Ja, da wurde mir wieder bewusst, dass ich ja eigentlich diese Reise gar nicht verdient und allen Grund hatte, ihm jeden Gefallen der Welt zu erweisen, und ich wusste ja auch, wie sehr sich Karl für Archäologie interessierte. So entschuldigte ich mich und schaute ihn mit einem eher naiven Augenaufschlag an und meinte: »Ja, mein Schatz, so, wie du es geplant hast, machen wir das auch.«
Wir gingen früh zu Bett, und nachdem wir am nächsten Morgen ausgiebig gefrühstückt hatten, brachte der Hotelboy auch schon den Mietwagen, und wir vergewisserten uns bei der Übergabe, dass er zum einen vollgetankt war, aber auch die Sicherheitsausstattung für Wüstentouren wie ausreichend Wasser, Notfallraketen und Überlebensrationen an Bord waren. Karl setzte sich auf die Fahrerseite und steuerte den Wagen sicher aus der Stadt, und nachdem die Bebauung weniger wurde, erreichten wir fast übergangslos die Wüste. Schnurgerade über viele Kilometer führte die jetzt weniger befahrene Straße in Richtung Südwesten immer tiefer in die Wüste, und wir erreichten eine Stunde später einen kleinen Rastplatz, auf dem kein weiteres Fahrzeug zu sehen war.
Karl stellte den Motor ab und bat mich auszusteigen, um mir die Beine zu vertreten.
»So, meine liebe Sabine, hier sind für dich die Reise und der Urlaub zu Ende«, sagte Karl mit deutlich verändertem Tonfall. »In wenigen Minuten treffen wir einen Mann, und ich möchte dir hierzu noch einiges erklären. Der Mann, den wir treffen, heißt Yussuf und ist ein Händler, mit dem ich ein Geschäft machen werde.«
Bei den Worten und dem Tonfall, mit denen mir mein Mann erklärte, dass hier die Reise zu Ende wäre, war ich zutiefst erschrocken.
»Sabine, hör gut zu, ich wiederhole nichts und erkläre alles auch nur einmal. Nachdem ich dich mit Jorge erwischt hatte, habe ich im ersten Moment daran gedacht, dich und den Kerl umzubringen, aber dann habe ich mir überlegt, dass das alles noch zu wenig Strafe für dich wäre, denn du hast mich durch deine Rumhurerei so verletzt, dass ich dir das niemals verzeihen kann, und so habe ich gemeinsam mit einer Kollegin das Ganze besprochen, und wir haben den Plan gefasst, dich viel härter zu bestrafen als mit dem Tod. Yussuf, der Mann, der gleich hier auftaucht, ist Teil unseres Planes, und wir haben beschlossen, dich ihm für 200 Dollar zu verkaufen, mit der Maßgabe, dass du für immer verschwindest und niemals zurückkehren wirst. Was dieser Yussuf mit dir macht, ist mir vollkommen egal, wichtig war mir nur, dass ich mit meiner Kollegin, mit der ich seit Jahren ein Verhältnis habe, guten Gewissens deinen Tod inszenieren kann, um an die zehn Millionen deines Erbes zu kommen. Du brauchst das Geld als Sklavin eh nicht mehr, denn dazu wird Yussuf dich machen, und als letzten Rat kann ich dir nur den geben: Wehre dich nicht und widersetze dich niemals, ansonsten wird es sehr schmerzhaft und hart für dich werden. Yussuf ist ein sehr traditioneller Mann, und Frauen sind für ihn weniger wert als Kamele oder Pferde. Ich rate dir einfach, dich in dein Schicksal zu fügen, wenn du nicht unnötig leiden möchtest.«
»Bitte, Karl, das kannst du mir doch nicht antun, wir haben uns doch mal geliebt und sind verheiratet«, flehte ich ihn an, aber er blieb hart und unnachgiebig und erwiderte nur: »Ich habe immer nur dein Geld, deinen Reichtum geliebt, und in deiner Blödheit hast du gar nicht mitbekommen, dass ich mit Gundula, unserer Pathologin, seit Jahren ein Verhältnis habe, schließlich ist auch sie Medizinerin und keine so blöde Gans wie du.«
In diesem Moment näherte sich ein Mann auf einem Kamel dem Rastplatz und war kurze Zeit später bei uns.
»Salam aleikum«, grüßte der Kerl auf dem Kamel meinen Mann und stieg mit einem leichten Schwung behände von seinem Kamel ab. »Ist das die Sklavin?«, fragte er Karl, mich mit einem nichtssagenden Blick nur kurz streifend. Karl nickte nur, und der Fremde gab meinem Mann zwei Geldscheine. Ohne sich von mir zu verabschieden, stieg Karl in den Geländewagen und fuhr in die Richtung, aus der wir vor Kurzem gekommen waren. Ich war nun allein mit diesem furchteinflößenden unbekannten Mann, und dieser drehte sich zu seinem Kamel um und hatte ein Bündel in seinen Händen, das er mir vor die Füße warf.
»Ausziehen, alles, und das da anziehen, und zwar sofort!«, sagte der Mann mit einer nicht mal unfreundlich klingenden Stimme. Anscheinend habe ich ihm nicht schnell genug reagiert, denn er schlug mich mit dem Handrücken auf die Wange, und es brannte sofort wie Feuer. Natürlich hatte ich auf eine zweite Ermahnung wenig Lust und begann, mich voller Scham vor dem fremden Mann auszuziehen. Als ich vollkommen nackt war, warf dieser Yussuf mir ein Lederhöschen hin, und ohne weitere Worte wusste ich, dass ich dieses besser anziehen sollte. Das Höschen war aus weichem Nappaleder und hatte am Bund und an den Oberschenkelseiten jeweils so etwas wie Gürtel. Kaum dass ich das Höschen anhatte, schloss Yussuf die drei Gürtelschnallen und sicherte sie mit kleinen Schlössern, die er einrasten ließ. Zudem hatte das Höschen im Schritt einen komplett durchgehenden Reißverschluss, dank dem ich pinkeln konnte, wenn ich musste.
Der Mann sagte wie zur Erklärung: »Das ist ein Keuschheitshöschen, denn wenn wir bald zu Karawane stoßen, sind da auch Sklavenböcke, und ich möchte meine Sklavenware unbeschadet auf dem Markt anbieten.« Das Bündel Kleider vor meinen Füßen stellte sich als riesiger Ganzkörperumhang heraus, der einer Burka sehr ähnelte, nur eben bodenlang war. Meine Hände musste ich durch die vorgesehenen Schlitze stecken, und kaum hatte ich das getan, wurden meine Hände mit einer Handfessel vorn gefesselt, die mit einer 20 Zentimeter kurzen Kette meine Freiheit sehr begrenzte. Um meinen Hals legte dieser Mann dann noch eine Lederschlinge und befestigte den Lederriemen am Sattelknauf des Kamels. Etwas verächtlich warf Yussuf mir ein Paar Riemensandalen vor die Füße, und da ich seine Handschrift noch auf der Wange spürte, beeilte ich mich, die Sandalen anzuziehen.
Mit einem Schnalzen seiner Zunge gab er dem Kamel das Kommando, vorn in die Knie zu gehen, und dann stieg dieser mir unheimliche Mann auf, und mit einem »Hat … hat …« setzte sich das Kamel in Bewegung. Ich musste notgedrungen hinterherlaufen. Ohne sich umzudrehen, rief Yussuf von oben herab: »Sklavin, du musst Schritt halten, denn sonst wird die Schlinge um deinen Hals dich würgen, also nicht fallen oder trödeln, schließlich habe ich Geld für dich bezahlt.«
Über eine leichte Anhöhe verließen wir den Rastplatz an der Straße, und es ging ab sofort in die Wüste hinein – in eine für mich ungewisse Zukunft. Voller Wehmut und steigender Angst blickte ich auf der Anhöhe auf das glitzernde Band der Straße zurück, die mich in mein sicheres Zuhause hätte führen können.
Fast zeitgleich in Sharm el Sheikh
Gundula wartete bereits seit einigen Minuten in der Lobby des Hotels, und sie hatte sich Kleider und einen großen Sonnenhut von Sabine angezogen. Statur und Größe waren sehr ähnlich, und so hielten das Hotelpersonal und wohl auch die anwesenden Gäste Gundula für Ms. Sabine Hansen aus der Nähe von Hamburg. Mit Karl hatte sie dieses Täuschungsmanöver vereinbart, und heute sollte der alles entscheidende Tag sein, der Tag, an dem Sabine offiziell ein Unglück geschehen sollte und die Millionen, die sie besaß, endlich ihr und Karl gehören würden. Das verdammte Versteckspiel hatte damit ein Ende. Seit dem Studium waren sie und Karl bereits ein Paar, aber damals eben mittellose Studenten ohne Perspektive. Aus Gründen der Vernunft hatte Gundula mit ansehen müssen, wie ihre große Liebe Sabine heiratete. Nicht erst seit Sabine Karl mit dem Tennistrainer betrogen hatte, reifte der Plan, den sie heute endlich umsetzten, aber ja, Karl hatte lange große Skrupel gehabt, die er erst hatte beiseiteschieben können, als Sabine ihn so schamlos betrogen hatte.
Mit diesen Gedanken beschäftigt sah Gundula gar nicht, wie Karl