Rander zwang sich zur Ruhe. Nur jetzt nicht durchdrehen! Er mußte und wollte sich selbst helfen. Er mußte irgendwie aus diesem teuflischen Schwitzkasten heraus.
Er stemmte sich mit den Schultern gegen die Halsmanschette, stieß sich mit den Beinen ab und versuchte den Kasten anzuheben. Nichts …!
Der Schwitzkasten saß unverrückbar im Kachelboden fest. Er bewegte sich noch nicht einmal um Millimeter. Erschöpft, nach Luft schnappend, sackte Rander wieder zurück und schöpfte neue Kräfte für einen zweiten Versuch.
Er stierte in den Nebel und wunderte sich schon nicht mehr, keine Stimmen zu hören. Man schien ihn hier vollkommen isoliert zu haben. Und er erinnerte sich plötzlich, daß der Schwitzkasten in einem Nebenraum stand, der durch eine Tür vom Haupt- und Massageraum abgetrennt werden konnte.
War diese Tür geschlossen worden?
Im Nebel glaubte Rander golden glitzernde Sterne zu sehen. Er schloß die Augen, in denen bereits der hinabrinnende Schweiß brannte. Er riß sie wieder weit auf, um wenigstens irgendeine Andeutung eines Menschen zu erkennen.
Nichts …!
Ihm wurde schlecht. Sein Atem ging immer schneller. Seine Lungen gierten nach Sauerstoff, der hier immer spärlicher wurde. Schwindelgefühl erfaßte ihn. Er hörte sich rufen, leise, schwach und ohne jede Energie. Er schnaufte, riß sich noch einmal zusammen und wurde dann plötzlich ohne jeden Übergang ohnmächtig.
Er sah nicht mehr die beiden Badeschönheiten in ihren mehr als leichten Kitteln, die nun vor seinem Schwitzkasten auftauchten. Sie vergewisserten sich kurz, daß er tatsächlich ohnmächtig war. Dann lächelten sie sich neutral zu.
„Noch mehr …?“ fragte die erste junge Dame.
„Nicht mehr notwendig“, erwiderte die zweite, „die jetzige Temperatur reicht! Ich gebe ihm höchstens noch fünfzehn Minuten!“
„Soll ich Hallway Bescheid sagen?“
„Der muß gleich mit dem zweiten Schnüffler kommen“, war die Antwort, die mehr als aufschlußreich war. „Gegen Abend sind wir endlich wieder unter Uns. Der Chef wird zufrieden sein, eleganter kann man so etwas doch nicht lösen, oder?“
*
„Das hier sind unsere Einzelsauna-Objekte“, erläuterte Hallway dem Butler und deutete auf die Schwitzkasten, die entlang der Kachelwand standen, „dort hinter der Tür ist die Gemeinschaftssauna und dort ist die Massage-Abteilung …!“
„Die Stimmung scheint ausgezeichnet zu sein“, stellte Josuah Parker wohlwollend fest. Leichte, gefällige Unterhaltungsmusik rieselte aus versteckt angebrachten Lautsprechern auf die schwitzenden Kurgäste herab.
Die Badeassistentinnen huschten aufmerksam umher und bedienten ihre Kunden. Hier trockneten sie Schweiß, dort reichten sie Erfrischungen und nebenbei bedienten sie die Handräder der Dampfzuleitungen. Ein durchaus friedliches Bild.
„Möchten Sie die übrigen Abteilungen noch genauer sehen?“ erkundigte sich Hallway.
„Das erübrigt sich wohl“, meinte Josuah Parker, „wenn es sich allerdings einrichten läßt, würde ich gern Mister Rander sprechen, der sich ja hier in einer dieser Abteilungen befinden soll.“
Hallway wandte sich an eine der Assistentinnen.
„Dort im zweiten Raum“, sagte Hallway anschließend zu Parker, „nun, Mister Parker, hätten Sie nicht Lust, auch ein wenig zu kuren …?“
„Ich weiß nicht, ob mein allgemeiner Kreislauf damit einverstanden wäre“, antwortete Parker höflich und folgte Hallway, der die Tür zum zweiten Saunaraum ansteuerte.
Zwei der langbeinigen Badeschönheiten folgten ihnen, doch Parker schien das fatalerweise nicht zu bemerken. Es handelte sich um jene reizenden Wesen, die Mike Rander in arge Verlegenheit gebracht hatten.
Hallway öffnete die schwere Tür zum zweiten Saunaraum. Dichter und feuchter Nebelschwaden drang schwallartig nach draußen, Parker wich unwillkürlich einen halben Schritt zurück.
„Nach Ihnen!“ sagte Hallway als höflicher Gastgeber.
„Keineswegs, Sir“, protestierte der Butler entschieden. „Nach Ihnen selbstverständlich!“
Anschließend passierte dem Butler ein dummes Mißgeschick. Er glitt auf dem feuchten Kachelboden aus und fiel gegen Hallway, der mit diesem Zusammenstoß keineswegs gerechnet hatte, aus dem Gleichgewicht kam und klatschend auf dem Boden landete.
„Oh, wie peinlich“, entschuldigte sich Parker und beugte sich als hilfsbereiter Mensch sofort zu Mister Hallway hinunter. Er tat es genau im richtigen Augenblick, denn die beiden Assistentinnen hatten gerade zum Handkantenschlag ausgeholt, um den Butler blitzartig von den Beinen zu bringen.
Vom Schwung ihrer gedachten Schläge mitgerissen, fielen sie nun über Parkers Rücken und landeten kopfüber ebenfalls auf dem Kachelboden.
Parker schloß die Tür hinter sich und seinen Gastgebern und half ihnen auf die Beine. Sein Mißgeschick, daß dabei sein ansehnlicher, aber sehr altertümlicher und verschnörkelter Siegelring die Haut seiner Gastgeber oberflächlich schürfte oder ritzte.
Das Resultat war frappierend.
Die beiden Schönheiten und Hallway verloren jedes Interesse am Aufstehen und streckten sich zu einem kurzen, aber intensiven Tiefschlaf aus.
Parker brachte seinen Siegelring wieder in Ordnung. Er schob die Platte mit dem Stein zurück und rückte damit automatisch einen kleinen Stachel in seine Lage. Es war genau der Stachel, der die Haut seiner Gastgeber geritzt hatte.
Anschließend kümmerte Parker sich um die Schwitzkasten. Er wußte eigentlich im vorhinein, daß er hier seinen jungen Herrn finden würde.
Rander merkte nicht, daß sein Butler ihn freilegte. Parker öffnete schnell den Schwitzkasten und kümmerte sich um Mike Rander, dessen Atem bereits bedrohlich flach war.
Erfreulicherweise befand sich in einer Ecke dieses Raumes ein Sauerstoffgerät. Es war wohl für Kurgäste gedacht, denen während der Schwitz- und Heißluftbehandlung flau geworden war. Nach wenigen Minuten war Mike Rander wieder in der Lage, seine Augen zu öffnen.
„Zum Teufel, man wollte mich umbringen“, sagte er wütend und genehmigte sich einen weiteren Schluck aus der Sauerstoffdusche, „ich Kamel hätte damit rechnen müssen!“
„Meine bescheidene Wenigkeit ebenfalls, Sir! Ich bin untröstlich, Sie in solch eine Lage gebracht zu haben. Ich werde die Abreise selbstverständlich sofort in die Wege leiten.“
„Ausgeschlossen!“ Rander stand versuchsweise auf und mußte sich leicht mitgenommen gegen die Kachelwand lehnen, „ausgeschlossen, Parker, jetzt will ich es wissen! Jetzt will ich herausfinden, was mit diesem eigenartigen Recreation Center eigentlich los ist!“
„Ich beuge mich selbstverständlich Ihren Entschlüssen, Sir …
„Stecken wir Hallway in den Schwitzkasten?“ erkundigte sich Rander, in dessen Augen ein fast teuflisches Leuchten zu erkennen war, „ich bin sicher, daß er die beiden Damen angestiftet hat.“
„Darf ich ergebenst empfehlen, Sir, davon Abstand zu nehmen?“
„Warum denn?“
„Solch eine Handlungsweise ließe den Schluß zu, daß Sie und meine bescheidene Wenigkeit das gerochen haben, was man gemeinhin Lunte nennt! Mit anderen Worten, die Gastgeber könnten vielleicht noch mißtrauischer werden, als sie es ohnehin schon sind.“
„Stimmt! In Ordnung, aber aufgeschoben ist noch lange nicht aufgehoben, Parker, irgendwann präsentiere ich Hallway die Gegenrechnung!“
„An dieser Rechnung, Sir, hoffe ich mich beteiligen zu dürfen …“
„Was machen wir jetzt also?“
„Vielleicht könnte man