Wir alle haben gesündigt – waren im Taufritual aufeinander losgegangen wie Caniden, die allzu paarungsbereit sind. Wir sind alle Gottes Kinder, sage ich zu mir – und hätte es Gott nicht gewollt, hätte er es auch nicht zugelassen.
Wir haben doch immer eine Wahl. Ich hätte gehen können, voller Empörung, voller Zorn. Ich habe es nicht getan – wohl wissend, dass mir das Ritual gefällt. Meine Heimat ist und wird das Kloster bleiben.
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Nun sind schon wieder Wochen ins Land gegangen, seitdem mir und meinen Mitbrüdern solche Freude bereitet wurde. Das Taufritual war wunderbar. Freimütig muss ich eingestehen, mich selbst hat es überfordert, denn ich erlitt danach einen Schwächeanfall, der mich einige Wochen nicht mehr losließ.
Aber das war es mir wert. So ein Pferdchen wie Schwester Ruth hatten wir schon lange nicht mehr in unserem Orden. Man muss sie zügeln und an die Kandare nehmen, sonst wird sie schnell wieder brünstig. Doch zu unser aller Freude darf sie das auch von Zeit zu Zeit sein.
Wir Glaubensbrüder üben uns in Unterwürfigkeit und Fügsamkeit – doch die Bibel lässt uns so manchen Spielraum. Wenn man wie ich diese so lange und ausgiebig studiert hat, dann darf man sich so manche Freiheit herausnehmen. Man muss das Buch der Bücher nur richtig zu interpretieren wissen.
Schwester Ruth geht ganz in ihrer Rolle als Nonne auf. Sie ist gütig, freigiebig und hilfsbereit. Schön, dass wir sie für unseren Orden gewonnen haben.
Ein paar Jahre noch, dann werde ich diese Bühne hier verlassen und mich in den Ruhestand verabschieden.
Andere Dinge werden in den Vordergrund rücken. Das Leben wird nie langweilig, versteht man, es richtig zu leben.
Knie nieder und beichte mein Kind
Pater Ralph war ein dominanter Pater, der sein Kloster mit strenger Hand führte. Zu ihm kamen auch Leute aus der Gemeinde, die Abbitte leisten wollten und um Ahndung ihrer Sünden baten. Manchmal gewährte Pater Ralph ihnen die Absolution, doch so manches Mal ließ er seine Schäfchen auch ein wenig schmoren.
Besonders dann, wenn die jungen Mädchen aus dem Dorf mal wieder über die Stränge geschlagen hatten und danach zu ihm kamen, um dieses zu beichten. Dann konnte es schon einmal vorkommen, dass er von ihnen etwas erwartete, und das belief sich nicht nur auf echtes Bedauern, auch keine vier Ave Maria. Nein, Pater Ralph erwartete da schon etwas mehr – nämlich ein wenig Körperkontakt –, schließlich war er auch nur ein Mann.
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Das Kloster, in welchem Pater Ralph als Abt das Sagen hatte, befand sich, wunderschön gelegen, an einem Waldhang. Von hier aus konnte man bis ins Dorf hinabsehen, und das tat Pater Ralph auch gelegentlich – mit einem sehr guten Fernglas.
Da auch die Dorfbewohner zu seinen Schäfchen zählten, wollte er gern über sie auf dem Laufenden sein. Viele von ihnen kamen ja regelmäßig zum Gottesdienst, wieder andere nahmen es eben nicht so genau damit. Für einen dominanten Pater, der auf der Kanzel gelegentlich die Götterdämmerung heraufbeschwor, ein Unding.
Pater Ralph wünschte sich, alle seine Schäfchen in der Kirche zu sehen.
Seit Kurzem hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass der Pater es mit dem Zölibat nicht so ernst nehmen würde und sich das nahm, was ihm zustand.
Die Mönche hielten sich jedoch bedeckt, aus ihnen bekam man nichts heraus. Trotz der nicht verstummen wollenden Gerüchte wurde der Pater von allen sehr geschätzt. Pater Ralph fand stets die richtigen Worte, und das machte ihn unglaublich beliebt.
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Die Herrschsucht war eben Teil seines Naturells. Dass Pater Ralph gern auch mal das ein oder andere erotische Spielchen spielte, war bekannt. Gemunkelt wurde sogar, dass er einen regelrechten Folterkeller sein Eigen nannte – darüber konnte Pater Ralph jedoch noch schmunzeln.
Was alles so geredet wurde, wenn man etwas polteriger unterwegs war und sich gern einmal die jungen Mädchen im Ort ansah.
Er war eben eine Autoritätsperson, die Menschen schauten zu ihm auf, sie hörten auf ihn. Ertönte von der Kanzel seine zuweilen strenge Stimme, die auch schon einmal eine gewisse Schärfe hatte, dann kuschte auch das letzte seiner Schäfchen vor ihm und hörte darauf, was er zu sagen hatte.
Pater Ralph alle gut im Griff – sein Kloster und auch seine Gemeinde. Überdies waren die Frauen der Gemeinde der Ansicht, dass dieser Pater verdammt gut aussah.
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Es war jetzt wohl schon wieder an die vier Jahre her, dass sich Pater Ralph in diesen Ort der inneren Einkehr verguckt hatte.
Einmal vor Ort hatte er sich rasch zu Höherem berufen gefühlt und war auf Wunsch des Bischofs zum Abt ernannt worden.
Er tat viel für seine Schäfchen – doch so manches Mal wurde es selbst dem weltoffenen Pater Ralph zu viel. Dann ging es nicht anders – es musste gebeichtet werden –, und diese Bußgottesdienste waren fast schon legendär zu nennen.
Ralph hatte da so seine eigene Philosophie. Er suchte sich dafür junge Mädchen aus dem Dorf aus, welche es besonders toll getrieben hatten. Ihm entging nichts – er hatte schon seine Zuträger. Einmal im Monat bat er sie zu sich, diejenigen, welche er sich herausgepickt hatte – und eine davon, ja, die nahm er sich dann besonders intensiv vor.
Pater Ralph liebte diese Beichten – wie verschüchtert die Mädchen dann wirkten (im Grunde genommen waren sie alle verdorben, doch das machte es ja gerade interessant für ihn).
Diejenigen, welche ihre Ausrutscher sofort bitter bereuten und Abbitte leisteten, entließ Pater Ralph alsbald, nicht ohne ihnen mit auf den Weg zu geben, es demnächst etwas ruhiger angehen zu lassen. Einen erhobenen Zeigefinger sahen die Mädchen allerdings selten. Eher war es ihnen, als läge ein Schmunzeln um des Paters Mund.
Mit seiner ganzen Art kitzelte Pater Ralph so einiges aus den Mädchen heraus, was diese nicht preisgeben wollten. Doch es kam immer alles ans Tageslicht. Eben deshalb schmunzelte Ralph oftmals – denn ihm blieb selten etwas wirklich verborgen.
War der offizielle Teil des Beichtgottesdienstes dann zu Ende, begann der erfreuliche Teil – für Pater Ralph. Er hielt es stets so, dass immer ein Mädchen dabei war, auf das er es besonders abgesehen hatte. Nicht nur, dass sie es besonders toll getrieben hatte – nein, Pater Ralph brachte sich da gern selbst ins Spiel, und die Mädchen waren stets mehr als willig.
Sex war Ralphs Lebenselixier, war es schon immer gewesen.
Seine Kammer hatte schon so manchen Akt der Liebe gesehen: er, der sich selbst Lust zuführte, Ralph und ein Mönch seiner Wahl … und dann eben die Mädchen aus den Beichtgottesdiensten, welche er verführte und mit denen es zum Sex kam. Ralph wusste um seinen Effekt auf Frauen, wusste auch, dass sie fast alles für ihn taten – was er von ihnen wollte, war einfach nur Sex.
Er brauchte den Sex – und er nahm ihn sich. Das hatte nichts mit seinem obersten Dienstherrn zu tun, denn er war der Kirche mehr als zugetan. Doch er sagte sich, warum auf die Erotik verzichten, wenn sie bereits in der Bibel verzeichnet war.
Sein Herz schlug schneller, und sein Glied pochte bei dem Gedanken, dass alsbald die Mädchen zur Beichte erschienen. Wie er sich darauf freute, wie ihn danach gelüstete – seine rehbraunen Augen waren plötzlich tiefdunkel. Der sexuelle Notstand, in dem er sich befand, würde alsbald Veränderung erfahren.
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Ehebruch, Saufgelage und andere unerfreuliche Dinge – Pater Ralph blieb nichts verborgen. Und so war er auf die Idee verfallen, die Beichtgottesdienste einzuführen, die einen regen Zustrom verzeichneten und die trotz allem nur Mittel zum Zweck waren.
Er wusste bereits vorher, wer seine Auserwählte war.
Nach außen hin ließ er es so aussehen, dass ihm niemand etwas vormachen konnte, es wäre der Mühen nicht wert, ihm etwas zu verschweigen