Shinobi - Dem Untergang geweiht. Danny Seel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Danny Seel
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Shinobi
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783749736225
Скачать книгу
Als Noriaki keine Antwort erhielt, fuhr er fort. „Scheint, als tun Sie es nicht. Dann lasst mich es Ihnen in Erinnerung rufen. Es war vor zweieinhalb Jahren, kurz nach dem Fall Maruyamas, im Gasthaus. Ich habe wegen Ihnen das Gesicht verloren! Vor allen Anwesenden!“

      Noriakis Miene verfinsterte sich und vor Wut ging sein Atem unregelmäßiger.

      Yujiro blieb ausdruckslos. „Ihr scheint aber die Tatsache zu vergessen, dass Ihr es wart, der den Streit überhaupt begonnen hat.“

      „Mir ist vollkommen egal, wie es angefangen hat. Wichtig ist, wie es endet! Der beste Weg meine Würde zurückzuerlangen, ist es Euch zu bezwingen. Ich werde Euch auf die Knie zwingen und öffentlich verhöhnen.“

      Kiyonori bemerkte, dass es keinen Zweck gab, ihn davon abzuhalten. Noriaki war wie ein wütender Hund, der tagelang ohne Rast seine Beute gejagt hatte und er würde ihn angreifen, sogar wenn er keinen Grund mehr dafür hätte. Außerdem waren zweieinhalb Jahre des Wartens keine kurze Zeit.

      „Manche Menschen sind wie Gewitterwolken“, murmelte der Chūnin. „Sobald sie verschwinden, ist es ein schöner Tag.“

      „Was haben Sie gesagt?!“, fragte Noriaki entrüstet.

      „Ach, schauen wir einfach zu, dass wir’s hinter uns bringen“, seufzte Yujiro.

      Ohne einen Augenblick zu zögern, warf sich Noriaki mit einem fiesen Lächeln auf seinen Widersacher. Kiyonoris Körper spannte sich an und er nahm instinktiv eine Kampfstellung ein, in Erwartung auf den kommenden Angriff.

      Zu seinem Entsetzen sah er das Aufblitzen einer Klinge. Schockiert sprang er zurück und spürte, wie sie ihn gerade noch verfehlte, bevor er reflexiv einige Schritte rückwärts trat. Er hatte gedacht, dass dieser Kampf ohne Waffen ablaufen würde. Jetzt jedoch bemerkte er die Hinterhältigkeit seines Gegners.

      Noriaki hatte seine gesamte Konzentration auf Yujiro gerichtet. Bedrohlich hielt er ein Sai in seiner Hand, eine Hiebwaffe, deren Parierstange in der Form eines Dreizacks gebildet war und deren Klinge eine Länge von ungefähr einem halben Meter besaß. Langsam zog er eine zweite solche Stichwaffe aus seinem Obi. Der Vorteil des Sai war, dass man seine Parierstange nicht nur zum Abwehren von Stößen anwenden konnte, sondern auch zum Stechen, da deren Spitzen beinahe die Schärfe der Klinge selbst hatten.

      Unverzüglich riss Yujiro ein Tantō aus seinem Gürtel und griff nach einigen Shuriken, einigen Wurfsternen. Als Shinobi war er sich der ständigen Gefahr eines Überraschungsangriffs bewusst und war zu jeder Zeit zumindest leicht bewaffnet.

      „Dann zeigt mir, was Ihr draufhabt!“, zischte der Chūnin.

      Er spürte, wie Adrenalin durch seine Adern schoss. Obwohl er es bevorzugte, einen Kampf zu umgehen, genauso wie es sich für einen Shinobi gehörte, hatte er den Nervenkitzel des Gefechts vermisst. Seit seines Rangaufstiegs war er auf keiner Mission mehr gewesen und hatte stattdessen andere Männer damit beauftragen müssen. Mit einer Handbewegung forderte er seinen Widersacher auf, näherzukommen.

      Ohne zu zögern, begann Noriaki seinen Gegner mit einer Unmenge von Stichen und Stößen zu attackieren, wem es allerdings gelang, sie geschickt zu parieren. Blitzschnell übte der Erstere einen stechenden Hieb mit einem seiner Sai aus, der im Bruchteil von einer Sekunde von einem zweiten begleitet wurde. Yujiro hatte keine andere Wahl als zurückzuweichen, bis sein Widersacher ihm zu nahe kam und er gezwungen wurde, den Stoß mit seinem Messer abzuwehren. Doch während er den Angriff seines Rivalen zu seiner Rechten blockierte, wurde er von dessen linker Waffe attackiert, sodass er zurückspringen musste, um unversehrt zu bleiben.

      Noriaki schien jedoch nicht aus dem Kampfrhythmus gekommen zu sein, denn er imitierte den Sprung seines Gegners und folgte ihm nach. Nachdem er Yujiro mit fünf weiteren, konsekutiven Stichen und Hieben angegriffen hatte, schaffte er es, ihn auf ein Knie zu zwingen, als er einen besonders starken Stoß durchführte. Mit einem triumphierenden Lächeln stieß er nach dem ungeschützten Hals des Chūnin, der nun praktisch auf dem Boden saß.

      Schnell nahm Kiyonori eine Handvoll Erde und schleuderte sie seinem Widersacher ins Gesicht, sodass der Hieb seinen Kopf knapp verfehlte. Noriaki sprang zurück und versuchte die Erde aus seinen Augen zu entfernen. Zu seinem Entsetzen fühlte er, wie ihm eines seiner Sai aus der Hand geschlagen wurde, was von einem stechenden Schmerz in seinem Unterarm begleitet wurde.

      Sobald er wieder sehen und von seinem Widersacher entwischen konnte, warf er einen Blick auf seinen Arm und bemerkte, wie sich sein Ärmel an einer Stelle rot färbte. Den Schmerz des Stichs ignorierend, wandte er sich erneut seinem Gegner zu, der ihn spöttisch aus einer sicheren Entfernung musterte.

      Yujiro konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Wir müssen nicht mit diesem Theater fortfahren. Ich gebe Ihnen noch eine Chance aufzuhören. Es wird uns sowieso nichts bringen.“

      „Niemals!“, brüllte Noriaki und riss eine Kama aus seinem Gürtel, eine Sichel, die zum Pflanzen und Ernten von Reis sowie für den Kampf angewandt werden konnte.

      Der Chūnin schnaubte verächtlich. „Wie Sie wollen.“

      Bedenkenlos rannte Noriaki direkt auf Kiyonori zu. Der Letztere wartete einen Augenblick ab, bevor er einen Wurfstern mit voller Wucht auf seinen Gegner warf und dann selbst auf ihn zusprang. Dieser schaffte es noch in der letzten Sekunde, den Shuriken mit seinem Sai abzufangen. Dann parierte er den Messerstich, der seiner Brust galt, hatte aber keine Zeit seinen Widersacher von seiner nächsten Tat abzuhalten.

      Pfeilgeschwind packte ihn Yujiro mit beiden Händen am Kimono und zog ihn kraftvoll an sich. Noriaki, der ihm seine Kama in die Seite hatte bohren wollen, wurde gezwungen seine Strategie zu überdenken, als er spürte, wie sein Gleichgewicht zwangsweise vorwärts verlagert wurde. Taumelnd trat er einen Schritt nach vorne, um nicht hinzufallen. Im Nu hatte ihm sein Gegner das Bein in die Magengrube gerammt und der Chūnin ließ sich nun rücklings zu Boden fallen.

      Panik schoss durch Noriakis Kopf. Doch bevor er etwas unternehmen konnte, spürte er, wie er mithilfe des vom Fall erzeigten Schwunges sowie Kiyonoris ziehenden Händen und schubsenden Fuß von der Erde abgehoben und über seinen Widersacher katapultiert wurde. Er machte einen Purzelbaum und flog über Yujiro, bevor er heftig auf der Erde aufschlug, wobei er seinen Sai und sein Kama reflexiv losließ. Der Aufprall trieb ihm die Luft aus den Lungen, sodass er einen Moment lang benommen und schockiert auf dem Rücken dalag.

      Erschrocken bemühte er sich, sich so schnell wie möglich aufzurappeln, sobald er seine Sinne wiedererlangte, doch der Chūnin streckte ihn mit einem kräftigen Schlag nieder. Aufstöhnend hob er den Kopf und erblickte Yujiro, der nun neben ihm stand und kopfschüttelnd auf ihn herabsah.

      „Und was soll ich jetzt mit Ihnen tun?“

      Der Chūnin bemerkte, wie Noriaki seine Frage ignorierte und abrupt auf etwas hinter ihm blickte. Er spürte auf einmal eine Gefahr hinter sich und ihm wurde klar, dass man ihm einen Hinterhalt vorbereitet hatte. Er wollte sich rasch über die Schulter schauen, war jedoch nicht schnell genug.

      Plötzlich erfüllte ein überraschender, lauter Knall die Luft. Yujiros Körper durchzuckte es heftig und er erstarrte auf der Stelle. Ein brennender Schmerz schoss ihm durch den Schulterbereich und er fühlte, wie warmes Blut anfing seinen Rücken hinunterzulaufen. Die Zeit schien sich zu verlangsamen und er spürte schlagartig, wie er kurz davor war, in Ohnmacht zu fallen.

      Der Nachhall des Knalls blieb noch hängen, als Kiyonori sich mit ein paar taumelnden Schritten mühsam umdrehte. Sobald er die Person vor sich erblickte, gefror ihm das Blut in den Adern. Seine Augen weiteten sich und eine entsetzliche Erkenntnis traf ihn: Verrat!

      „Nein!“, schrie er zutiefst bestürzt auf. „Wieso?“

      Vor ihm stand Teruo mit einer rauchenden Luntenschloss-Arkebuse.

      „Tut mir leid, Yujiro“, sagte er mit einer Spur von Reue in der Stimme. „Es ist nichts Persönliches.“

      Ohne Vorwarnung trat Teruo näher und schlug ihn mit dem Gewehrkolben nieder, sodass alles vor Kiyonoris Augen schwarz wurde, als er bewusstlos zusammensackte.

      8.