Der neue Sonnenwinkel Box 6 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740954130
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      »Weißt du es wieder, Werner?«

      Beinahe empört blickte der Professor seine Frau an.

      »Ich bitte dich, Inge, wie könnte ich das jemals in meinem Leben vergessen.«

      Ihr Werner vergaß schnell, denn sonst könnte er sich vermutlich daran erinnern, dass er gerade erst vor ein paar Minuten steif und fest behauptet hatte, sie seien damals miteinander schon verheiratet gewesen.

      Ach, was sollte es. Darauf kam es wirklich nicht an.

      Mit dem Segelboot um Mallorca …

      Das war so unbeschreiblich schön gewesen. Mit dieser Reise waren die herrlichsten Erinnerungen verbunden. Nicht nur wegen des Heiratsantrages, den er ihr gemacht und den sie natürlich freudigen Herzens angenommen hatte. Sie waren jung, unbeschwert und so unglaublich verliebt gewesen. Sie hatten sich sorglos treiben und die Seele baumeln lassen, sie waren hart am Wind gesegelt. Sie hatten Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge genossen, sie hatten sich, von Wind und Sonne umspielt, geliebt, hatten die Welt vergessen. Es gab nur noch sie, liebkost von den Elementen, begleitet vom Gekreische der Möwen. Die Zeit hatte still gestanden …

      Inge wollte jetzt nicht sentimental werden.

      »Ich brauche jetzt unbedingt einen Kaffee«, sagte sie, und den brauchte sie wirklich. »Trinkst du einen mit?«

      »Ja, natürlich, sehr gern sogar. Aber sag mal, Inge, hast du vielleicht noch etwas von diesem köstlichen Käsekuchen? Davon würde ich jetzt sehr gern ein Stückchen essen.«

      »Den kannst du haben«, versprach Inge.

      Während sie hinunter in die große, gemütliche Wohnküche gingen, den Raum, der der ­Lebensmittelpunkt der Auerbachs war, blieb Inge still, während Werner unaufhörlich redete.

      Inge hörte ihrem Mann kaum zu. Sie musste sich erst einmal sortieren, das mit den Rückerts verdauen. Es war unglaublich, was Werner ihr da erzählt hatte. Doch viel mehr noch tauchte sie in die Vergangenheit ein. Es waren so unglaubliche Erinnerungen voller Liebe und Zärtlichkeit, voller Unbeschwertheit und Lebensfreude.

      Wie schön es gewesen war …

      So etwas sollte man sich immer wieder mal aus der Kiste der Erinnerungen holen.

      Werner war die Liebe ihres Lebens. Sie waren trotz aller Unterschiedlichkeit seelenverwandt. Ohne ihren Werner war Inge nicht vollständig.

      Dieses Déjà vù beflügelte ihre Fantasie.

      Inge hakte sich bei ihm ein, blickte ihn an. Überwältigt von ihren Gefühlen sagte sie: »Werner, ich liebe dich.«

      Er blieb stehen.

      Was war denn mit seiner Inge los?

      Das hatte sie ihm ja schon seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr gesagt. Doch es war schön.

      Er umarmte sie, dann sagte er ganz gerührt: »Und dafür bin ich dir unendlich dankbar, mein Herz. Du weißt schon, dass ich dich ebenfalls über alles liebe, oder? Du bist das Beste, was mir in meinem Leben passieren konnte. Ohne dich wäre ich nicht das geworden, was ich bin. Du großartige Frau hast mir immer den Rücken freigehalten, du hast niemals gemurrt, hast unsere Kinder zu großartigen Menschen erzogen. Du bist einzigartig, und ich bin froh, dass es dich gibt, dass du mich wolltest, dass du mich noch immer erträgst, obwohl ich manchmal unleidlich bin. Es ist so schade, dass es keinen Preis gibt für die allerbeste Ehefrau, die allerbeste Mutter von der ganzen Welt. Ich sage dir, du würdest ihn sofort bekommen.«

      Dann küsste er sie, und es fühlte sich beinahe so an, wie damals in dem unbeschwerten Sommer auf dem Segelboot vor Mallorca …

      *

      Sophia von Bergen trank gerade ihren Tee, als ihre Tochter Angela ins Zimmer kam.

      »Du bist schon da, mein Kind?«, erkundigte Sophia sich. »Hast du heute früher Schluss gemacht?«

      Angela holte sich eine Tasse, schenkte sich ebenfalls einen Tee ein, trank etwas, dann sagte sie: »Es ist vorbei, Mama. Heute war mein letzter Arbeitstag.«

      Es war damit zu rechnen gewesen, seit bekannt war, dass Mathias von Hilgenberg, dank einer für ihn glücklichen Fügung, der neue Schlossherr von Schloss Hilgenberg werden würde.

      Aber wenn der Tag erst einmal da war, riss er einem den Boden unter den Füßen weg. Angela war so glücklich gewesen, einen Job oben im Anwesen bekommen zu haben, und es hatte ganz den Anschein gehabt, als sei er für viele Jahre gesichert.

      Ja, ja, es kam immer anders als man dachte.

      Sophia wusste nicht, was sie jetzt sagen sollte, denn sofort meldete sich bei ihr ihr schlechtes Gewissen. Wäre sie nicht krank geworden, wären sie nicht hier, dann hätte Angela ihr altes Leben, vor allem keine finanziellen Probleme.

      Angela blickte ihre Mutter an.

      »Mama, mach jetzt bitte nicht ein solches Gesicht. Es ist nichts passiert. Ich habe nur meinen Job verloren. Das passiert täglich einer Vielzahl von Menschen. Im Gegensatz zu denen darf ich mich nicht beklagen. Mathias hat mich, ohne dass er dazu verpflichtet gewesen wäre, sehr großzügig abgefunden. Das Geld reicht erst einmal für eine Weile.«

      »Es hat dir Spaß gemacht, mein Kind.«

      Angela ergriff die feine, schmale, aristokratische Hand ihrer Mutter.

      »Mama, erinnere dich bitte, was dir in deinem Leben schon alles Spaß gemacht hat, es wurde dir genommen, und niemand hat Rücksicht genommen. Das Leben geht weiter, ich bin gesund, und ich danke dem Himmel jeden Tag erneut, dass er dir deine Gesundheit weitgehend wieder geschenkt hat. Erinnere dich bitte, um dein Leben hat niemand auch nur einen Pfifferling gegeben. Gesundheit ist das höchste Gut auf Erden, und solange man gesund ist, kann einem nichts passieren. Und sagst du nicht immer, dass man nach vorne blicken soll?«

      Sophia von Bergen konnte ihrer Tochter keine Antwort geben, denn draußen war jemand drauf und dran, die Türklingel abzureißen.

      Angela sprang auf, rannte zur Haustür, und dort wurde sie sofort umarmt.

      »Wir sind wieder da, und unser erster Weg führt uns zu dir und zu Sophia.«

      Es waren Maren und Tim Bredenbrock, die an ihr vorbeistürmten, Sophia um den Hals fielen, die zu strahlen begann. Die Kinder hatten ihr gefehlt.

      »Was ein Glück, dass wir Schokolade im Haus haben, die mögt ihr doch noch, nicht wahr? Setzt euch, erzählt, wie war es in Ägypten.«

      Angela war froh, dass das Jobthema jetzt erst einmal vom Tisch war. Sie lief in die Küche, weil sie unbedingt Kakao kochen wollte, Tim folgte ihr, weil er die versprochene Schokolade holen wollte, aber auch, um Angela ein wenig für sich allein zu haben. Er hing sehr an ihr, und sie wäre noch immer seine erste Wahl, wenn sie bloß ein wenig jünger wäre. Er würde Angela wollen, auch wenn Nicki ganz nett war.

      Sie umarmte den Jungen, strich ihm über das strubbelige Haar, dann wollte sie wissen: »Und was hat dir am besten gefallen, Tim?«

      Er überlegte.

      »Eigentlich war alles schön, aber besonders cool war, als wir auf Kamelen durch die Wüste reiten durften, von einer Tempelanlage zur nächsten. Maren hatte ganz schön Schiss, ich glaube, die war froh, als sie von dem Kamel wieder unbeschadet heruntersteigen konnte.«

      Unbemerkt war Maren in die Küche gekommen. »Angela, glaub kein Wort. Es war anders herum. Tim hat sich wie ein Irrer festgehalten, ich glaube, er hatte die Hosen voll.«

      Tim wirbelte herum.

      »Du spinnst, das ist überhaupt nicht wahr.«

      Schon wollte er auf seine Schwester losgehen, als Angela dazwischentrat. »Ihr habt es beide überlebt, als ich damals in Ägypten war, da hätte man mich nicht für Gold und gute Worte auf ein Kamel bekommen. Die sind ganz schön hoch.«

      Tim grinste. »Das sind sie, aber glaub mir, ich hatte wirklich überhaupt keine Angst.«

      »Kann