So ging es Tag für Tag weiter, Mr. Holmes, und am Sonnabend kam der Geschäftsführer herein und legte mir für die Arbeit einer Woche vier goldene Sovereigns auf den Tisch. In der nächsten Woche war es das Gleiche, und das Gleiche in der folgenden Woche. Jeden Morgen war ich um zehn dort, und jeden Nachmittag ging ich um zwei. Allmählich ging Mr. Duncan Ross dazu über, nur noch einmal am Vormittag hereinzuschauen, und nach einer Weile kam er dann gar nicht mehr. Trotzdem wagte ich natürlich nie, das Zimmer auch nur für einen Augenblick zu verlassen, denn ich war mir nie sicher, wann er kommen könnte, und der Posten war so angenehm und eignete sich so gut für mich, dass ich nicht riskieren wollte, ihn zu verlieren.
So vergingen acht Wochen, und ich hatte über Abteien geschrieben und über Archäologie und Architektur und Armenien und Attika und gehofft, dass ich durch Fleiß bald zum B kommen würde. Das Kanzleipapier kostete mich einiges, und meine Schreibereien füllten schon fast ein Regal. Und dann hatte die ganze Geschichte plötzlich ein Ende.«
»Ein Ende?«
»Ja, Sir. Und zwar erst heute Morgen. Ich ging um zehn Uhr zur Arbeit wie gewöhnlich, aber die Tür war zu und verschlossen, und in der Mitte der Füllung war mit einem Reißnagel ein kleines viereckiges Stück Pappe befestigt. Hier ist es, Sie können es selbst lesen.«
Er hielt ein Stück weiße Pappe hoch, etwa von der Größe eines Briefbogens. Darauf stand zu lesen:
»DIE LIGA DER ROTHAARIGEN IST AUFGELÖST.
9. OKTOBER 1890.«
Sherlock Holmes und ich begutachteten diese kurze Mitteilung und das klägliche Gesicht dahinter, bis die komische Seite der Affäre jede andere Überlegung so völlig in den Schatten stellte, dass wir beide in schallendes Gelächter ausbrachen.
»Ich sehe nicht, was daran so komisch sein soll«, rief unser Klient und errötete bis zu den Wurzeln seines flammenden Schopfes. »Wenn Ihnen nichts Besseres einfällt, als mich auszulachen, kann ich auch woanders hingehen.«
»Nein, nein«, rief Holmes und drückte ihn auf den Stuhl zurück, von dem er sich halb erhoben hatte. »Ich möchte Ihren Fall wirklich um nichts in der Welt versäumen. Er ist so erfrischend ungewöhnlich. Aber er hat auch, wenn Sie mir verzeihen wollen, eine Seite, die ein ganz klein wenig komisch ist. Bitte, was unternahmen Sie, als Sie die Karte an der Tür fanden?«
»Ich war wie vor den Kopf geschlagen, Sir. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Dann suchte ich die Büros in der Umgebung auf, aber in keinem von ihnen schien man etwas von der Sache zu wissen. Schließlich ging ich zum Hauseigentümer, der Buchhalter ist und im Erdgeschoss wohnt, und fragte ihn, ob er mir sagen könne, was aus der Liga der Rothaarigen geworden sei. Er sagte, dass er von einer solchen Gesellschaft noch nie gehört habe. Dann fragte ich ihn, wer Mr. Duncan Ross sei. Er entgegnete, der Name sei ihm neu.
›Nun‹, sagte ich, ›der Herr von Nr. 4.‹
›Was, der Rothaarige?‹
›Ja.‹
›Oh‹, sagte er, ›der hieß William Morris. Er war Rechtsanwalt und benutzte mein Zimmer vorübergehend als Büro, bis seine neuen Geschäftsräume fertig waren. Er ist gestern ausgezogen.‹
›Und wo könnte ich ihn finden?‹
›Oh, in seinem neuen Büro. Er hat mir die Adresse gegeben. Ja, King Edward Street 17, in der Nähe von St. Paul’s.‹
Ich machte mich auf den Weg, Mr. Holmes, aber als ich zur angegebenen Adresse kam, war es ein Unternehmen, das künstliche Kniescheiben herstellt, und niemand dort hatte je etwas von Mr. William Morris oder von Mr. Duncan Ross gehört.«
»Und was unternahmen Sie dann?«, fragte Holmes.
»Ich ging nach Hause zum Saxe-Coburg Square, und ich fragte meinen Gehilfen um Rat. Aber er konnte mir in keiner Weise helfen. Er konnte mir nur sagen, wenn ich wartete, würde ich sicher eine Nachricht mit der Post erhalten. Aber das genügte mir nicht ganz, Mr. Holmes. Ich wollte eine solche Stellung nicht kampflos aufgeben, und da ich gehört hatte, dass Sie so freundlich seien, armen Leuten, die einen Rat brauchen, zu helfen, bin ich direkt zu Ihnen gekommen.«
»Und daran haben Sie sehr gut getan«, sagte Holmes. »Ihr Fall ist überaus bemerkenswert, und ich werde mich seiner mit Vergnügen annehmen. Nach Ihren Angaben halte ich es für möglich, dass ernstere Dinge damit zusammenhängen, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.«
»Ernst genug!«, sagte Mr. Jabez Wilson. »Schließlich habe ich vier Pfund die Woche verloren.«
»Soweit es Sie persönlich betrifft«, stellte Holmes fest, »sehe ich keine Veranlassung zur Klage über diese ungewöhnliche Liga. Ganz im Gegenteil, Sie sind, wie ich höre, um über dreißig Pfund reicher, ganz zu schweigen von den umfassenden Kenntnissen, die Sie sich auf allen Gebieten unter dem Buchstaben A aneignen konnten. Sie haben durch die Liga nichts verloren.«
»Nein, Sir. Aber ich möchte über die Leute Bescheid wissen, wer sie sind und was sie beabsichtigten, als sie mir diesen Streich – wenn es ein Streich war – spielten. Es war ein ziemlich kostspieliger Scherz für sie, denn er hat sie zweiunddreißig Pfund gekostet.«
»Wir werden uns bemühen, diese Punkte für Sie zu klären. Zunächst einige Fragen, Mr. Wilson. Dieser Gehilfe von Ihnen, der zuerst Ihre Aufmerksamkeit auf die Anzeige gelenkt hat – wie lange war er schon bei Ihnen?«
»Damals etwa einen Monat.«
»Wie kam er zu Ihnen?«
»Er meldete sich auf eine Anzeige.«
»War er der einzige Bewerber?«
»Nein, ich hatte ein Dutzend.«
»Warum haben Sie ihn ausgesucht?«
»Weil er abkömmlich war und wenig verlangte.«
»Den halben Lohn, genau gesagt.«
»Ja.«
»Wie sieht er aus, dieser Vincent Spaulding?«
»Klein, von kräftiger Statur, sehr behände in allem, kein Härchen im Gesicht, obwohl er an die dreißig ist. Er hat einen weißen Säurefleck auf der Stirn.«
Holmes fuhr ziemlich aufgeregt in seinem Sessel hoch.
»Das habe ich mir gedacht«, sagte er. »Haben Sie jemals festgestellt, dass seine Ohren für Ohrringe durchbohrt sind?«
»Ja, Sir. Er hat mir erzählt, dass ein Zigeuner das gemacht habe, als er ein junger Bursche war.«
»Hm!«, sagte Holmes und ließ sich, tief in Gedanken versunken, wieder zurücksinken. »Er ist noch bei Ihnen?«
»O ja, Sir. Ich habe ihn gerade eben verlassen.«
»Und Ihr Geschäft ist während Ihrer Abwesenheit nicht vernachlässigt worden?«
»Ich kann nicht klagen, Sir. Vormittags ist nie viel zu tun.«
»Das ist alles, Mr. Wilson. Es wird mich freuen, Ihnen meine Meinung über die Angelegenheit im Verlauf der nächsten ein oder zwei Tage mitzuteilen. Heute ist Sonnabend, und ich hoffe, dass wir bis Montag zu einem Ergebnis kommen.«
»Nun, Watson«, sagte Holmes, als unser Besucher gegangen war, »was halten Sie von der ganzen Sache?«
»Ich weiß nicht, was ich davon halten soll«, entgegnete ich freimütig. »Es ist eine äußerst geheimnisvolle Angelegenheit.«
»Je phantastischer eine Sache klingt«, sagte Holmes, »als umso weniger geheimnisvoll erweist sie sich in der Regel. Es sind diese gewöhnlichen, nichtssagenden Verbrechen, die einen