Da somit jedoch die staatlichen Gehälter ins Unermessliche wachsen würden, während die herkömmliche Wirtschaft unter den kategorisch imperativen Maßnahmen vor dem Zusammenbruch steht, bekäme man es nun mit dem Problem der Finanzierung zu tun.
5.
Man verlöre zusehend den Bezug zur Realität, sofern man weiterhin kategorisch imperative Lösungsmöglichkeiten suchte:
Wenn man den wirtschaftlichen Handel heute nämlich streng an sich betrachtet, darf man alle nur erdenklichen materiellen Güter für Papier erhalten. Denn was könnten Geldscheine eigentlich noch anderes darstellen als spezifisch bedrucktes Papier? Für solches Papier wird der Großteil aller kriminellen Handlungen begangen. Es ist hauptverantwortlich für den ökologischen Suizid unseres Seins. Dieses Papier lässt sich vermehren und somit soziale Ungerechtigkeit entstehen.
Die Folge ist, dass eine Unzahl von Menschen auf oder unter dem Existenzminimum dahin vegetieren, während eine privilegierte Minderheit über Millionenbeträge an Kapital verfügt. Ein solcher Zustand kann unmöglich im Sinne des Kategorisch Imperativs sein.
Wenn man diesen Gedanken zu Ende denken würde, müsste man das Geld wohl ganz abschaffen, aber ein daraus resultierender Tauschhandel würde in der Realität mit zu vielen Nachteilen verbunden sein. Das Problem scheint also weniger am Geld zu liegen, als an der Schwierigkeit, es gerecht zu verteilen.
Man könnte an dieser Stelle ein klassisches Beispiel anführen: Ein Kommunist geht zu einem Kapitalisten und macht ihn darauf aufmerksam, dass er zu viel besitzt. Rein aus der Philosophie heraus betrachtet ist das keine unberechtigte Kritik. Nun antwortet der Kapitalist jedoch, dass der materielle Überfluss sein Eigentum sei und wenn man ihn den Armen zukommen lassen würde, wäre dieses nichts anderes als Diebstahl. Er weigert sich, sein Geld dem Staat zu überlassen.
Nun kommt der springende Punkt:
Sobald der Kommunist sich durchsetzen will, wird er Menschenrechte verletzen. Auch wenn viele der kommunistischen Ideen durchaus plausibel erscheinen mögen, endeten ihre Durchsetzung bis heute in Exekutionen, Folter, Aggressionskriegen und staatlicher Überwachung.
Ein Alptraum ohnegleichen.
Man mag mit materiellen Enteignungen also schlechte Erfahrungen gemacht haben, aber auch das wird nicht darüber hinweg täuschen können, dass die bisherige Menschheitsgeschichte auf der sozialen Ungerechtigkeit basiert.
Ein gerecht ausführendes Staatsorgan hätte – rein aus dem Idealismus heraus betrachtet - dafür Sorge zu tragen, dass auch in den größten Umwälzungen seiner Reformversuche die Grundbedürfnisse der Bürger jederzeit befriedigt bleiben. Das könnte es theoretisch nur, sobald man Gesetze erlassen würde, die regeln, wie viel ein Mensch an Geld, materiellen Gütern sowie auch Wohnraum und verursachter Arbeit in Gesamtheit für sich selbst beanspruchen darf. Wer diese Grenzen überschreitet, macht sich strafbar. Die klassenlose Gesellschaft bezieht sich dabei aber nur auf das Materielle und versucht nicht Führungsstrukturen ihrer Einflussnahme zu berauben. Und die Regierenden dürften natürlich keine Privilegien mehr genießen. Die Moralität des politischen Wirkens würde nicht mehr länger von Ländergrenzen eingeschränkt bleiben, sondern eine globale Verantwortung auf sich nehmen. Dort wo die Not am größten ist, müsste als erstes Hilfe angeboten werden.
Der Staat besäße und verfügte also über alles und würde sich in seinem grenzenlosen Reichtum und seiner unkontrollierbaren Macht lediglich darauf beschränken, jegliche Werte seiner Wirkungsbereiche der Gerechtigkeit gemäß zu verteilen. Am Vermehren hätte man so kein Interesse mehr.
Bleiben solche Spinnereien aber nur ein Traum, der niemals umzusetzen sei?
6.
Was antwortet der Kategorische Imperativ auf diese Frage? Wie kann eine moralisch konsequente Regierung Ihre Autorität aufrechterhalten, ohne die Menschenrechte zu verletzen?
Die Antwort darauf ist so einfach, wie sie utopisch ist: Wir kommen zurück auf die kollektive Anwendung des bewussten Fastens.
Wir sind nun am unbequemsten, jedoch entscheidendsten Punkt einer moralisch durchsetzungsfähigen Regierung angelangt: Jedes gesellschaftliche System kann als langfristig nicht in die Realität umsetzbar betrachtet werden, solange nicht der soziale, heilende und spirituelle Wert des bewussten Fastens in der Medizin, in der Rechtsprechung, in der Politik sowie im freiwilligen Gebrauch genutzt werden mag.
In der Justiz würden also einzig und alleine Verurteilungen zu bewussten Fastenkuren die letzte verbleibende Möglichkeit beinhalten, Verbrechen aller Art zu bekämpfen, ohne dabei selbst Verbrechen zu begehen. Die Kuren könnten unter ärztlicher Aufsicht in ihrer Form und Dauer individuell gestaltet werden.
Die Verbrechen wären unter diesem Aspekt in zwei Gruppen einzuteilen: Einer ersten, in welcher ein Vergehen nur einmalig begangen worden ist und eine Wiederholungstat nicht zu befürchten sei. Und einer zweiten, in welcher diesem nicht so ist.
In der ersten Gruppe würden die Täter lediglich mit einer individuellen Fastenkur bestraft werden. Einer Prozedur, welche bei allen Vorteilhaftigkeiten sicherlich auch ihre abschreckenden Wirkungen erfährt, während bei der zweiten Gruppe das europäisch - demokratische Rechtssystem mit seinem Freiheitsentzug wahrscheinlich im Großen und Ganzen beibehalten werden könnte.
Ziel des Fastens im Strafvollzug sollte es letztendlich sein, aus einer innerlich erlangten Überzeugung heraus keine weiteren Verfehlungen mehr begehen zu wollen und ein ehrlicher Mensch zu werden. Bei derartigen Möglichkeiten wäre mit der bloßen Ermittlung des Täters die Aufklärung eines Verbrechens noch nicht abgeschlossen.
Um aber noch ein weiteres Beispiel anführen zu dürfen, in welchem die Anwendung des Fastens unschätzbare Dienste leisten könnte: In der Politik würde eine gewaltfrei kämpfende Armee nicht weniger zu jeder Zeit in der Lage sein müssen, in voller Bewusstheit kollektive Fastenaktionen durchzuführen. Bei Auseinandersetzungen politischer Natur würden ansonsten zu leicht gegnerische Gewaltmaßnahmen unkontrollierbare Vergeltungsreaktionen provozieren, bis sich jede moralische Anstrebung in einen Teufelskreis gegenseitig zugefügter Menschenrechtsverletzungen verstrickt. Vielleicht haben sich sogar alle bisherigen Revolutionen nur deshalb irgendwann im Sand verlaufen müssen, weil das politische Potential des Fastens bis heute nicht genutzt worden ist. Das regelmäßige Fasten sollte somit ebenso zur militärischen Ausbildung gehören wie das Studium der Schriften Mahatma Gandhis und der Reden Martin Luther Kings.
Es haben uns Erfahrungen gelehrt, dass es unverantwortlich ist, Konsumbelange den Händen privater Investoren zu überlassen. In einer Regierung, die sich konsequent am Kategorischen Imperativ orientieren würde, müsste sich sogar die gesamte Ernährung unter staatlicher Kontrolle befinden, um somit notfalls auch gewaltfreie Ausnahmezustände ausrufen zu können, in welchen kollektive Fastenzeiten für ganze Bevölkerungsregionen erzeugt werden könnten. Auf andere Art und Weise wären Reformen in besagten Ausmaßen überhaupt nicht umsetzbar, da das zunächst ausbrechende Chaos und die öffentlichen Proteste ansonsten nur noch mit Gewaltmaßnahmen zu beruhigen wären
7.
In einem derartigen Staat, nennen wir ihn an dieser Stelle ruhig „Utopia“, wäre die Ernährung der Bevölkerung also ein maßgebender Bestandteil einer durchsetzungsfähigen Regierung.
Gegessen und getrunken werden würde in Utopia ausschließlich in öffentlichen Einrichtungen, die vom Staat betrieben sowie unterhalten werden. Außerhalb solcher Einrichtungen dürfte keine Nahrung mehr den Bürgern zugänglich gemacht werden. Auch bei gesundheitlichen Risiken während Fastenkuren sollten die bewilligten Ausnahmen der Nahrungsausgabe immer vom Staat kontrolliert bleiben. Das würde ungeahnte Möglichkeiten in sich bergen:
Neben der Anwendung kollektiver Fastenaktionen könnte man zum Beispiel auch eine verpflichtend vegetarische Ernährung erfolgreich umsetzen. Da Tiere schmerz- und angstempfindliche Lebewesen sind, könnten diese mit Hilfe diktatorischer Ernährungsreformen genauso unter rechtlichen Schutz gestellt werden wie Menschen.
Es versteht