10x bei Google X
Alphabet (vormals Google) jagt den 10xGedanken auf die Spitze. Während andere Konzerne Forschungsabteilungen einrichten, die Innovationen im Kerngeschäft vorantreiben sollen, verfolgt Alphabet einen komplett anderen Ansatz. Mit X betreibt der Googlekonzern ein eigenes Unternehmen, dessen Ziel es ist, Moonshots außerhalb des Kerngeschäfts zu entwickeln.
Diese »Moonshot Factory« soll radikal neue Tech-Lösungen für die großen Probleme der Menschheit entwickeln und daraus Unternehmen gründen, die das Potenzial haben, größer als Google selbst zu werden.
Häufig ist es einfacher, etwas 10 mal besser zu machen, als es um 10% zu verbessern.
Astro Teller, Google X
Moonshot-Projekte bei X folgen einem festen Muster. Zuerst wird ein Problem identifiziert, das viele 100 Millionen Menschen betrifft. Dann setzt sich ein Team von Kreativen, Wissenschaftlern und Tüftlern zusammen, um Lösungen für dieses Problem zu beschreiben, so unwahrscheinlich sie auch klingen mögen. Liegt wegen aktueller Durchbrüche in der Forschung oder Weiterentwicklungen von Technologien auch nur der Hauch eines Hinweises darauf vor, dass eine Umsetzung der erarbeiteten Lösungen innerhalb der nächsten Dekade nicht unwahrscheinlich ist, formt sich ein Moonshot-Team und beginnt seine Arbeit.
Von rund 100 Ideen, die X jedes Jahr prüft, wird nur eine Handvoll durch ein Team weiter verfolgt. Dieser Ansatz mag zunächst eigenartig erscheinen, doch nur so entstehen 10xInnovationen: Es gilt, sich von den bereits bestehenden Lösungen und Vorgängen zu distanzieren und zu überlegen, was darüber hinaus möglich sein könnte. X hatte mit dieser Strategie schon mehrmals Erfolg.
Eines der bekanntesten X Projekte ist Waymo. Es wurde 2009 als »Googles Driverless Car Project« unter der Leitung des deutschen Stanfordprofessors Sebastian Thrun gestartet. Waymo fokussierte die Entwicklung der Technologie hinter dem autonomen Fahren – Sensoren, Software, Algorithmen –, nicht die Autos selbst. Seit 2018 betreibt Waymo den ersten kommerziellen, fahrerlosen Taxidienst »Waymo One« in Phoenix, Arizona. Weitere Städte sind geplant. Was hierzulande noch als Science-Fiction abgewunken wird, ist dort schon längst Realität. Die Entwicklung der Software für autonomes Fahren war die eine Hürde dieses Projekts, die andere war der Versuch, die Kosten der nötigen Hardware so weit zu senken, dass ihr Einsatz in normalen Autos bezahlbar wurde. Waymo schaffte es, die Kosten von anfänglich 150.000 Dollar pro Auto um 90 % zu reduzieren.
Viele dieser Lösungen basierten auf Technologien, die bereits seit Jahren in den Schubladen europäischer Unternehmen liegen. Doch die Europäer hatten nicht den Mut, systematisch in solch riskante 10xProjekte zu investieren.
Google X Projekte sind bereits weltweit im Einsatz
Projekt Foghorn
Gewinnung von Benzin aus Meerwasser. Über Elektrolyse wird der im Meerwasser gebundene Kohlenstoff herausgelöst. Die Methode funktioniert. Das Projekt wurde dennoch eingestellt, da die Herstellung dieses Treibstoffs in großen Mengen nicht wirtschaftlich ist. Zudem würde die Gewinnung von Energie durch Verbrennung von Kohlenstoff weiter voran getrieben.
Projekt Loon
Ein Netzwerk aus Stratosphären-Ballons, das abgelegene Gebiete mit Internet versorgen soll. Die Ballons nutzen Höhenwinde und passen automatisch ihre Flughöhe an, um stabil über ihrem Einsatzgebiet zu bleiben.
Projekt Wing
Sich selbst steuernde elektrische Lieferdrohnen sollen CO2-neutral Pakete in Ballungszentren ausliefern und zur Entlastung des Verkehrs in Städten beitragen. Seit 2018 sind sie in Australien und Finnland im öffentlichen Beta-Test.
Projekt Malta
Die Speicherung großer Mengen regenerativ gewonnener Energie ist das größte Problem bei Solar- und Windenergie. Malta löste das Problem durch elektrisch-thermische Speicherung der Energie in geschmolzenem Salz und bekam dafür Investments von Microsoft-Gründer Bill Gates und Amazon-Chef Jeff Bezos. Ein Startup aus unserem Freigeist Portfolio hat nach unserem Kenntnisstand eine noch bessere Lösung durch Nano-Technologie gefunden. Das Wichtigste: Wer auch immer die beste Lösung anbietet – wir brauchen jetzt neue Energiespeicher!
Projekt Makani
An »Flugdrachen« befestigte Windturbinen erzeugen deutlich mehr Strom als Windräder, da der Wind in großen Höhen häufiger und stärker weht. Sie sind mit einem Kabel, das den erzeugten Strom zur Erde leitet, an einer Basisstation befestigt. Auch hier gibt es Startups in Europa, die sich in der Organisation airbornewindeurope.org zusammengefunden haben. Ihre Lösungen scheinen uns vielversprechender zu sein.
Projekt Verily
Verily wurde 2015 zur unabhängigen Tochtergesellschaft von Alphabet und fokussiert neue Tech-Lösungen für den Gesundheitsmarkt. So erforschte Verily Kontaktlinsen mit Glucose-Tracking für Diabetespatienten oder selbstbalancierendes Besteck für Menschen mit Parkinson.
Die 10x DNA in China
Auch in China arbeitet man an einem visionären Projekt – dem chinesischen Traum – einem landesübergreifenden Moonshot. Anders als in Amerika gibt es in diesem Traum weder Tellerwäscher noch Millionäre. Stattdessen möchte sich China bis zum 100-jährigen Bestehen der Volksrepublik im Jahr 2049 zur führenden technologischen Supermacht entwickelt haben. In der ersten Etappe bis zum Jahr 2021 ist es das Ziel, einen bescheidenen Wohlstand für alle Chinesen zu erreichen. In der zweiten Etappe bis 2049 soll dann über Chinas führende Rolle bei den Zukunftstechnologien ein reiches, starkes und harmonisches Land entstehen. So die Vision. Möglich werden soll dies durch die vier Os:
Es ist recht einfach. Bis 2020 werden sie zu uns aufgeschlossen haben. Bis 2025 werden sie besser sein als wir. Bis 2030 werden sie die KI-Industrie dominieren.
Eric Schmidt, Google
Der 13. Plan
Der Weg dorthin wird in Etappen von 5-Jahres-Plänen beschritten. Im 13. Plan (2016 – 2020) wurden zehn Industriesektoren definiert, in denen China international führend sein will. Durch verzahnte Bildungs- und Industriepolitik sollen große Durchbrüche in Elektromobilität, Robotik, Energie, IT und künstlicher Intelligenz möglich werden.
Dabei setzt die chinesische Regierung sehr stark auf privatwirtschaftliche Initiativen. Die Fortschritte bei Elektroautos, mobilem Bezahlen,