2.4Strukturdiskussion 1976–1978
Auch während der beschriebenen Ausbauphase der 70er Jahre wurde die Frage erörtert, ob für die individuelle Ausbildungsförderung bereits eine auf Dauer finanzierbare und ihrem sozialen Auftrag am effektivsten entsprechende Form gefunden sei. So überprüfte in den Jahren 1976 bis 1978 eine von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung eingesetzte Arbeitsgruppe, in der Wissenschaftler und Praktiker zusammenwirkten, die Grundstruktur des Förderungsrechts des Bundes sowie seine Verknüpfung mit anderen Sozialleistungen und dem Steuerrecht. Sie schlug in ihrem Abschlussbericht im Mai 1977 vor:
– grundsätzlich (auch im Hochschulbereich) an dem System einer sozial modifizierten Staatsfinanzierung, also dem geltenden Recht, festzuhalten,
– dieses System durch die Zusammenfassung von steuerlichen Ausbildungsfreibeträgen und Kindergeld zu einem familienunabhängigen Sockelzuschuss, auf die die individuelle Ausbildungsförderung aufbaut, zu ergänzen.
Die Bundesregierung ist der Arbeitsgruppe insoweit gefolgt, als sie sich bei der Vorlage des Regierungsentwurfs des 6. BAföGÄndG11 dafür aussprach, an dem System der subsidiären Finanzierung der individuellen Aufwendungen während der Ausbildungszeit festzuhalten: Es sei besonders geeignet, den sozialen Ausgleich gegenüber den jungen Bürgern in einer endgültigen Form zu vollziehen und ihnen den Zugang zu einer qualifizierenden Ausbildung chancengleich zu eröffnen. „Zugleich bleibt die verwaltungsaufwendige Verteilung zuvor durch die Besteuerung erhobener Mittel auf die Fälle des notwendigen sozialen Ausgleichs beschränkt. Die Inanspruchnahme der Leistungsempfänger entsprechend ihrer späteren wirtschaftlichen Leistungskraft erfolgt im Rahmen des sozial strukturierten Besteuerungssystems“12.
Dagegen hat die Bundesregierung den Vorschlag, die unterschiedlichen staatlichen Entlastungsmaßnahmen in einem einkommensunabhängigen sog. Sockelzuschuss zusammenzufassen, nach eingehender Diskussion mit den Ländern, die sich fast ausnahmslos dagegen aussprachen, nicht übernommen: Die vorgeschlagene Vereinheitlichung der ausbildungsbezogenen Maßnahmen würde zwar generell eine stärkere Entlastung von Familien mit geringer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, einen unmittelbaren Zufluss der ausbildungsbezogenen Leistungen an den Auszubildenden und eine stärkere Transparenz der staatlichen Entlastungsleistungen bewirken. Die gewachsenen, differenzierten Entlastungsleistungen ermöglichten es dagegen aber besser, den bürgerlich-rechtlich begründeten Unterhaltsverpflichtungen, der unterschiedlichen Struktur der einzelnen Familien sowie dem verfassungsrechtlichen Gebot der gleichmäßigen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen13.
2.5Leistungsbegrenzung und -rückführung 1981/82
Ein abruptes Ende fand die Ausbauphase im Herbst 1980. Der Grund war das politische Bewusstwerden der finanzwirtschaftlichen Gesamtsituation von Bund und Ländern14. Der konkrete Anlass für den scharfen Eingriff in das BAföG war der sprunghafte, unerwartete Ausgabenaufwuchs bei der Ausbildungsförderung im Jahr 1980, in dem rd. 20 v. H. mehr Mittel ausgegeben wurden als 1979, wofür über den ursprünglichen Haushaltsansatz des Bundes von 2070 Mio. DM hinaus insgesamt 312,7 Mio DM erforderlich waren.
(a) Die Bundesregierung sah sich nach sorgfältiger Abwägung aller Aufgaben, insbesondere auch der Ausgaben für Empfänger anderer Sozialleistungen, nicht in der Lage, eine Erhöhung der Haushaltsmittel für die Ausbildungsförderung über 2,4 Mrd DM hinaus vorzuschlagen. Die begrenzten Ansätze im Haushalt 1981 und im Finanzplan bis 1984 konnten nur eingehalten und die nach dem Anstieg der Lebenshaltungskosten unerlässliche Erhöhung der Leistungsparameter – sogar in einem sehr beschränkten Umfang – nur vorgenommen werden, wenn finanzwirksame Eingriffe in die Regelungen des BAföG erfolgten. Dies ist im 7. BAföGÄndG im Wesentlichen wie folgt geschehen15:
– Unter dem Leitgedanken, nur eine planvoll angelegte und zielstrebig durchgeführte Ausbildung bis zu einem berufsqualifizierenden wissenschaftlichen Abschluss zu fördern, wurde die Förderung weiterer Ausbildungen auf Ausnahmefälle beschränkt.
– Der materielle Einkommensbegriff wurde mit dem Ziel verändert, Einnahmen in erweitertem Maße als anrechenbares