Der neue Sonnenwinkel Box 2 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740928636
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kam, entdeckte sie in einem Sessel eine junge Frau, die einen sehr sympathischen Eindruck machte.

      Als Rosmarie näher kam, erhob die Frau sich, und jetzt sah Rosmarie, dass sie auch noch ausnehmend hübsch war. Irgendwie kam sie ihr bekannt vor. Sie konnte sich aber nicht erinnern, wo sie sie schon einmal gesehen hatte.

      Die Besucherin wagte ein schüchternes Lächeln, dann sagte sie mit leicht französischem Akzent: »Entschuldigen Sie bitte, dass ich einfach hierhergekommen bin. Aber ich hatte Angst, dass Sie heute Abend wieder nicht kommen würden. Und ich wollte Sie unbedingt kennenlernen …, ich bin Ce­cile.«

      Rosmarie starrte die junge Frau an wie einen Geist, und auf einmal fiel es ihr ein. Aber ja, damals vor dem Juwelier, als sie von der anderen Straßenseite aus ihren Mann und diese junge Frau gesehen hatte, von der sie damals noch geglaubt hatte, sie sei seine Geliebte.

      Weil Rosmarie nicht sofort etwas sagte, bemerkte Cecile: »Ich hätte nicht herkommen dürfen. Es war wohl keine gute Idee.«

      Sie machte Anstalten zu gehen, da riss Rosmarie sich zusammen, erholte sich von ihrer Überraschung: »Oh nein, bitte bleiben Sie.«

      Das war nun eine Entwicklung, mit der sie überhaupt nicht gerechnet hätte, und das Merkwürdige war, es störte sie nicht, im Gegenteil, mit einer gewissen Neugier betrachtete sie die junge Frau, gegen die sie sich mit allen Mitteln gewehrt hatte.

      Cecile war ja überhaupt nicht schlimm!

      Das musste Rosmarie erst einmal verdauen. Sie hatte sich wegen nichts das Leben schwer gemacht, und sie hatte sich mit Heinz, mit ihren Kindern überworfen, weil da dieses Konzept in ihrem Kopf gewesen war, das auf nichts begründet war.

      Wie verrückt!

      Sie sah noch einmal Cecile an, dann sagte sie, und dabei konnte sie sogar lächeln: »Schön, dass Sie gekommen sind, Cecile.«

      Sofort winkte Cecile ab. »Oh bitte, duzen Sie mich einfach. Wir sind doch jetzt eine Familie, und ich bin sehr froh, die neu hinzubekommen zu haben.«

      Cecile war so herzlich, so unkompliziert, vor allem, sie wirkte so aufrichtig. Rosmarie hatte noch nicht einmal eine von den Pillen genommen, die die Frau Doktor ihr für alle Fälle gegeben hatte. Sie war ganz ruhig, und sie war sehr klar, als sie sagte: »Oh, dann bin ich die Rosmarie.«

      Die beiden Frauen umarmten sich noch nicht, aber sie waren dicht davor.

      Rosmarie bat Cecile in ihren Salon, bot ihr etwas zu trinken an, und es dauerte überhaupt nicht lange, und schon waren sie in ein intensives Gespräch vertieft.

      Cecile war nett!

      Rosmarie schämte sich, wenn sie daran dachte, was sie Cecile alles unterstellt hatte. Sie begann ihren Mann Heinz zu verstehen und ihre Kinder auch.

      Selbst wenn sie versuchen würde, sich weiterhin mit aller Macht gegen Cecile zu wehren, würde es nicht funktionieren.

      Durch ihre liebenswerte Art nahm sie einem einfach den Wind aus den Segeln.

      Sie verstanden sich gut, konnten miteinander lachen.

      Rosmarie verstand die Welt nicht mehr, vor allem verstand sie sich selbst nicht. Sie durfte überhaupt nicht darüber nachdenken, welchen Aufstand sie gemacht hatte.

      Rosmarie war sehr überrascht, als sie sich plötzlich sagen hörte: »Ich habe dich abgelehnt, ich wollte nichts mit dir zu tun haben. Ich …, ich wollte sogar, dass Heinz sich zwischen uns beiden entscheidet.«

      Rosmarie biss sich auf die Unterlippe. War sie jetzt zu weit vorgeprescht in ihrem Anflug von Aufrichtigkeit?

      Sie warf Cecile einen vorsichtigen Blick zu.

      Die lächelte sie lieb an und sagte: »Oh, Rosmarie, ich kann dich gut verstehen. Mir wäre es auch nicht anders ergangen. Es ist ja auch nicht einfach, plötzlich eine erwachsene Frau als lebenden Beweis aus der Vergangenheit präsentiert zu bekommen. Es ist schade, dass Mama mir zu ihren Lebzeiten nicht gesagt hat, wer mein Vater ist. Dann wäre vielleicht alles einfacher gewesen, aber vielleicht auch nicht. Es ist immer eine Herausforderung, jemanden präsentiert zu bekommen, mit dem man verbandelt ist, den man sich nicht ausgesucht hat …, ich finde, du bist sehr souverän, du bist sehr großzügig, und ich danke dir sehr. Ich wünsche mir sehr, dass wir Freundinnen werden.«

      Jetzt musste Rosmarie aber wirklich die Tränen unterdrücken. Was war nur dran an dieser jungen Frau? Die krempelte sie ja vollkommen um, und … es ­gefiel ihr.

      Wo war die Rosmarie Rückert geblieben, die sie in all den Jahren gewesen war? Das war vermutlich so nicht richtig, man sollte wohl eher sagen …, dargestellt hatte?

      War es jetzt gar an der Zeit, sich selbst kennenzulernen? Es konnte nicht wahr sein, sie sagte es wirklich, und sie meinte es ehrlich: »Das wünsche ich mir auch, Cecile.«

      Jetzt umarmten sie sich wirklich, und das fühlte sich sehr, sehr gut an.

      Sie unterhielten sich weiter, noch entspannter, bis Cecile irgendwann auf die Uhr sah und ganz erschrocken rief: »Mon dieu, sie warten auf uns. Wir müssen uns jetzt sputen … Rosmarie, du kommst doch mit?«

      Rosmarie nickte ganz entschieden.

      »Und ob ich das tun werde«, sagte Rosmarie, »ich freue mich. Aber zuerst muss ich mich noch ein wenig restaurieren.« Cecile blickte sie kopfschüttelnd an.

      »Aber wozu, Rosmarie? Du siehst wunderschön aus. Genauso habe ich mir dich vorgestellt, wenn Papa, Fabian und Stella über dich sprachen – eine schöne, eine sehr selbstbewusste Frau.«

      Rosmarie verstand die Welt nicht mehr.

      Zuerst die Frau Doktor, die ihre schönen Augen erwähnt hatte.

      Und nun Cecile, an deren Worten sie nicht zweifelte.

      »Aber ich …, ich bin nicht geschminkt …, ein bisschen Make-up, wenigstens Rouge, Wimperntusche …«

      Ehe sie mit ihren Aufzählungen fortfahren konnte, rief Cecile: »Aber Rosmarie, das alles hast du doch überhaupt nicht nötig. Andere Frauen vielleicht, die ein gemindertes Selbstwertgefühl haben, du …, du bist ein Typ, du wirkst, weil du du bist.«

      Mehr an Komplimenten ging nicht. Zum Glück war Cecile unbedarft genug, jetzt nicht zu sehen, dass an ihr ganz schön herumgeschnipselt worden war. Nasenkorrektur, aufgespritzte Lippen, ein Facelifting, besondere Straffung der Augenpartie.

      In ihrem Anflug von Offenheit musste sie das jetzt nicht sagen.

      »Also gut, dann gehen wir«, sagte Rosmarie, und weil Cecile mit einem Taxi zur Villa gekommen war, traf es sich gut, sie konnten gemeinsam in Rosmaries rasantem Sportwagen zu dem Treffen fahren.

      »Rosmarie, weißt du was«, sagte Cecile, als sie aus der Garage herausfuhren, »ich bedaure jeden Tag, den ich dich nicht schon früher kennengelernt ha­be. Papa muss unbändig stolz auf dich sein …, ich bin ja so froh, dass wir uns so gut verstehen.«

      Rosmarie war so perplex, dass sie auf die Bremse trat und das Auto mit einem Ruck stehen blieb.

      Sie blickte zur Seite, Cecile lächelte sie aufrichtig an. »Ich meine es wirklich«, bestätigte sie.

      Völlig verwirrt fuhr Rosmarie los. War sie es wirklich, die mit ihrem Auto jetzt auf die Straße einbog? Diese vollkommen ungeschminkte Frau?

      Das konnte nicht sein!

      Das war nicht Rosmarie!

      Hatte sie ein zweites Ich, das jetzt zum Vorschein kam, oder besaß die junge, hübsche, liebenswerte Cecile Zauberkräfte?

      Oder fand das alles überhaupt nicht real statt, sondern sie träumte?

      Sie träumte nicht, das wurde ihr spätestens bewusst, als Cecile sagte: »Rosmarie, du musst mich unbedingt besuchen, ich möchte dir so gern mein Zuhause zeigen und natürlich auch Paris.«

      Sie hörte sich sagen: »Darauf freue ich mich.«

      Danach gab sie es auf, sich Gedanken