Am nächsten Abend saßen sie bereits wieder an einer so vorzüglichen Tafel, dass beiden das Wasser im Mund zusammenlief.
Angerichtet auf feinster Keramik aus Faenza, die als Neuheit italienischer Herkunft erst vor Kurzem ihren Weg an den kaiserlichen Hof gefunden hatte, standen die Speisen vor ihnen. Zuerst bewunderten sie wieder einmal die Feinheit der Struktur des Tafelgeschirrs.
»Schaut nur, die Farben, die Brillanz ist unübertroffen«, war Friedrich sichtlich stolz auf sein Tafelgeschirr. »Die Art, wie die Italiener auf den gebrannten Ton eine Zinnglasur aufbringen, ist einfach unvergleichlich.«
»Unser Freund Enea Silvio de’ Piccolomini hatte es schon immer verstanden, sich mit guten Leuten bekannt zu machen.« Andreas wusste genau, wem Friedrich dieses Fayence-Geschirr zu verdanken hatte.
»Dieser Luca Della Robbia, der die Erfindung gemacht hat, lebt er noch in Florenz?«
»Ich denke ja.«
»Wir sollten ihn an unseren Hof rufen und die Kunst dieser Keramik-Herstellung hier lehren lassen.«
»Daraus wird nichts werden. Della Robbia ist alt und gebrechlich. Diese Reise würde ihn umbringen. Und außerdem: Die Florentiner überwachen eifersüchtig ihre Waren und möchten nicht, dass irgendjemand sie nachmacht. Zwar gibt es schon Manufakturen auf der Insel Mallorca und anderswo, die ähnliche Keramik herstellen, aber alle sind sehr verschlossen. Das ist allgemein bekannt.«
Der Leibarzt war häufiger im Süden gewesen und wusste um die Praktiken des Handels und der Herstellung von gefragten Produkten.
Nachdem dieses Thema erledigt war, wandten sie sich dem Essen zu.
Andreas Reichlin von Meldegg war im Gegensatz zum nur mäßig gaumengebildeten Kaiser ein Feinschmecker. Auch wenn er seinen Patienten häufig davon abraten musste, er selbst wusste ein gutes Mahl sehr wohl zu schätzen. Und beinahe alles, was Friedrich III. über gutes Essen wusste, hatte dieser von ihm.
Friedrich erinnerte seinen Leibarzt hingegen gerne an die traumatischen Geschehnisse des Habsburger Bruderkriegs von 1462.
»Als mein eigener Bruder mich damals bekriegt und in der Wiener Hofburg eingeschlossen hatte, da war Haferbrei das Beste, was es zu essen gab. Hunde und Katzen haben wir in unserer Not gegessen, sogar die Aasgeier, die eigentlich auf unser Ende warteten, landeten zu ihrer eigenen großen Überraschung in unseren Kochtöpfen.«
Den Gourmet Reichlin von Meldegg schüttelte es bei dem Gedanken daran.
»Damals habe ich mir geschworen, dass ich nie wieder solch eine entsetzliche Speise zu mir nehmen muss.«
Nun stand vor ihnen eine Kalbsbrust, gefüllt mit in Wein eingeweichtem Weißbrot, Eiern, Butter und Rosinen. Das Fleisch duftete herrlich nach Muskatnuss und Thymian.
Friedrich ließ großzügig den Wein dazu einschenken.
»Unser Koch hat sich wieder einmal selbst übertroffen.«
»Wollen wir ihn nicht enttäuschen!«
Beide ließen sich die Kalbsbrust munden, dennoch konnte sich Andreas Reichlin von Meldegg einen Kommentar nicht verkneifen.
»Wenn Ihr weiter den sauren Wein in Euch hineinstürzt, werdet Ihr nicht mehr lange leben.« Friedrich stutzte, rümpfte seine lange, mächtige Nase und fragte indigniert:
»Was soll ich denn Eurer geschätzten Meinung nach trinken? Vom Wasser allein werde ich krank. Und guten Most gibt es nicht zu jeder Zeit des Jahres.«
Andreas erwiderte:
»Lasst Euch einen guten Brauer an den Hof kommen und trinkt kräftiges, süßes Bier. Das wird Euer Leiden vielleicht mildern, zumindest aber nicht so schädlich sein wie die zwei Liter vom sauren Wein, die Ihr täglich trinkt.«
Friedrich nickte und sagte:
»Dann helft mir aber bei der Suche.«
»Wie wäre es wieder einmal mit einer Kur? Vor zwei Jahren, als der Fürstentag in Baden-Baden tagte, habt Ihr dies gleich mit einer heilsamen Kur verbunden. Im Rheinischen gibt es gute Brauer. Lasst uns dort einen suchen.«
»Ein guter Gedanke! Dann möchte ich auch nach dem mir treu ergebenen Straßburg reisen. Das sind mir seit jeher mit die liebsten Untertanen gewesen. Und eine Heilige Messe im Straßburger Münster ist niemals zu verachten.«
Der Kaiser auf Reisen
Schneller als beabsichtigt, zwangen zahlreiche verschiedene Angelegenheiten Kaiser Friedrich zu einer längeren Reise über viele Stationen.
Im Frühjahr 1475 setzte sich der kaiserliche Tross von Wiener Neustadt aus in Bewegung.
Neben dem Kloster Salem hatte auch Dijon in Burgund als eines der wichtigsten Reiseziele gegolten. Dort wollte Friedrich mit Karl dem Kühnen, dem Herzog von Burgund, die Verheiratung seines Sohnes Maximilian mit Maria von Burgund und auch die Besitzverhältnisse von Luxemburg verhandeln.
Dieses seltsame Staatengebilde, das sich Burgund nannte, hatte sich in den letzten 100 Jahren zu einem teilweise zersplitterten, teilweise aber auch kompakten Territorium gemausert, das vom Genfer See bis zum Oberlauf der Loire und nach Westfriesland reichte. Dort entfaltete das späte Mittelalter seine prächtigste Hof- und Lebenshaltung, nirgendwo sonst wurde so farbenprächtig gelebt und gefeiert wie in Burgund.
Als verbindende Landbrücke zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation weckte die Pracht Burgunds jedoch immer wieder Begehrlichkeiten als potenzielles Beuteobjekt. Und so war Karl der Kühne dabei sowohl meist Verteidiger seines Reiches als manchmal auch vorbeugender Aggressor und tummelte sich munter auf den Schlachtfeldern Zentraleuropas.
Daher hatte sich auch in der Zwischenzeit die Reiseroute des Kaisers geändert. Dijon wurde gestrichen. Karl der Kühne hatte im Juni 1474 begonnen, die Stadt Neuss zu belagern.
Und das, obwohl er zur gleichen Zeit, im November desselben Jahres, bei Hericourt von den Eidgenossen im Auftrag der Habsburger besiegt wurde.
»Wie kann dieser Tor zwei Kriege zugleich führen?« Friedrich war ratlos.
Auch die Neusser Belagerung, die im Zusammenhang mit der Kölner Stiftsfehde stand, bei der Karl den Erzbischof von Köln, Ruprecht von der Pfalz, unterstützte, wurde von Friedrich nicht gutgeheißen.
»Wir müssen diesen Narren wieder zur Räson bringen, bevor er noch größeren Schaden anrichtet«, sagte Friedrich mehr als einmal.
»Hat er aus Hericourt nichts gelernt?«
Da er mit leichtem Tross und wenigen Wachsoldaten reiste – er wollte schneller und beweglicher unterwegs sein –, hatte er seine Armee schon einmal nach Neuss vorgeschickt.
In Salem hatten sie ihren ersten längeren Aufenthalt. Das Stift im Linzgauer Hinterland des Bodensees war ein wohlhabendes Zisterzienserkloster und seit 1137 im Rang einer Abtei.
»Salem, ein schöner Name! Der biblische Ort des Friedens.«
Friedrich machte hier gerne Station.
Die politisch ehrgeizigen Äbte wussten, was sie an diesen hohen Besuchen hatten, und hofierten diese entsprechend. Die Bewirtung war wieder einmal erlesen. Die klostereigene Brauerei stellte ein passables Bier her, und die Klosterküche war für hohen Besuch auf Wild spezialisiert. Hirsch, Hirschkuh und Wildschwein gab es in solchen Mengen, dass die köstlichen Rebhühner nur beiläufig zur Kenntnis genommen wurden.
Auch hier wurde mit Leidenschaft über die Kochkunst diskutiert, und das ohne erhobenen Zeigefinger, da der saure Wein diesmal wegfiel.
»Diese grüne Sauce ist ein Geschenk des Himmels«, seufzte von Meldegg und tunkte einmal mehr ein großes Stück Weißbrot hinein.
»Was da wohl alles drin sein mag?« Friedrich aß zwar auch mit Genuss, ihm fehlten indes die Kenntnisse über die Zutaten.
»Wenn ich mich nicht täusche,