Seine Linke löste sich vom Glas und legte sich gegen meinen Hinterkopf. Mit entschlossenem Griff hielt er meinen Kopf an seinem Platz und stieß wie ein Verrückter in mich hinein. Jetzt bekam ich langsam Atemprobleme und begann mich ernsthaft zu fragen, wie lange er es schon nicht mehr oral gemacht hatte. Meine Lippen wurden wund, überzogen sich mit einem leichten Brennen und dann kam die Taubheit. Doch es störte mich nicht. Sein Stöhnen entschädigte mich im Übermaß. Beinahe winselte er und sein Ächzen hatte einen hohen Ton angenommen. Seine Hand presste meinen Schädel und ich schnaufte durch die Nase wie eine Hyperventilierende.
Ich konnte den Mund nicht öffnen ohne ihm etwas zu nehmen, also fasste ich mich in Geduld …
Mit einem langgezogenen Aufstöhnen kam er. Das Sperma verteilte sich in meinem Mund, überzog das zarte Fleisch und ich kam kaum mit dem Schlucken nach.
Schnaufend zog er sich aus meinem Mund zurück und drehte sich mit dem Rücken zum Fenster. Schwer lehnte er gegen das Glas und sah mich an. Gerade war ich dabei, mit dem Handrücken meinen Mund abzuwischen.
Er blickte auf mich herab wie auf eine Fremde und wirkte nachdenklich. Nachdenklich über das, was er da gerade mit dieser Fremden getan hatte?
Ich stellte mich auf und streichelte seinen schlaffen Schwanz, der nun zwischen seinen Schenkel matt herabhing. Meine Brüste berührten ihn und ich sehnte mich nach seiner Umarmung, doch er stand nur apathisch da. Ich begriff nicht, was vor sich ging.
»Bitte, sag mir, was los ist …«, forderte ich ihn auf.
Als erwache er aus einem Traum, blickte er sich suchend im Zimmer um. »Du hast es toll eingerichtet – sehr dezent. Es gefällt mir gut. Jetzt hängst du keinen Penny mehr umsonst rein, wo es doch nun deines ist.«
Gut, wenn er nicht reden wollte …
»Übrigens, ich habe einen Gast. Morgen Abend. Hast du Zeit?«
Er hatte doch gerade vor dem Sex von diesem Klienten gesprochen … Hatte er das vergessen?
»Ja, ich habe Zeit«, nickte ich.
»Ich schicke dir Danny.« Damit zog er seine Hosen an.
»Willst du nicht noch bleiben?«
»Was?« Verwirrt blickte er mich an. So hatte ich ihn noch nie erlebt. »George, was beschäftigt dich denn derart, dass du mir gar nicht mehr zuhörst?«
»Was meinst du?«
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Emma, wenn ich zu dir komme, will ich kein Rumgezicke!« Seine Stimme war augenblicklich klar. Glasklar und konzentriert. »Dann will ich vögeln! Herrgott, wie oft muss ich es dir noch sagen? Du bringst mich noch so weit, dass ich dich loswerden will!«
Er hatte mir meinen Platz gezeigt und ich begriff schweigend.
Mit einem leichten Zittern in den Fingern zündete er sich eine neue Zigarette an und inhalierte tief. Dann drehte und wendete er irgendetwas in seinem Kopf und ich war taktvoll genug, ihn nicht dabei zu stören. Vielleicht dachte er gerade über eine Möglichkeit nach, mich doch noch in seinem Leben unterzubringen …
»Emma … ich, äh …«, begann George.
Seine Finger rieben an einem imaginären Fleck auf der Tischplatte. Seine blauen Augen blickten besorgt. »Ich muss mit dir reden …«
Eine andere Frau!
Es traf mich so unvorbereitet, dass ich seelisch augenblicklich in die Knie ging. Das hatte ihn also die ganze Zeit beschäftigt.
Seine Frau? Nein, die konnte es nicht sein. Jane? Dieses vertraute Gespräch zwischen den beiden damals ... War es nicht möglich, dass da mehr zwischen ihnen war, als nur Geschäftliches?
Oder Mrs Chanel? Distinguiert und elegant. Eindeutig Upperclass. Die passte auch altersmäßig gut zu ihm. Trotz allem war George für mich kein »Sugar Daddy«. Er mochte Frauen, wobei das Alter dabei keine Rolle für ihn spielte und seltsamerweise war auch das Aussehen mit Sicherheit zweitrangig.
So wanderte ich also geistig durch die Ahnengalerie meiner erotischen Begleiterinnen und konnte mich doch für keine speziell entscheiden.
»Hast du noch einen Drink für mich?«
Ich war froh, mich von ihm wegdrehen zu können. Froh, dass ich einen Grund hatte, ihn meine Augen und mein Gesicht nicht sehen zu lassen. Was mich nun aber am meisten beunruhigte, war die Tatsache, dass er sich weiter anzog.
Meine Magen rebellierte und ich wäre gern für eine Auszeit aufs Klo gegangen. So trödelte ich mit dem Einschenken, bis ich mit einem leichten Blick über die Schulter merkte, dass er fertig war und reichte ihm dann das Glas. George wandte seinen Blick nicht von mir ab und achtete kaum auf das Glas, das er mir jetzt abnahm.
»Also … Nach dem Bewerbungsgespräch damals, als wir es miteinander getrieben hatten … da dachte ich, dass du die beste Wahl für meinen besonderen Job bist. Deswegen hatte ich dich ja gefragt. Aber dann, nach unserem Einkaufsbummel, bekam ich Zweifel.«
Mrs Chanel!
In meinem Hirn begann es zu rattern: Welche Chancen hatte ich gegen sie? Gegen die Jahre mit ihr?
»Ich spürte plötzlich, dass du begannst, Gefühle für mich zu entwickeln, die weiter gingen, als Sex. Und ich sah nur die Möglichkeit, dich zu stoppen, indem ich dich warnte. Vor mir!«
Ich lief neben seinen Worten her und wartete auf den finalen Schlag. Doch der blieb aus. Irgendwo zwischen seinen Sätzen lauerte er. Ich blickte sogar um die Buchstaben herum, um sein Versteck zu erspähen …
»Aber du wolltest nicht hören.«
Und als ich aufsah, mich gerettet glaubte, erkannte ich, dass es das Erwachen nach dem finalen K.O. war.
»Nicht hören?« Ich klang, wie Georges debiles Echo.
»Emma! Erstens: Ich werde mich nicht ändern! Ich werde immer mit anderen Frauen vögeln und ich werde wie ein Tier in der Kanzlei schuften und ich werde auch rauchen und im Zweifel jede Menge Drinks in mich hineinschütten. Es gibt nichts, das eine Veränderung wert wäre. Zweitens: Natürlich könntest du jetzt sagen: ›Aber das will ich doch auch gar nicht. Ich will dich so wie du bist. All diese Dinge stören mich nicht.‹ Gut, aber dann sage ich dir: Ich liebe dich nicht! Ich mag dich und ich liebe es, dich zu bumsen. Verschwende deine Zeit nicht an mich, während du längst mit einem Mann glücklich werden könntest, der dich wirklich liebt.«
Es prickelte in meiner Hand. Herr im Himmel! Ich wollte ihn schlagen. Ausholen und zuschlagen. Zusehen, wie seine Wange feuerrot wurde. Nicht für seine zweifelhafte Offenheit mir gegenüber, nicht wegen seiner Ablehnung, sondern dafür, dass er jetzt wie ein Anwalt mit mir redete.
Der Schmerz war so alles betäubend, dass sich meine Ohren hinter einem dichten, samtenen Vorhang zu verschließen schienen. Ich hörte George wie aus weiter Ferne und betrachtete nur die Bewegungen seiner Lippen.
»Du meinst also, ich solle mit einem anderen Mann glücklich werden …«, hakte ich noch mal nach.
Er nickte mit ausdrucksloser Miene.
»Gut. Es gibt diesen Mann …«
Jetzt ließ ich kleine Satzsteinchen ins Wasser fallen und wartete auf seine Reaktionen. Noch las ich keine Änderung in seiner Beherrschtheit. Aber ich hatte die Bombe ja auch noch nicht wirklich gezündet, auf der er saß …
»Wer ist es?«, seine Stimme klang nach Whiskey. Whiskey, in dem ein kleiner Brocken Eis klirrt.
»Derek«, sagte ich ungerührt. Die Bombe war geplatzt.
In diesem Moment wurde sein Gesicht aschfahl. Seine Augen weiteten sich und erhielten einen beinahe glasigen Glanz. Dann kam die Röte. Ich sah wie seine Brust sich hob und senkte. Heftig.