Der neue Sonnenwinkel Box 6 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740954130
Скачать книгу
als eine Liebeserklärung, mehr als die Worte – ich liebe dich.

      Sie hatte Tränen in den Augen, als sie leise erwiderte: »Das möchte ich doch auch.«

      Dann musste er seine Hand wegnehmen, denn er musste die Fahrbahn wechseln, und das erforderte seine volle ­Konzentration.

      *

      Pamela befand sich mit ihrer Klasse für ein paar Tage im Schullandheim, und Inge beschloss, ihrer Tochter eine Freude zu machen. Pamela wünschte sich unbedingt ein rotes Kleid, und leider hatten sie bislang nirgendwo eines gefunden, das ihren Wünschen entsprach. Aber es gab ein Foto, und deswegen war es für Inge einfach, roten Stoff zu kaufen, und Pamela das Kleid ihrer Träume zu nähen.

      Inge war nicht nur eine sehr gute Hausfrau, eine ebenso gute Bäckerin, nein, sie konnte ganz hervorragend nähen und hatte schon manches wunderschöne Kleidungsstück gezaubert.

      Sie war sich sicher, dass Pamela sich freuen würde, und das motivierte sie noch mehr.

      Sie saß an ihrer Nähmaschine, als Werner ins Zimmer kam.

      Sie hielt inne, blickte erstaunt auf.

      »Ich nähe gerade«, sagte sie, »doch wenn du einen Kaffee haben möchtest, dann unterbreche ich meine Arbeit.«

      Werner winkte ab.

      »Einen Kaffee möchte ich nicht, aber ich will mit dir reden, Inge.«

      Oje!

      Werner hatte offensichtlich noch immer nicht verwunden, dass Hannes ihn nicht in seine Pläne eingeweiht hatte, das nagte an seinem Ego. Der bewunderte Professor Auerbach wurde von seinem jüngsten Sohn ignoriert. Sie hatten mehr als nur einmal darüber diskutiert. Konnte Werner nicht aufhören damit? Deswegen störte er sie bei ihrer Arbeit? Das Kleid musste fertig sein, wenn Pamela wieder nach Hause kam, das war viel wichtiger als Werners Befindlichkeiten.

      »Werner, wenn du jetzt wieder von Hannes anfangen willst, dann lass es bleiben.«

      »Wollte ich eigentlich nicht«, sagte Werner ganz irritiert, »doch wenn du es schon mal in den Raum wirfst, dann kann ich nur sagen: Ich finde es unmöglich, dass Hannes mich übergangen hat, ja, ich gebe zu, dass es mich noch immer kränkt.«

      »Werner, du hast Probleme damit, wenn du nicht im Mittelpunkt stehst. Hannes ist nicht einer deiner Studenten, die du früher, als du noch an der Uni lehrtest, durchs Examen peitschen musstest, wolltest, was auch immer. Hannes ist dein Sohn, ein selbstbewusster, aber auch ein sensibler junger Mann, dem gerade sein Leben um die Ohren fliegt. Da braucht er Zuwendung, keine Ratschläge.«

      »Willst du damit sagen, dass ich meine Kinder nicht liebe?«, begehrte der Professor auf.

      Inge verdrehte die Augen.

      »Nein, Werner, will ich nicht. Aber du weißt so gut wie ich, dass du dich gern in deren Leben einmischst, dass du gern Vorgaben machst und dass du enttäuscht bist, wenn diese nicht befolgt werden. Das war bei Ricky so, bei Jörg, Pamela ist noch zu jung. Aber mit Hannes hast du es besonders, weil er sich dem, was du für ihn geplant hast, am liebsten sofort wieder planen würdest, widersetzt.«

      »Ich kam doch überhaupt nicht dazu, hätte er mir bloß etwas gesagt, dann hätte ich ihm diese Flausen mit dem Jakobsweg ausgetrieben.«

      »Wie du versucht hast, ihm Australien zu vermiesen, das mit Sundance I und II.«

      »Aber zu der Weltreise nach dem Abitur habe ich Hannes ermuntert«, rief Werner.

      Inge nickte.

      »Ja, Werner, das stimmt, doch das hast du nicht für Hannes getan, sondern weil du durch ihn deinen alten Traum leben wolltest. Er sollte die Weltreise machen, die du nicht machen konntest, nicht machen durftest.«

      Er wurde ein wenig verlegen, weil das tatsächlich stimmte.

      »Hätte ich geahnt, was sich daraus entwickelt, hätte ich niemals zugestimmt und Hannes auch nicht unterstützt.«

      »Werner, du hast es getan, es­ ist vorbei, wir müssen darüber nicht mehr reden. Wenn sonst nichts ist, dann lass mich bitte an dem Kleid für Pamela weiternähen, damit es fertig ist, wenn sie nach Hause kommt.«

      »Es ist ja schön, dass du für sie nähst, aber sag mal, Inge, muss es ausgerechnet ein rotes Kleid sein?«

      Werner mischte sich wirklich in alles ein, sie hielt es jedoch für besser, ihm das nicht vorzuwerfen.

      »Es muss ein rotes Kleid sein, Werner, weil sich unsere Tochter ein rotes Kleid wünscht.«

      Sie wollte sich wieder ihrer Arbeit zuwenden, als er sagte: »Wir sollten vielleicht auch mal etwas Verrücktes tun wie Rosmarie und Heinz, das würde unsere Ehe ganz bestimmt ein wenig beleben.«

      Was hatte er da gesagt?

      Rosmarie und Heinz?

      Inge begann prustend zu lachen.

      »Werner, sollte das jetzt ein Witz sein? Die beiden ersticken doch in Langeweile. Nein, danke, mit Rosmarie und Heinz möchte ich nicht tauschen, und ich möchte auch nichts davon erleben, was deren Leben prägt. Heinz verbringt sein Leben in seinem Notariat, und Rosmarie kann ihrem Mann nicht nahebringen, dass sie sich verändert hat und ihr altes Leben nicht mehr führen möchte.«

      Werner setzte sich wieder.

      Inge wollte sich endgültig ihrer Näharbeit zuwenden. Sie hatte unnötige Zeit verloren.

      »Inge, warte. Ricky hat vorhin angerufen, sie konnte dich nicht erreichen, ich habe das Telefon zufällig gehört und abgenommen …«, er machte eine kurze, bedeutsame Pause, »gut, dass du sitzt. Ricky hat mir nämlich erzählt, dass ihre Schwiegereltern mit einem Jeep und Wohnwagen zu einer Reise ins Unbekannte aufgebrochen sind.«

      Werner musste sich verhört haben.

      »Werner, ich habe vorgestern mit Rosmarie telefoniert, sie hat sich darüber beklagt, dass sich bei Heinz nichts ändert, dass sie zu Cecile fahren will, um Klarheit über ihr Leben zu bekommen. Und so, wie sie es gesagt hat, hörte es sich überhaupt nicht gut an, für Heinz, meine ich.«

      »Es hat sich alles geändert, das Gewitter hat wohl dazu beigetragen, hat sie aufgerüttelt. Auf jeden Fall haben sie gemeinsam beschlossen zu verreisen, und Heinz hat eines draufgesetzt und den Jeep und den Wohnwagen gemietet. Sie sind weg. Und niemand weiß, wohin sie gefahren sind und wie lange sie bleiben werden.«

      Inge schob ihre Näharbeit beiseite, jetzt hatte sie nicht die Nerven, sich darauf zu konzentrieren, sie würde ja keine gerade Naht zustande bringen.

      Rosmarie und Heinz waren mit einem Jeep und einem Wohnwagen unterwegs!

      Es war für Inge einfach unvorstellbar. Gut. Rosmarie war nicht mehr das Luxusweibchen, das sie mal gewesen war. Aber Inge konnte sich die Gute in einem Wohnwagen einfach nicht vorstellen, und Heinz in einem Jeep mit einem Wohnwagen im Schlepp, diese Vorstellung überstieg ihre Fantasie.

      »Sie sind wirklich unterwegs«, beteuerte Werner.

      Inge wandte sich ihrem Mann zu.

      »Würdest du mit mir ebenfalls zu einer solchen Reise aufbrechen, Werner?«

      Er zögerte.

      »Na ja, Jeep und Wohnwagen, ich glaube, das wäre nicht unbedingt mein Ding, aber zu einem Segeltörn würde ich mit dir aufbrechen.«

      Das würde Werner niemals tun, deswegen versuchte Inge, es ein wenig ins Lächerliche zu ziehen. »Natürlich rund um die Welt.«

      Er ging auf ihren Ton nicht ein, sondern blieb ernst.

      »Nö, das nicht, aber rund um Mallorca würde ich mit dir segeln. Weißt du noch, wir waren gerade erst kurz verheiratet, da haben wir das gemacht. Und es war wunderschön.«

      Inge nickte.

      »Ja, Werner, das war es in der Tat, doch ich muss dich korrigieren, wir waren noch nicht verheiratet. Im Yachthafen von Portals Nous, zwischen all den beeindruckenden