„Die Nummer von Clyde!“ sagte er hart. Carter schien zu spüren, daß er sein Konto nicht überziehen durfte. Hastig nannte er die Hausnummer. Rander wählte sie, während er das saubere Pärchen nicht aus den Augen ließ.
„Praxis Dr. Clyde!“ meldete sich zu Randers Erleichterung eine ihm wohlvertraute Stimme.
„Parker! Schnell! Helen ist schwer verletzt worden! Ich brauche den Arzt! Bringen Sie ihn her, tot oder lebendig!“
Leider konnte Mike Rander die Antwort nicht mehr hören. Ein harter Schlag, der seinen Hinterkopf traf, hinderte ihn daran …
*
Parker und Dr. Clyde erschienen im Speisesaal, der leer war. Der Butler sah sich suchend nach Helen um und kam dabei auch in die Nähe der kleinen niedrigen Treppe.
Von Helen war nichts zu sehen.
„Was ist denn eigentlich los?“ jammerte Dr. Clyde, „warum geben Sie mir das Antimittel nicht, Mister Parker? Sie sehen doch, wie ich mich abquäle.“
Parker sah etwas anderes.
Nämlich einige Blutspuren auf dem Treppenläufer.
Blitzschnell arbeitete sein innerer Präzisionscomputer. Es stand fest, daß Helen etwas passiert war. Mike Rander hatte dies am Telefon deutlich genug gesagt. Mike Rander hatte ihn hierher in den Speisesaal beordert. Da Helen verschwunden war, mußten die Gastgeber des Recreation Center das inszeniert haben. Wollten sie einen Mord vertuschen?
Da Mike Rander ebenfalls nicht zu sehen war, mußte er in die Hände der Gangster gefallen sein. Es bestand demnach höchste Lebensgefahr für seinen jungen Herrn. Die Gangster des Center wollten endlich reinen Tisch machen.
„Warten Sie hier“, sagte Parker äußerst knapp zu Dr. Clyde, „Sie werden gleich das bewußte Antimittel erhalten. Das heißt, ich könnte es Ihnen sofort geben, falls Sie mir dafür einen kleinen Gefallen erweisen.“
„Was denn? So reden Sie doch schon!“
„Wohin könnte man meinen Herrn, Mister Rander, gebracht haben? Er scheint nach Lage der Dinge gekidnappt worden zu sein.“
„Ich weiß es nicht, Parker.
„Ohne Information kein Gegenmittel. Bitte, legen Sie mir dieses Tauschgeschäft weder als Nötigung noch als Erpressung aus. Es sind die besonderen Umstände, die mich zu diesem Tausch zwingen.“
„Für Mord ist Carter zuständig!“
„Und wo finde ich besagten Herrn“
Dr. Clyde beschrieb den Weg. Josuah Parker ließ es darauf ankommen, daß er die Wahrheit gehört hatte. Er verabfolgte Dr. Clyde eine Ampulle.
„Sie reicht für Miss Friday und für Sie“, sagte er, „Sie werden sich nach der Injektion ein wenig müde fühlen, nach dem Aufwachen allerdings beschwerdefrei sein.“
Dr. Clyde riß ihm förmlich die Ampulle aus der Hand und rannte aus dem Speisesaal. Er vergaß darüber allerdings nicht, sich ausgiebig zu kratzen.
Josuah Parker legte den bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms korrekt über den linken Unterarm und begab sich auf den Kriegspfad. Seinem glatten, wohlrasierten Pokergesicht war nicht anzumerken, wie sehr er sich sorgte.
Parker stieg über die Treppe hinunter in das Kellergeschoß, benutzte ihm bereits bekannte Wege und erreichte so den großen Saal für Bodybuilding.
Vorsichtig drückte er die Tür auf und erstarrte!
*
Mike Rander lag angeschnallt auf einer Pritsche. Über seiner Brust befand sich die schwere, solide Querstange, an deren Enden bereits gewaltige Rundgewichte hingen.
Neben dieser Folterbank, die normalerweise der Ertüchtigung diverser Muskelpartien diente, standen Carter und Kathy.
„Nun sagen Sie schon, was Helen Ihnen noch zugesteckt hat“, forderte Carter gereizt, „wenn Sie nicht spuren, Rander, drücke ich Ihnen Zentimeter für Zentimeter den Brustkorb ein.“
„Soll ich die nächsten Gewichte dranhängen?“ erkundigte sich Kathy, die reizende Krankenschwester. Ohne Carters Antwort abzuwarten, befaßte sie sich mit einem schweren Rundgewicht, wuchtete es hoch und wollte es einhängen.
Parker war ernstlich böse, was bei ihm äußerst selten vorkam.
Um Kathy an ihrem verwerflichen Tun zu hindern, bediente er sich der stahlblechgefütterten Melone. Er benutzte sie als eine Art Diskus und ließ sie aus dem Handgelenk heraus durch die Luft sirren.
Kathy brüllte auf, als ihr Oberarm getroffen wurde.
Dann brüllte sie erneut auf. Diesmal schriller und entsetzter. Das Gewicht war aus der Hand gerutscht und hochkant auf den großen, rechten Zeh gefallen.
Dementsprechend hüpfte und tanzte Kathy nun durch den Gymnastiksaal und produzierte dabei Schritte und Figuren, die an den berühmten Sterbenden Schwan erinnerten.
Carter war verständlicherweise aufmerksam geworden und aktivierte sein Mißfallen gegenüber Parker. Er wollte ein Schießeisen aus der Tasche seines Jacketts ziehen, doch der Universal-Regenschirm des Butlers war schneller. Speerartig traf der bleigefütterte Griff das Kinn des Gangsters, der lautlos in sich zusammenbrach.
„Ich bitte um Entschuldigung, Sir, daß ich erst jetzt einzugreifen vermochte!“ Parker hielt in allen Lebenslagen auf Formen.
„Mensch, nun wuchten Sie schon das verdammte Ding herunter“, brüllte Mike Rander mit der letzten Luftreserve, „ich … ich ersticke!“
„Sehr wohl, Sir, ich bitte Sie, sich einen kleinen Moment gedulden zu wollen.“
Parker brauchte tatsächlich Zeit und Kraft, um die schwere Riesenhantel von Randers Brust zu bekommen.
„Darf ich mich nach Ihrem werten Befinden erkundigen, Sir?“ fragte er, als Rander sich versuchsweise aufrichtete.
„Mir langt’s!“ gab Rander knurrig zurück, „ich bin auf keinen Fall so gut gelaunt wie Kathy!“
Kathy hatte überhaupt nicht zugehört. Sie zelebrierte nach wie vor mehr oder weniger gekonnte Tanzschritte auf einem Bein, ließ sich dann auf eine weiche Sprungmatte fallen und untersuchte wimmernd ihren lädierten Zeh.
„Wo finde ich Miss Helen?“ fragte Parker höflich bei der Krankenschwester an.
„Nebenan, im Umkleideraum.“ Kathy stöhnte. „Mein Zeh … mein Zeh ist gebrochen!“
„Bis Sie das Matronenalter erreicht haben, wird dieser Schmerz längst vergangen sein“, tröstete Parker, während Mike Rander schon hinüber in den Umkleideraum lief.
Er kam nach wenigen Sekunden sehr langsam und betreten zurück.
„Nichts mehr zu machen“, sagte er, „sie ist tot!“
*
Les Paulsen hielt eine Generalversammlung ab.
Er und seine Kurgäste hatten sich im Schießstand versammelt und hörten sich Paulsens Bericht zur Lage an.
„… müssen wir diese beiden Schnüffler so diskret und so schnell wie möglich aus dem Verkehr ziehen“, sagte Paulsen militärisch knapp. „Ich dachte zuerst, wir würden es mit Höflichkeit und Tarnung schaffen, aber dies ist nicht der Fall. Ich appelliere an Ihre Geschicklichkeit und an Ihre Berufserfahrung in einschlägigen Dingen. Es muß doch eine Kleinigkeit sein, zwei Schnüffler zu überwältigen!“
„Sollen wir sie zusammenschießen?“ fragte ein rundlicher, gemütlich aussehender Kurgast, der wie seine Freunde den obligaten Trainingsanzug trug.
„Auf keinen Fall“, wehrte Paulsen fast entsetzt ab, „nur