber?“ Sie meinte die Schwarzwälder.

      Maxim ergriff das Wort: „Wir sind hier auch bereit für den nächsten Gang - nicht schon wieder ans Essen denken - über die Brücke. Schlage vor, dass wir die Systeme anfahren, dann können wir bequem um 14 Uhr starten. Insbesondere der Sender mit den fürchterlich großen Massen braucht Zeit.“

      Jeder verschwand an seinem Platz, um den ihm eigenen Bereich des Systemstarts zu überwachen und, falls notwendig, Nachjustagen durchzuführen.

      Wieder im Flur, kurz vor der vereinbarten Zeit, wandte sich Marie an Lodo: „Hast Du das echt hinbekommen? Ich bin mir nicht sicher, ob die Transformationsoperatoren, die das Umsetzen der Gravitationswellen auf den Brückenkopf beschreiben, korrekt sind.“

      „Das war verdammt knifflig. Die Toroperatoren, die unsere Strahlungsquellen steuern, beinhalten einige Hinweise für die Praxis. Schwierig war, die Toroperatoren auf die Gravitationswellen anzuwenden. Ich hoffe, dass es funktioniert. Bis auf den letzten binären Toroperator habe ich das Ensemble getestet. Wir gehen die Tage meine Implementation gemeinsam durch. Vielleicht siehst du aus deiner Perspektive weitere Hinweise für die Theorie.“

      Es war so weit. Alle Screens liefen. Die meisten Anzeigen waren grün. Hier und da blinkte etwas gelb, aber jeweils umgeben von einem grünen Kreis. Das bedeutete: Manuell geprüft und für diesen Versuch freigegeben.

      „Wir sind startklar. Alle Systeme sind grün. Wir werden eine Minute Gravitationswellen durch das Tor schicken. Dann warten wir ab. Ihr seht, dass unsere Michelsons brav registrieren. Noch Fragen oder Sicherheitshinweise?“

      Keiner regte sich.

      „Wir starten durch Automatik mit Beginn der nächsten Minute. Startautomatik ein.“ Er vergrößerte die digitale Uhranzeige auf dem Screen.

      Im Sekundentakt ging es auf 00 zu. Die Sendung begann. Ungerichtete Gravitationswellen mit einer Leistung, die auch für sie, die in Zehnerpotenzen dachten, grausam gering war, verließen ihre Welt. Neben der Uhr waren die Anzeigen der beiden Michelsons aus dem Schwarzwald und die ihres in Fessenheim eingeblendet. Die Überlagerung zeigte, wie nicht anders zu erwarten, ein saubere Synchronizität. Die Aussteuerungsautomatik sorgte für eine achtzigprozentige Skalierung. Ihre Augen hingen am binären Toroperator: Stabil wurden 100% angezeigt. Nach den programmierten sechzig Sekunden fiel die Anzeige auf 0%, Ende der Sendung.

      Offensichtlich wie gehabt, keine besonderen Ereignisse. Niemand wollte was sagen. Die Sekunden zählten auf das nächste 00 zu.

      In dem Moment passierte es. An allen Michelsons blinkten die Rahmen um die Anzeigen rot. Overload! Aus der schönen blauen Sinuskurve wie bei einer ungedämpften Schwingung war ein Fastrechteck geworden. Sie sprangen auf.

      „Sensitivität Michelson 1 auf 1 Prozent, Sensitivität Michelson 2 auf 1 Milliprozent“, brüllte Pierre. Er konnte nur schätzen. Die entsprechenden Signale begannen sich von der Rechteckform zu entfernen, doch zu langsam. Michelson 2 zeigte Unregelmäßigkeiten. Diesem technischen Aspekt, der sogenannten Einstellzeit, hatten sie bisher keine besondere Beachtung geschenkt.

      Zwischenzeitlich waren schon siebenundzwanzig Sekunden vergangen. In Zeitlupe veränderten sich die Kurvenformen von Michelson 1 und Michelson 2. Marie hatte Pierre an die Hand genommen. Die Spannung im Raum war in Volt nicht mehr zu messen. Neunundfünfzig und … Ende der Sendung.

      Michelson 1: auf der Nulllinie, Michelson 2: auf der Nulllinie, Michelson 3: wieder wie der ursprüngliche Sinus.

      Es war geschehen.

      Ein Stimmengewirr füllte den Raum, die Schwarzwälder trugen verzögerungsfrei dazu bei. Geniè setzte sich als erste, trank ihr fast volles Glas San Pellegrino auf einen Zug aus.

      „Ruhe!“ Ihr Zwischenruf war schärfer als gewollt.

      „Wir haben eine Reaktion erzeugt! Aus einer anderen Welt! Wow! Das heute ist ein historischer Tag. Jetzt und mit heute Morgen, dem Jahrestag, zählt er doppelt.“

      Sie atmete laut ein und aus, um sich selbst zur Ruhe zu bringen.

      „Das kann uns freuen, auch wenn wir immer noch keine Ahnung haben, was auf der anderen Seite der Brücke ist. Zumindest wissen wir jetzt, dass dort etwas sein muss, was reagieren kann. Das ist nicht klein! Das macht auch Angst. Können wir die Stärke der Reaktion